14,99
€
inkl. MwSt
- Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
- Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Ersterscheinung: 12.03.2015
- ISBN: 9783825505028
Der Silbermann
Kurze Geschichten
„Der Silbermann“ – er steht starr und steif in der Fußgängerzone, bewegt sich nur, wenn ihm eine Spende gegeben wird. Er ist Denk-Mal dafür, dass es Menschen gibt, die nur durch Geld zu bewegen sind. Dieser Silbermann vermittelt eine Botschaft der besonderen Art ... „Der Silbermann“ – eine von 61 kurzen Geschichten, die tiefgründig, zugleich heiter und makaber, vor allem aber geheimnisvoll und voller Überraschungen sind. Der Zauber der Sammlung zeigt sich auch in Phantasie und Sprache.
Leseprobe:
"Innere Unruhe"
Wieland lehnt sich in das Polster zurück. Er ist der einzige Reisende, der sich in dem Zugabteil befindet. Vor einer Stunde die letzten Küsse seiner Frau ... Lisa war der Abschied heute besonders schwer gefallen.
Lisas schöne Schulter ... Merkwürdig: sie sitzt jetzt daheim und ich entferne mich mit jeder Sekunde weiter von ihr. Vielleicht spült sie jetzt die Tassen und Teller, die wir bei der gemeinsamen Kaffeestunde benutzten.
Wieland befällt Unruhe. Spült Lisa jetzt wirklich Geschirr? Wenn sie in dieser Sekunde in Gefahr ist und mich braucht? Sie braucht mich! Irgend etwas ist nicht in Ordnung. Ist sie krank? Ist ihr etwas zugestoßen? Ein Einbruch? Ein Unfall? Ich habe einmal einen Vortrag über Gedankenübertragung gehört. Wissenschaftler haben festgestellt, daß es so etwas gibt. Ich muß zurück. Unsinn. Aber es muß ein Unglück gegeben haben, sonst könnte ich nicht derart unruhig sein. Ich bin ja wie in Schweiß gebadet. Und zittere. Lisa war oft allein. Nie ist etwas Ungewöhnliches geschehen. Sie ist total gesund. Und absolut besonnen.
Nein, ich werde in der nächsten Station aussteigen und zurückfahren.
Er holt den Koffer aus dem Netz, zieht den Mantel an und schaut hinaus. Ich wette, wenn ich diese Strecke noch einmal fahre, wird der Zug proppenvoll sein. Aber ich will dann gern die ganze Fahrt über stehen, wenn nur nichts mit Lisa passiert ist. Was soll schon passiert sein? Bin ich ein Hellseher? Quatsch. Ich fahre weiter. Und wenn Lisa Hilfe braucht, meine Hilfe? Ich muß zurück!
Minutenlang steht er regungslos da, während der Zug ihn dem Ziel näherbringt, das er bislang hatte. Da es ihn aber nach Hause zurücktreibt, entfernt er sich in gleichem Maße von einem Ziel, wie er dem anderen entgegen fährt. Magische Wechselbeziehungen von zwei Zielen. Er hat keine andere Wahl. Der Zug hält und er steigt aus. Später steht er vor seiner Wohnungstür und klingelt. Lisa öffnet und schreit entsetzt auf.
Wieland erfährt, daß seine innere Unruhe umsonst gewesen ist. Umsonst? Nein, sie hat ihm das Leben gerettet ... Kurze Zeit nach seinem Ausstieg verunglückte der Zug.
Leseprobe:
"Innere Unruhe"
Wieland lehnt sich in das Polster zurück. Er ist der einzige Reisende, der sich in dem Zugabteil befindet. Vor einer Stunde die letzten Küsse seiner Frau ... Lisa war der Abschied heute besonders schwer gefallen.
Lisas schöne Schulter ... Merkwürdig: sie sitzt jetzt daheim und ich entferne mich mit jeder Sekunde weiter von ihr. Vielleicht spült sie jetzt die Tassen und Teller, die wir bei der gemeinsamen Kaffeestunde benutzten.
Wieland befällt Unruhe. Spült Lisa jetzt wirklich Geschirr? Wenn sie in dieser Sekunde in Gefahr ist und mich braucht? Sie braucht mich! Irgend etwas ist nicht in Ordnung. Ist sie krank? Ist ihr etwas zugestoßen? Ein Einbruch? Ein Unfall? Ich habe einmal einen Vortrag über Gedankenübertragung gehört. Wissenschaftler haben festgestellt, daß es so etwas gibt. Ich muß zurück. Unsinn. Aber es muß ein Unglück gegeben haben, sonst könnte ich nicht derart unruhig sein. Ich bin ja wie in Schweiß gebadet. Und zittere. Lisa war oft allein. Nie ist etwas Ungewöhnliches geschehen. Sie ist total gesund. Und absolut besonnen.
Nein, ich werde in der nächsten Station aussteigen und zurückfahren.
Er holt den Koffer aus dem Netz, zieht den Mantel an und schaut hinaus. Ich wette, wenn ich diese Strecke noch einmal fahre, wird der Zug proppenvoll sein. Aber ich will dann gern die ganze Fahrt über stehen, wenn nur nichts mit Lisa passiert ist. Was soll schon passiert sein? Bin ich ein Hellseher? Quatsch. Ich fahre weiter. Und wenn Lisa Hilfe braucht, meine Hilfe? Ich muß zurück!
Minutenlang steht er regungslos da, während der Zug ihn dem Ziel näherbringt, das er bislang hatte. Da es ihn aber nach Hause zurücktreibt, entfernt er sich in gleichem Maße von einem Ziel, wie er dem anderen entgegen fährt. Magische Wechselbeziehungen von zwei Zielen. Er hat keine andere Wahl. Der Zug hält und er steigt aus. Später steht er vor seiner Wohnungstür und klingelt. Lisa öffnet und schreit entsetzt auf.
Wieland erfährt, daß seine innere Unruhe umsonst gewesen ist. Umsonst? Nein, sie hat ihm das Leben gerettet ... Kurze Zeit nach seinem Ausstieg verunglückte der Zug.
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