Cover-Bild Y
19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 255
  • Ersterscheinung: 12.02.2016
  • ISBN: 9783351036409
Jan Böttcher

Y

Roman

„Ich versuche ständig, mit der Fremde warm zu werden. So wie ich nicht anders kann, als mit der Wärme zu fremdeln.“ In Deutschland lernen sie sich kennen. Im kriegszerstörten Kosovo können sie nicht zusammenbleiben. Nur ihrem Sohn gelingt es, die alten Grenzen hinter sich zu lassen. Jan Böttcher hat einen großen europäischen Roman geschrieben: die Geschichte einer ungleichen Liebe zwischen Nord und Süd, Heimat und Fremde, Schicksal und Selbstbestimmung. »Ein Roman, der grenzübergreifend relevant sein wird.« Saša Staniši »So spannend wie erhellend – dieser Roman ist ein Tanz der Lebenslust in Todesnähe. Und eine der traurigsten Liebesgeschichten, die ich in den letzten Jahren gelesen habe!« Moritz Rinke

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2017

Brauch oder Bruch

0

(Titel nach S. 244)

Die Handlung beginnt damit, dass wir von einer Vater-Sohn-Beziehung aus Sicht des Vaters als durchgängiger Ich-Erzähler lesen – Benji ist vierzehn, pubertierend, die Eltern schwanken ...

(Titel nach S. 244)

Die Handlung beginnt damit, dass wir von einer Vater-Sohn-Beziehung aus Sicht des Vaters als durchgängiger Ich-Erzähler lesen – Benji ist vierzehn, pubertierend, die Eltern schwanken zwischen Laissez-faire und Regeln, der Sohn schwankt dazwischen, den Vater als peinlich zu empfinden, wie ein Kind vom Vater die Lösung aller Problem zu erwarten, zu trotzen oder sich zu entziehen. Dann wechselt der Fokus (wirklich?) über einen Freund Benjis namens Leka (für „Alexander“), der sich für einige Tage einquartiert, dann verschwindet. Der Vater Benjis begegnet Lekas Vater, Jakob – und macht sich mit Benji auf die Suche. Benjis Mutter ist die Albanerin Arjeta, ursprünglich mit ihrer Familie während des Jugoslawien-Konfliktes nach Deutschland geflüchtet, jetzt wieder wohnhaft in Kosova, das wir meist als Kosovo kennen. Es empfiehlt sich (ganz kurze) Recherche: Kosova hat sich unabhängig erklärt, Serbien versteht das Gebiet weiterhin als Teilregion. Die Bewohner sind zum großen Teil Albaner, natürlich mit regionalen Unterschieden.

Jan Böttcher schreibt über Zerrissenheit und Zugehörigkeit, über Fremde – über das Suchen?

Die Beziehung zwischen Jakob und Arjeta war von Anfang an nicht geprägt von großer Zukunfts-Hoffnung. Arjetas Leben ist in Deutschland das der Fremden, mit einem Vater, der mehr in der Wahrnehmung des fernen Krieges lebt. Wieder in der Heimat, läuft Arjeta durch die Straßen: „Ihre Kindheit suchte sie und wurde das Gefühl nicht los, dass die Kindheit bis gestern gewartet hatte, aber heute nicht mehr.“ S. 60 Der Ich-Erzähler- Vater von Benji ist Schriftsteller – hier wird eindeutig mit dem Leser aus Autorensicht gespielt, ab S. 47 wird der Leser sogar in unregelmäßigen Abständen direkt angesprochen:
„Bitte nicht, rief der Schriftsteller hinter ihm.
Ich verwahre die Briefe für dich, rief er.“ Anders als bei einigen anderen Büchern wird hier für mich keine künstliche Distanz aufgebaut, ich empfinde eher ein Gefühl von Authentizität, von Autobiographie-Haftigkeit.

