Der Debütroman von Emily Ruskovich ist mir bereits in der Verlagsvorschau aufgefallen. Auch die Leseprobe, in die ich hineinlesen durfte, überzeugte mich "Idaho" auf meine Wunschliste zu setzen. Deswegen habe ich mich sehr gefreut, dass ich im Rahmen des Literatursalons bei Lovelybooks in der Leserunde mitlesen durfte.
Der Klappentext erzählt bereits den Teil, den ich in der Leseprobe gelesen habe. Vater, Mutter und zwei Töchter sind im Wald und sammeln Brennholz für den Winter. Die beiden Mädchen spielen und die Atmosphäre ist ruhig und gelassen. Doch dann ist die kleine May tot - mit dem Beil erschlagen. Die Mutter wird angeklagt und lebenslang eingesperrt. Der Vater, Wade, leidet an Demenz. Das ist kein Spoiler, denn diese Fakten werden bereits auf den ersten Seiten erzählt. Nur wie es eigentlich dazu gekommen ist, bleibt offen...
Ich bin sehr gut in die Geschichte gestartet, allerdings begannen ungefähr ab der Mitte die Schwierigkeiten. Die Autorin benutzte sehr viele Zeitsprünge. Normaler Weise habe ich damit keine Probleme, da ich sehr oft Romane auf zwei oder mehreren Zeitebenen lese. Ebenso blieb die Handlung übere weitere Abschnitte ohne Höhen und Tiefen.Außerdem hatte ich immer mehr das Gefühl, dass Geschichten und Personen eingeflochten wurden, die überhaupt nichts mit dem weiteren Verlauf der Handlung zu tun haben. Einige Handlungsstränge verliefen komplett ins Leere. Dies erleichtere das Lesen nicht unbedingt. Dabei begann der Roman wirklich sehr spannend und voller Emotionen.
Die Tragödie rund um den Tod der kleinen May war mysteriös und man rätselte bis zum Ende, ob Jenny wirklich ihre kleine Tochter getötet hat. Doch mit dem Voranschreiten des Romans wurde die Handlung immer diffuser. Die Figuren waren großteils unsymapthisch und ich empfand keinerlei Empathie für sie. Einzig Jenny, die sich für schuldig bekannt hatte, empfand ich als gefühlvoll. Ich traute ihr diese schlimme Tat eigentlich nicht zu. Vorallem Ann, Wades zweite Ehefrau und eigentlich Hauptprotaginistin des Romans, blieb mir bis zum Ende einfach nur fremd und rätselhaft. Sie ist Musiklehrerin und heiratet Wade nach nur neun Monaten nach der Tragödie. Ihre Ambitionen für diese Heirat erschlossen sich mir nicht, denn es war weder von einer großen Liebe die Rede, noch lief Ann unwissend "ins Unglück", denn sie wusste von Wades Demenz. Ann begibt sich auf die Spurensuche in die Vergangenheit. Sie versucht sich statt Wade an die Zeit damals zu erinnern. Ihre wirren Gedanken, an denen uns die Autorin teilhaben lässt, sind eine Mischung aus Wahrheit und Fantastereien, die sich Ann selbst zusammenspinnt. Als Leser weiß man bis zum Ende nicht, was Wahrheit ist und welche Rückschlüsse ihrer Fantasie entspringen.
Die planlosen Zeitsprünge zwischen 1970 und 2025 verunsicherten mich sehr und erschienen nicht wirklich logisch.
Im Rahmen der Leserunde haben wir viel diskutiert und die Meinungen waren sehr gespalten. Die zentrale Frage, die die Autorin mit diesem Roman stellen wollte scheint folgende zu sein: "Können wir unserem Gedächtnis jederzeit vertrauen? Sind unsere Erinnerungen Wahrheit oder nur Täuschung?"
Dies versucht sie dem Leser in diesem Roman zu vermitteln. Das ist ihr nur teilweise gelungen, denn sie lässt mich nach dem Beenden des Romans wirklich ratlos zurück. Meine Fragen wurden nicht beantwortet, das Ende bleibt offen. Die Geschichte dreht sich im Kreis und ich blieb ziemlich gefrustet zurück. Ich kann diesen Roman leider nicht wirklich weiterempfehlen.
Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist sehr detailreich und ausschweifend. Erzählt wird aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Sprache ist poetisch und die Stimmung wird sehr authentisch eingefangen. Die flirrende Hitze im Sommer, sowie das Haus auf dem Berg, das im Winter durch den vielen Schnee unpassierbar wird, wird von der Autorin sehr lebendig beschrieben. Ich hatte diese Situationen direkt vor meinen Augen. Die Atmosphäre ist teilweise beklemmend und intensiv. Jedoch hatte ich das Gefühl, als hätte die Autorin ab der Mitte den Faden verloren.
Fazit :
Ein interessanter Start, doch im Laufe der Geschichte wird dieser Roman immer verwirrender. Man fühlt sich, als ob man am Ende des Buches wieder am Anfang angelangt wäre und eigentlich keine der Fragen beantwortet wurde, die man sich beim Lesen gestellt hat. Wer gerne über die Aussage der Autorin rätseln möchte, ist hier richtig. Wer offene Ende genauso wenig mag wie ich, sollte die Finger von IDAHO lassen.