„wer zehntausend Stunden einem seltenen Vogel nachjagt, kann aber vor einem leeren Ast enden“
„Wer zehntausend Stunden Japanisch lernt, spricht anschließend fließend die Sprache, wer zehntausend Stunden Klavier übt, spielt anschließend Schuberts Requiem, dass den Zuhörern die Tränen kommen, wer ...
„Wer zehntausend Stunden Japanisch lernt, spricht anschließend fließend die Sprache, wer zehntausend Stunden Klavier übt, spielt anschließend Schuberts Requiem, dass den Zuhörern die Tränen kommen, wer zehntausend Stunden einem seltenen Vogel nachjagt, kann aber vor einem leeren Ast enden. Hat aber etwas. Dass du trotz aller Anstrengung erfolglos bleibst und dir dennoch keiner einen Vorwurf machen kann. Ein Scheitern ohne versagt zu haben.“ S. 153
„Wüste Welt“ von Wolfgang Popp enthält mehrere solcher sprachlichen Perlen auf nur 160 Seiten. Der Leser begleitet einen namenlosen Musiker auf der Suche nach seinem nur gut eineinhalb Jahre jüngeren Bruder, zu dem er lange den Kontakt mied. „Alle Blicke auf ihm, und mein Leben läuft in seinem Schatten ab.“ S. 84 Die Suche gestaltet sich als Schnitzeljagd, bei der das immer nächste Ziel durch den Vorausgegangenen vorgegeben wird oder sich aus dem Ablauf der Reise ergibt: eine SMS mit der Flugnummer, das Buch von Agatha Christie, das im Auto liegen gelassen wurde mit dem Hotel (passenderweise „Der Schritt ins Leere“ von der Queen of Crime), die Brille, zufällig erspäht beim Blick zur Seite, ja, sogar die Begegnungen, wenn der Ältere von der Strecke abweicht.
Zufälle? Die Zufälle häufen sich – wären das nur einzelne, würde ich die Handlung als unglaubwürdig beschimpfen. In dieser Masse, mit dem unbekannten Ziel und Sinn wirkt das charmant, geheimnisvoll, macht neugierig, lädt ein. Die Brüder wirken miteinander verwoben, wie sonst nur in Erzählungen über eineiige Zwillinge durchgehalten. Wer läuft da bis nachts um 4 Uhr durch den Regen? Und dann gibt es die Suche nach den Geistern... Hier entfaltet sich das, was zum Ende Fragen offen lässt, nachdem zuvor (vielleicht?) nur die andere Seite der Medaille gezeigt werden sollte.
Ich gebe auf jeden Fall eine Leseempfehlung für diese so völlig andere Geschichte, die mir das erste und eher unerwartete Lesehighlight des Jahres bescherte – auf die man sich allerdings auch einzulassen bereit sein muss in ihrer Mehrdeutigkeit. Laut Klappentext handelt es sich um den dritten Teil der „Trilogie des Verschwindens“ von Autor Popp, dessen erste beide Teile ich (noch) nicht kenne. Die Klappentexte der anderen Teile deuten keine fortgesetzte Geschichte an, also geht es wohl eher um eine thematische Verwandtschaft.
Ich denke, Mr Gwyn von Alessandro Baricco und dieses Buch könnten den gleichen Lesern gefallen.
Titel im Buch
Bonnie ‚Prince‘ Billy & The Cairo Gang: „Teach me to bear you“ https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=UwI4y0_DGGA
Marlene Dietrich „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=CsrzeV95maQ
Jacques Brel
Ferdinand (! der ältere Bruder von Franz!!) Schubert Requiem https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch" target="_blank">https://www.youtube.com/watch?v=8zBkeSKZsDU
Bach Schöpfung