Man liest vom Scheitern von Beziehungen, im Kleinen wie im Großen, bei den politischen Provisorien im Kosovo. Böttchers Personal wirkt realistisch – so sein möchte man als Leser trotzdem nicht. Alle handeln wie die Fliege, die dauernd gegen die Glasscheibe fliegt, nur wissen sie im Gegensatz zum Insekt meistens, dass dort kein Durchkommen ist. Jakob schickt dem Vater von Benji ein von ihm geschriebenes Computerspiel, bei dem man wählen kann zwischen dem Weg nach Norden, ohne Hindernisse und ohne Spielhandlung, oder dem Weg nach Süden – mit Spielaktion, aber einem zwingenden Tod der Spielfigur nach exakt je 5 Minuten. „Ja, Jakob hatte mir zeigen wollen, dass man auf dem nördlichen Korridor entlanggehen konnte, aber dass man dann alles verpasste, was Spielen wie Leben ausmachte. Denn erst zwischen Hindernissen begannen wir, an unsere bisherigen Wege zu denken, an Neugier und Ängste, Liebe und Kummer, wir dachten an die Wände, vor die wir gelaufen, und an die Menschen, denen wir noch rechtzeitig ausgewichen waren.“ S. 240

Jan Böttcher hat mit „Y“ so ein Buch geschrieben, das mehrere Bücher in einem ist. Dabei wechselt der Fokus zwischen tragischer Liebesgeschichte, Entwicklungsroman(en) und Einblick in den Kosovo, wobei mir die Haupthandlung das Thema Vater-Sohn-Konflikt/Familiengeschichte(n) zu sein scheint, man bemerkt das nur nicht sofort, weil nach dem Beginn mit Benji und seinem Vater die Handlung dann vermeintlich zu einer anderen (dem Liebesroman) wechselt. Sprachlich war ich angetan vom Buch, das sich zügig lesen lässt, häufig, aber nicht zu oft, bildhaft ist und auch ausreichend Denkansätze bietet; mich störte jedoch dieser mir nicht ausreichend klar erkennbare Fokus, wobei dieses Gefühl erst ab Teil II das erste Mal auftauchte (vorher wähnte ich mich in der Liebesgeschichte mit Fokus auf Jakob), dann wieder abflachte (mit der Konzentration auf die Sicht von Arjeta und die Gegenwart der vierzehnjährigen Söhne – ah, die andere Seite!), sich dann noch verstärkte - mit dem, mit Verlaub, Lamentieren des Autors über die Defizite seines eigenen Heranwachsens. Allerdings ist es für mich ein wenig „zu viel“ in einem Buch. Der Ich-Erzähler meckert über das Elternhaus in seinem Kleinbürgertüm, seiner Selbstgenügsamkeit, Sättigung und Selbstzufriedenheit; ohne Offenheit gegenüber der Fremde und den Fremden mangels Erfahrung. Er kontrastiert hier seine eigene Familiengeschichte mit der Realität der Kosovaren: „Was meine Großeltern hatten erleben dürfen, war der Wiederaufbau ganzer Industrien gewesen, eine Zeit, in der jede antidemokratische Regung von den Amerikanern rigide unterbunden wurde, einfach weil sie ein Interesse daran hatten, eine stabile Demokratie im Zentrum Europas zu schaffen.
Kosova 1999 war dagegen realpolitisch nicht mehr als ein Militärstützpunkt gewesen….“ S. 237

Zum Nachsinnen gefielen mir in diesem Zusammenhang die Parallelen zwischen Computerspiel und Leben, ebenso die Gedanken über das „Provisorium“ und den Bezug zum Romantitel, wobei es zwischenzeitig sogar zu einem inneren Frieden beim Vater Benjis kommt , als der seinen Sohn fragt:
„Empfindest du einen großen Unterschied zwischen Lekas Zuhause und unserem Zuhause?“
„Nein“
„Dachte ich mir“
„Ist das schlimm?“
„Alles andere als schlimm.“

In gewisser Weise empfand ich „Y“ als eine Art Antithese zu „Vom Ende der Einsamkeit“, weil die Hauptpersonen nach der Erfüllung in den Beziehungen suchen, sie hier aber von dem Gegenteil ausgeht, von der Fremde:
„Ich versuche ständig, mit der Fremde warm zu werden.
So, wie ich nicht anders kann, als mit der Wärme zu fremdeln.“ S. 246
diese letztendlich aber überall findet „Es gibt nämlich gar kein Defizit an Fremde. …. Weil Fremde immer schon da ist.“ S. 247
Wells Personal hofft immer auf ein halb volles Glas – Böttchers Figuren reiben sich an einem Glas, das einfach immer halb leer sein MUSS.

Veröffentlicht am 31.10.2016

Ganz schön vielschichtig...

