Potential nicht ausgeschöpft
Dieser Roman erzählt das Leben des Georgi Daniilowitsch Jatschmenew aus zwei Richtungen.
Der eine Handlungsstrang beginnt 1981, wo Georgi um seine schwerkranke Frau Soja bangt, und läuft in der Zeit rückwärts. ...
Dieser Roman erzählt das Leben des Georgi Daniilowitsch Jatschmenew aus zwei Richtungen.
Der eine Handlungsstrang beginnt 1981, wo Georgi um seine schwerkranke Frau Soja bangt, und läuft in der Zeit rückwärts. Entscheidende Etappen aus Georgis und Sojas gemeinsamem Leben werden beleuchtet, wobei die meisten Ereignisse schon in „früheren“ Kapiteln angedeutet wurden.
Darin eingebettet ist der zweite Handlungsstrang, welcher Georgis Geschichte ab 1915 umfasst. Als sechzehnjähriger Sohn eines leibeigenen Bauern vereitelt er ein Attentat auf den Vetter des Zaren. Dafür wird er nach St Petersburg gebracht, wo er als Leibwächter des Zarewitsch Alexei dient. Dabei lernt er die ganze Familie Romanow kennen, insbesondere die jüngste Tochter Anastasia, in die er sich sofort verliebt.
All dies wird von Georgi in Ich-Form geschildert, sodass man sich gut in ihn hineinversetzen kann. Obwohl er kein strahlender Held ist, sich nicht immer vernünftig verhält und seine Gedanken so manche negativen Eigenschaften offenbaren, wirkt er doch sympathisch.
Das Buch ist flott lesbar und vor einem interessanten historischen Hintergrund angesiedelt. Obwohl es viele Zeitsprünge gibt, konnte ich die Geschehnisse problemlos mitverfolgen und einordnen.
Der Inhalt ist jedoch über weite Strecken ziemlich vorhersehbar, es gibt kaum wirklich spannende Szenen. Außerdem scheint Vieles zu leicht zu gehen. So fand ich die Beziehung zwischen Georgi und Anastasia, und erst recht, wie lange diese unentdeckt blieb, unrealistisch. Auch wird Georgi zwar ständig mit irgendwelchen dramatischen Situationen konfrontiert, wirklich „spüren“ kann man davon aber relativ wenig.
Des Weiteren werden die historischen Verhältnisse und Begebenheiten nur oberflächlich dargestellt, sodass dieser Roman keinen authentischen Blick auf die Vergangenheit bietet, sondern vielfach eher allgemeine Klischees wiedergibt.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass der Autor sich zu sehr auf eine möglichst ausgefeilte Komposition der Handlung wie ein gelungenes Zusammenspiel der verschiedenen Handlungsstränge und Zeitebenen konzentriert hat, weshalb die eigentliche Geschichte auf der Strecke blieb. Das finde ich schade, denn die Grundidee und das Thema hätten durchaus Potential.