Fast konnte man den Eindruck gewinnen, die Menschen wären nicht mehr willkommen in der Natur. Vielleicht stimmte es ja, was man sich über das große Sterben erzählte? Dass es eine Strafe war, die dazu gedient hatte, die Welt von Menschen zu säubern. Aber nicht Gott hatte sie geschickt, sondern die Natur selbst, die es satthatte, jemandes Untertan zu sein...
[S. 41]
Erster Satz:
Pia wandte den Kopf, um hinabzublicken.
Inhalt:
"Das große Sterben" hat die Welt leer gefegt, nur ein kleiner Teil der Menschheit hat überlebt. Ausschließlich Rothaarige bewohnen kleine Dörfer, denn nur sie haben durchgehalten - und Pia.
Pia ist anders als alle Anderen und dafür wird sie von den Bewohnern in ihrem Heimatdorf verabscheut, denn Pia hat schwarze Haare. Aus diesem Grund ist das junge Mädchen die meiste Zeit auf sich gestellt, denn keiner will mit ihr reden, geschweige denn mit ihr befreundet sein. Als Pia mit einem deutlich älteren Mann in ihrem Bergdorf zwangsverheiratet werden soll, flieht sie.
Ihr Ziel: Die sagenumwobene Stadt MUC - eine der letzten großen Städte. Dort erhofft sich Pia nicht nur eine neue Zukunft, sondern zusätzlich ihren geliebten Bruder wiederzufinden, der vor Jahren nach MUC aufbrach und nie wiederkehrte. Doch der Weg nach MUC ist lang und voller Gefahren, besonders für ein Mädchen mit schwarzen Haaren.
Wird Pia in MUC ankommen? Wird sie ihren Bruder lebend wiedersehen? Und was hat es eigentlich mit Pias Haarfarbe auf sich? Alle Antworten findet ihr in MUC!
Idee/Umsetzung:
Die Natur stellt ihr Gleichgewicht wieder her. Das hat sie schon immer getan. Man könnte es als Rebellion gegen die Menschheit bezeichnen, als Säuberung. Ein faszinierendes, beängstigendes und zu gleich erschreckendes Thema, das in der Literatur nicht zum ersten Mal aufgegriffen wurde. Auch MUC setzt sich mit dieser Thematik auseinander - wie das oben gewählte Zitat zeigt, beschreibt Pia, die Protagonistin der Geschichte dies genau so - und zeigt auf erschreckende Art und Weise, wie eine Welt aussehen könnte, die einer höheren Gewalt unterliegt. Das Besondere an diesem Buch ist nicht unbedingt seine Idee, denn wie gerade erwähnt, haben sich bereits zahlreiche Musiker, Autoren und Künstler mit dieser Materie beschäftigt. Das Besondere an MUC ist die Umsetzung von Anna Mocikat und die Auflösung der Geschichte - zu welcher ich natürlich nicht mehr verraten werde. Bei "MUC" handelt es sich um Frau Mocikats Debütroman, doch dies bemerkt der Leser, wenn er immer und immer tiefer zwischen den Seiten versinkt, nicht. Fast kommt es einem so vor, als hätte die junge Autorin bisher nichts anderes getan, als Buchwelten zu erschaffen, die einen mit Haut und Haaren verschlingen. Besonders erfreulich ist zusätzlich, dass diese Dystopie aus deutscher Feder stammt. Kurz und knapp: Idee und Umsetzung konnten mich auf ganzer Linie überzeugen, ich bin angefixt und bin gedanklich schon wieder auf dem Weg nach MUC!
Schreibstil:
Anna Mocikat hat einen sehr angenehmen Schreibstil, welcher seine Leser sofort umschlingt und somit den sicheren Weg in die Geschichte erleichtert. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, sieht von größeren, unnötigen Beschreibungen ab und konzentriert sich auf den wesentlichen Teil ihres Abenteuers. Für mich eine sehr angenehmer Schreibstil, der mir als Leser hilft, mit der Geschicht zu verschmelzen.
Charaktere:
Schon während ich MUC gelesen habe, habe ich mich auf diesen Charaktere-Teil der Rezension gefreut. Meiner Meinung nach, bilden die Figuren aus dieser Geschichte das Herzstück dieses Abenteuers. Selten konnte mich eine Protagonistin so faszinieren und für sich einnehmen. Pia ist eine wunderbare Heldin: Stark, mutig, voller Träume und Wünsche. Sie kämpft mit Herzblut für ein Wiedersehen mit ihrem Bruder und setzt für ein besseres Leben alles aufs Spiel. Zudem ist sie eine ausgezeichnete Fassadenkletterin. Wenn die Autorin in einzelnen Kapiteln beschreibt, wie Pia klettert, welches Körpergefühl sie hat und was sie auf dem Dach eines Gebäudes empfindet, bekommt man das Gefühl, dass mit Pia als Hauptcharakter alles möglich ist. Man will ihre Hand nehmen und über die verrotteten Dächer der Städte schreien: "Wir schaffen alles!" Mit Pia fühlt man sich als Leser unbesiegbar. Deshalb war ich auch so überrascht, als ihr Charakter ganz plötzlich, einen ganz naiven und leichtglübigen Zug bekam. Dies ist für mich auch der größte Minuspunkt an MUC. Ich konnte ihre unerwartete Veränderung nicht nachvollziehen. Ich verstehe einfach nicht, warum die meisten Protagonistinnen in Büchern immer so extrem naiv dargestellt werden müssen. Warum die Frauen sich immer den Männern hingeben, ohne nachzudenken. Männlichen Figuren werden diese Eigenschaften eigentlich kaum bis nie zugesprochen. Gerade in Pias Fall hat mich das sehr enttäuscht, gerade weil sie am Anfang ein so starker Charakter war. Trotz allem sind die Personen allesamt, den meisten Teil der Geschichte interessant. Nicht nur die Guten, auch die Bösen Charaktere, runden durch eigene Facetten diesen Debütroman ab.
Cover/Innengestaltung:
Das Cover vermittelt genau die Atmosphäre, welche auch in der Geschichte wiederzufinden ist: dunkel und geheimnisvoll. Da es sonst sehr shlicht ist, genau wie die Innengestaltung bleibt an dieser Stelle nicht mehr viel zu sagen.
Fazit:
In einer Welt wie MUC, wäre ich eine Außenseiterin und stetig in größter Gefahr. Ich habe braun/blonde Haare und eigentlich dürfte ich das große Sterben gar nicht überlebt haben. Auch Pia schwebt in Gefahr und wird von den Überlebenden nicht akzeptiert. Doch die junge Protagonistin will sich ihrem Schicksal nicht fügen und kämpft mutig für ihre Träume und Wünsche. Die Charaktere in dieser Geschichte bilden das absolute Herzstück und reißen den Leser mit sich. Doch auch die Grundidee und Anna Mocikats Umsetzung stehen dem in keinem Punkt nach. Frau Mocikat hat hier eine wunderbare, spannende, geheimnisvolle und dunkle Dystopie erschaffen, die zwar auch Schwächen aufweist, aber im Großen und Gannzen vor Energie nur so strotzt. Ich bin begeistert und überzeugt davon, dass mich auch die zwei noch folgenden Werke dieser Trilogie mitreißen werden.