0

Vordergründig erzählt dieses Buch von einer Liebe, die daran scheitert, dass das Paar in völlig unterschiedlichen Lebensumständen aufwuchs, auch wenn beide eine gewisse Zeit in Lüneburg gemeinsam zur Schule ...

Vordergründig erzählt dieses Buch von einer Liebe, die daran scheitert, dass das Paar in völlig unterschiedlichen Lebensumständen aufwuchs, auch wenn beide eine gewisse Zeit in Lüneburg gemeinsam zur Schule gingen. Während Jakob in einer gutbürgerlichen Familie groß wurde, kam Arjeta zusammen mit ihrer Familie als Flüchtlinge nach Deutschland. Sie verliebten sich, als sie sich einige Jahre nach dem Abitur zufälligerweise wieder trafen und erst zu diesem Zeitpunkt realisierte Jakob den familiären Hintergrund seiner Freundin, der ihr Leben immer noch in großem Maße bestimmte.
Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern kommt teilweise verwirrend wie auch vielschichtig daher. Der Ich-Erzähler in der Gegenwart ist ein Mann in Jakobs Alter, der seinen 14jährigen Sohn Benji mit dem ihm bisher unbekannten Freund Leka auf seinem Balkon vorfindet. Der Junge verschwindet ebenso unbemerkt wie er kam, was Benji ziemlich erschüttert, sodass sein Vater sich auf die Suche nach Leka macht. Dabei findet er den Vater des Jungen, Jakob, der ebenfalls auf der Suche nach seinem Sohn ist. Dieser erzählt ihm von seiner Liebe zu Lekas Mutter Arjeta. Nun wechseln Gegenwart, verschiedene Stufen der Vergangenheit wie auch die Perspektiven. Denn irgendwann fliegt der Ich-Erzähler mit seinem Sohn Lekas Spuren nach, wo sie unter anderem auf Arjeta treffen, die ihm ihre Sicht der Ereignisse schildert.
Merkt man, wie ich mich schwer tue mit einer Art von Zusammenfassung? Denn ausser der Liebesgeschichte von Jakob (der nebenbei ein erfolgreicher Computernerd und Spieleprogrammierer ist und das Leben eher wie ein Spiel betrachtet) und Arjeta kommen die erbärmlichen Verhältnisse im heutigen Bosnien zur Sprache, die Machtlosigkeit der Bevölkerung gegenüber den mafiosen Strukturen, die Perspektivlosigkeit der Jungen, der Krieg der noch lange nicht vergessen sein wird. Dann das Verhältnis von Leka zu seinen Eltern bzw. umgekehrt, denen ihre Arbeit wichtiger ist als ihr Kind, wobei es ihnen nicht unwichtig ist. Das Wohlstandsgefälle zwischen Deutschland und dem Balkan, die bei uns herrschende Saturiertheit - ach, je mehr ich über das Buch nachdenke, desto mehr fällt mir ein.
Und als ob all das nicht schon ausreichen würde, verlangt auch der Sprachstil Jan Böttchers Aufmerksamkeit. Nein nein, es sind keine komplexen Satzgebilde, die einen 'zwingen', dabei zu bleiben. Sondern Bilder für Gefühle und Stimmungen, die der Autor in ungewohnter Weise in Worten zusammenfasst. Ein Beispiel dafür ist der Abend, als Arjeta mit ihrer Familie wieder nach Prishtina zurückkehrt:
"Der erste Abend war eine Aufzählung: Großvater Naim, Großmutter Gladiola, Onkel Xherdan...
Der erste Abend war eine Abstellkammer. Sie warfen alles hinein, was dort für Jahre noch aufbewahrt werden sollte. Die Erzählung von den Lebenden und Toten, von der albanischen Unbeugsamkeit, von den verschwundenen serbischen Henkern, vom befreienden Einmarsch der Amerikaner....
Was der erste Abend auch war: Lammfleisch über dem Feuer, drei Flaschen Raki Rrushi...
Der erste Abend war das Fehlen ihres Onkels Jeton, der in der Schweiz geblieben war. Und der linke Unterschenkel von Arjetas jüngstem Bruder, der fehlte auch."
Ein ungewöhnliches Buch, ein anstrengendes Buch - aber auch ein Buch, das einem scheinbar weit Entferntes plötzlich nahe bringt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Y

0

In Deutschland treffen sie aufeinander: Arjeta und Jakob. Er ist ein Computernerd aus gutbürgerlichem Hause, sie ist mit ihrer Familie aus dem Kosovo geflohen. Es erwächst eine große Liebe, die jedoch ...

