Erinnerungsfetzen gesucht –Düsteres Psychothrill-Debüt mit interessanten Protagonisten
Eigentlich hat Laine Moreno längst aufgegeben. Seit zehn Jahren versucht die 23-Jährige zu vergessen, was man ihr angetan hat: Wie sie als Kind entführt und drei Jahre lang missbraucht wurde, bis ihr hochschwanger ...
Eigentlich hat Laine Moreno längst aufgegeben. Seit zehn Jahren versucht die 23-Jährige zu vergessen, was man ihr angetan hat: Wie sie als Kind entführt und drei Jahre lang missbraucht wurde, bis ihr hochschwanger die Flucht gelang. Dass man ihren Peiniger nie gefasst hat, weil sie sich nicht erinnern konnte. Dass ihre Tochter zur Adoption freigegeben wurde.
Doch als Laine eines Tages an einem Vermisstenplakat vorbeistolpert, starrt ihr die Vergangenheit mitten ins Gesicht: Die Gesuchte – Olivia Shaw, 10 Jahre alt – ist praktisch ihr Ebenbild. Um Olivia zu retten, muss Laine sich ihren Dämonen stellen – und einer Wahrheit über die Entführung, die sie zerstören könnte.
Die Autorin:
Nina Laurin, zweisprachige Kanadierin, studierte Creative Writing an der Concordia University in Montreal, wo sie derzeit auch lebt. Sie hat verschiedene Short Stories in Magazinen und Anthologien veröffentlicht. Ihre Gedanken über Bücher sind zu lesen unter: https://thrillerina.wordpress.com/blog/.
Reflektion:
Erst beim Schreiben der Rezension wird mir noch mal bewusst, dass es sich bei dem Psychothriller ESCAPE um ein Debüt handelt. Das erklärt, dass dieses Buch zwar recht spannend unterhält, aber der Feinschliff des Stils noch etwas auf der Strecke bleibt. Insgesamt aber, hat mich dieser Psychothriller sehr gut unterhalten, so dass ich mit Vorfreude einem weiteren Roman der kanadischen Autorin entgegensehe.
ESCAPE spielt fast ausschließlich in einer düsteren Stimmung. Diese entspricht gänzlich nachvollziehbar den Gedanken der Hauptfigur Laine, die drei Jahre lang in einem Keller gefangen gehalten und missbraucht worden ist. Heute, zehn Jahre nach ihrem Entkommen, quält sie sich beziehungslos regelrecht durch den Alltag. Sie versteckt ihre körperlichen Narben, lebt zurückgezogen und hinterlässt bei jedem dem sie begegnet einen äußerst unsympathischen Eindruck. Dies ist auch ein Schutzmechanismus, um niemanden zu nah an sich heran zu lassen. Die gewollt unsympathisch und menschenscheu gezeichnete Figur schleicht sich also nicht in die Herzen der Leser, doch mit voranschreiten der Handlung begreift man, warum die Tablettensüchtige Ella auch emotional derart vom Leben gezeichnet ist.
Laine ist überzeugt, dass ihr Entführer eines Tages wieder zuschlagen wird und sie im Keller ersetzen wird. Daher wälzt sie Vermisstenanzeigen, tummelt sich in Internet-Chats vergleicht Merkmale der Vermissten, bis sie sich sicher ist, dass er es nicht war.
Und dann plötzlich gibt es einen neuen Vermisstenfall. Laine ist sich sicher, dass er es war. Die von ihr angelegten Merkmale stimmen überein und sie weiß, dass nur sie dieses Mädchen retten kann.
Die Handlung wird von einem knisternden Spannungsfaden durchzogen. Nur kleinere, kaum nennenswerte Längen stören den Lesefluss, aber immer wieder hat man das Gefühl, es würden Dinge nicht harmonisch zu Ende erzählt. Dadurch erscheint die Story etwas unausgeglichen, aber dennoch habe ich dieses Buch fast wie einen Pageturner empfunden, da der Nervenkitzel, wohin die Reise geht einfach so angenehm geheimnisvoll und unvorhersehbar erschien. Für einen richtig guten Psychothrill fehlen diesem hier noch etwas Tempo und einige Nuancen Spannung und Thrill, aber dennoch gelingt es der Autorin, den Leser durch einen geschickten psychologischen Aufbau bis zum Schluss zu fesseln.
Fazit und Bewertung:
ESCAPE ist das Debüt der kanadischen Autorin Nina Laurin. Für einen richtig guten Psychothriller fehlen zwar noch einige Nuancen Thrill und Spannung, dennoch darf man einen psychologisch geschickt aufgebauten Thriller in düsterer Stimmung erwarten, der auf Grund der Unvorhersehbarkeit und interessanter Charaktere bis zu Letzt fesselt.
©nisnis-buecherliebe.de