Zitate:
"Du warst der Wind in den raschelnden Seiten eines Buchs, du warst ein wogender Ozean aus Gras. Du warst die Trauerweide, die weinende, jedes Schlaflied auf einmal summend, leise und schön und unendlich." Seite 14
"Ich will zurück an den Ort mit der Blume, wo nichts war." Seite 30
"Ich will in mein Bett, mir glatte Baumwolllaken übers Gesicht ziehen und erst wieder aufwachen, wenn ich mehr bin als nur Schmerz." Seite 40
Meinung:
Eden hat wahnsinniges Glück im Unglück. Nach einem Sturz, bei dem sie sich den Kopf verletzt hatte, lag sie vier Wochen im Koma. Doch dann erwacht sie und ist sich sicher, dass sie das Mädchen im Nebenzimmer, das ebenfalls im Koma liegt, in dem "Ort dazwischen" -also zwischen Leben und Tod- gesehen hat. Aber ist das wirklich möglich, oder wird sie verrückt?
So oder so, vor ihr liegt ein hartes Stück Arbeit, und die Suche nach der Antwort auf die Frage, ob sich das Leben lohnt.
Dies war mein erstes Buch der Autorin und ich muss gestehen, dass ich zu Beginn leichte Bedenken hatte. Der Schreibstil wirkte auf mich abgehackt und gewöhnungsbedürftig, aber ich gebe direkt wieder Entwarnung! Denn zum Glück legt sich das nach ein paar Kapiteln, sobald Eden aus dem Koma erwacht.
Genau genommen legt es sich nicht nur, sondern wechselt in das exakte Gegenteil. Bildhaft, oftmals anmutig und stellenweise schon fast poetisch anmutend, entführte mich Estelle Laure in eine Welt voller Staunen und Nachdenken.
Zugegeben, mit Dingen wie "Nahtoderfahrungen" und "Leben nach dem Tod" wagt sie sich an kritische Themen, die die Leser vielleicht teilweise spalten werden, denn ihre Ideen sind natürlich "nur" Fantasien (oder Wünsche) und keine wissenschaftliche Erkenntnisse.
So erlebt Eden diesen Ort "dazwischen" als einen schönen Platz voller Blumen und Ruhe. Als jemand, der unheimlich ungern daran glauben möchte, dass mit dem Tod wirklich ALLES vorbei sein soll, hat mir diese Idee natürlich sehr gut gefallen! Aber jemand, der ein Leben nach dem Tod prinzipiell verneint, wird mit dieser Geschichte vermutlich eher nicht glücklich.
Auch Eden als Charakter hat mich eine Zeit lang etwas unschlüssig zurück gelassen. Klar, sie erwacht aus dem einmonatigen Koma und muss ihren Körpern so gut wie an alles wieder erinnern. Essen, laufen, reden, schlucken... Alles will wieder erobert werden. Dazu kommt noch Gesprächstherapie, denn bei einem solchen Pensum sowie einem vorerst zerplatzen Traum -Eden wäre gerne Balletttänzerin geworden-, sind ein gewissen Frustlevel und depressive Neigungen natürlich abzusehen und auch verständlich.
Dennoch entfremdet sie sich immer mehr von ihrem Umfeld, ist lustlos und gleichgültig, was für mich mit der Zeit etwas anstrengend wurde. Jedoch ändert sich auch das, als ihr Leben eine Wendung nimmt. Mehr verrate ich jetzt erstmal nicht ;)
Dazu kommt, dass es mit Voranschreiten der Geschichte auch zunehmend um die Probleme von Anderen, deren Umgang damit und die menschlichen Veränderungen, die sie mit sich bringen, geht.
Somit erleben wir nicht nur bei Eden gelungene und authentische Entwicklungen, was mich emotional noch mehr fesseln konnte. Und ja, ab und an gibt es auch schonmal feuchte Äuglein ;)
Sehr interessant fand ich auch die Aufgabe, die die Therapeutin stellt: Schreibe eine Liste über Dinge, die du magst/die dich glücklich machen. Ich befürchte, dass die meisten von uns da auch erstmal darüber nachdenken müssten, oder?
Ich für meinen Teil kann euch die Geschichte um Eden und ihren Weg zurück ins Leben nur ans Herz legen. Die mysteriöse Komponente durch ihre "Komaschwester", wie sie sie nennt, in Kombination mit starken Emotionen wie Trauer, Angst, Mut und Glück konnten mich nicht nur unterhalten, sondern versuchen ein Stück weit auch, dem Leser ein bisschen die Angst vor dem Danach zu nehmen.
Ok, das ist vielleicht ein hohes Ziel, aber zumindest wird die Hoffnung auf ein Angenehmes vielleicht ein bisschen anhalten.