In Deutschland treffen sie aufeinander: Arjeta und Jakob. Er ist ein Computernerd aus gutbürgerlichem Hause, sie ist mit ihrer Familie aus dem Kosovo geflohen. Es erwächst eine große Liebe, die jedoch auf die Probe gestellt wird. Nicht nur einmal. Der gemeinsame Sohn Leka wird hin- und hergerissen zwischen seinen Eltern. Den zwei Kulturen. Zwei Ländern.

Böttchers Roman nimmt sich viel vor, konnte dann jedoch nicht immer meine Erwartungen erfüllen. Doch der Reihe nach. Gut gefallen haben mir die Schilderungen von Arjetas Familie, ihrer Flucht, ihrem Versuch sich in Deutschland zurechtzufinden. Dieses Thema ist schließlich im Moment aktueller wie nie. Auch die Entwicklungen im Kosovo und deren Auswirkungen werden fließend in die Geschichte eingearbeitet. Die Figuren wirken stellenweise sehr klischeehaft, gerade Jakob war mir zudem extrem unsympathisch. Anstrengend fand ich ebenfalls die seitenlangen Beschreibungen diverser Computerspiele; man merkt als Leser, dass diese als Metapher zu verstehen sind, trotzdem war ich davon sehr schnell gelangweilt. Eine Spielsequenz wird unnötigerweise gleich zweimal ausführlich dargestellt. Böttchers Art zu erzählen hat mir im Grunde gut gefallen, diverse Zeitsprünge machen es dem Leser jedoch nicht einfacher der Geschichte zu folgen. Vom Ende war ich schlicht und ergreifend enttäuscht, für mich war das kein befriedigender oder auch nur schlüssiger „Abschluss“ der Geschichte.

Fazit: ein Roman mit interessanten Ansätzen, der jedoch meiner Meinung nach auch einige Schwächen aufweist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Na ja...

0

Arjetta und Jakob verlieben sich und versuchen ihre Liebe zu leben...gegen das strenge Elternhaus von Arjetta. Die Familie Neziri ist aus dem Kosovo geflohen und möchte ,dass sich Arjetta einen Mann aus ...

Arjetta und Jakob verlieben sich und versuchen ihre Liebe zu leben...gegen das strenge Elternhaus von Arjetta. Die Familie Neziri ist aus dem Kosovo geflohen und möchte ,dass sich Arjetta einen Mann aus dem eigenen Land sucht. Als die Familie beschliesst zurück in dem Kosovo zu kehren, reist Jakob kurzerhand nach. Denn Arjetta ist schwanger.Was in Deutschland so war, ändert sich auch nicht in Prishtina...die Familie lehnt Jakob ab und verheiratet Arjetta mit Bedri.
Zurück in Deutschland widmet sich Jakob seiner Karriere.Er entwickelt Computerspiele und verarbeitet darin seine Erlebnisse in Prishtina. Als sein Sohn Leka plötzlich bei ihm auftaucht,bemüht er sich Vater zu sein.

Die Geschichte wird zum grossen Teil aus der Sicht des Vaters von Leikas Freund Benji erzählt. Für mich waren er und die beiden Jungen die einigermassen sympathischen Figuren in dieser Geschichte. Arjetta und Jakob waren mir nicht nur unsympathisch, sondern taten ständig Dinge, die ich absolut nicht nachvollziehen konnte.
Die Story bedient viele Klischees...die unterdrückte 28 jährige Arjetta, die zu tun hat, was die Familie sagt . Und Jakob, der Computernerd,der eigentümliche Ansichten hat und in Anblick der starren Regeln einer kosovarischen Familie versucht sich mit Papas Geld Akzeptanz zu erkaufen.

Den Schreibstil habe ich als holperig empfunden...doch das ist nicht der Grund, warum ich nur 2 Sterne vergebe. Das hin und her in der Handlung,die nicht chronologische Reihenfolge und die vielen noch offenen Fragen am Schluss der Lektüre haben mich um so mehr gestört.Zusammen mit den langatmigen Erklärungen des Videospiels habe ich 30 Seiten vor Schluss endgültig kapituliert und nur noch grob überlesen.