Guter Auftaktroman, der mehr Tiefe vertragen hätte
Serina und Nomi leben in einer Welt, in der Frauen Fabrikarbeiterinnen, Ehefrauen, Mütter oder, als höchster Karriereschritt, Graces werden können. Graces werden vom Herrscher auserwählt und verkörpern ...
Serina und Nomi leben in einer Welt, in der Frauen Fabrikarbeiterinnen, Ehefrauen, Mütter oder, als höchster Karriereschritt, Graces werden können. Graces werden vom Herrscher auserwählt und verkörpern das Idealbild der Weiblichkeit und sollen Idole für alle anderen Frauen sein.
Serina ist die ältere Schwester von Nomi und wird, wegen ihrer Anmut, schon von Kindesbeinen an dazu erzogen, irgendwann eine Grace zu werden und schafft es zu Beginn des Buches auch in das nähere Auswahlverfahren. Mich hat das ganze etwas an den Beginn der Selection Reihe erinnert, jedoch erfährt man in Iron Flowers weit weniger über die Gesellschaft und die Herkunft der Kandidatinnen, das politische Motiv wird auf die Unterdrückung von Frauen reduziert. Nomi steht von klein auf im Schatten ihrer Schwester und lernt heimlich vom Bruder lesen und schreiben – was für Frauen in der Gesellschaft strengstens verboten ist – wie die Ausübung der meisten Berufe auch.
Die Welt ist für mich vorstellbar und das Kopfkino springt bei mir beim Lesen sofort an. Ich bin dabei, als Serina als potentielle Grace mit der möglichen zukünftigen Zofe Nomi auf das Schiff steigt, und alle Hoffnungen der Familie auf ihr ruhen. Die Stellung einer Grace hätte große gesellschaftliche und finanzielle Vorteile für die ganze Familie und Serina träumt auch davon, ihrer Schwester das Schicksal als Ehefrau und Arbeiterin zu ersparen. Für sie ist das Leben im Palast mit ausreichender Versorgung mit Nahrungsmitteln und in Sicherheit eine erstrebenswerte Zukunft, während Nomi darin nur den goldenen Käfig sieht, der zwischen ihr und der von ihr erträumten Freiheit steht.
Die Geschichte wird kapitelweise aus der Sicht der beiden Schwestern erzählt, wobei zu Beginn jedes Kapitels vermerkt ist, aus welcher Sicht die Handlung gerade erzählt wird. Der Schreibstil ist locker und flüssig und kommt ohne große Erklärung oder Beschreibung aus, wodurch viel Raum für eigene Fantasie ist. Jedoch hätten mir mehr Beschreibungen im Buch sehr gut gefallen, dafür hätte das Buch gerne um 100 bis 120 Seiten länger ausfallen dürfen. Immer wieder gibt es unerwartete Wendungen in der Geschichte, gegen Ende hin ist es mir jedoch schon fast zu viel an Zufällen, die Motive der bösen Charaktere bleiben während der gesamten Handlung verborgen, was viele Charaktere aus meiner Sicht flach erscheinen lässt. Hier hätte weiter Spannung aufgebaut werden können, ebenso wären die Figuren besser im Gedächtnis geblieben für den zweiten Band, der jedoch erst im Herbst 2019 erscheint. Bis dahin werde ich mich sicher nicht mehr detailliert genug erinnern können, um das Lesen fortzusetzen.
Da ich nicht weiß, wie viele Bände geplant sind, werde ich auf jeden Fall das Ende der Serie abwarten, um dann die Folgebände in einem Rutsch lesen zu können – wenn jährlich ein Band erscheint, dann ist die Vergessenskurve bei mir zu ausgeprägt – Bücher lese ich nur im Ausnahmefall doppelt.
Fazit: Ein guter Auftaktband einer Serie, der gerne noch mehr Tiefe und mehr Erklärungen hatte beinhalten dürfen.