Lia und Raymond
Im Mittelpunkt des vierten (und vermutlich letzten) Teils der Geraldines-Reihe steht Basilia de Clare, die sich am liebsten Lia nennt.
Sie wächst als Tochter des normannischen Ritters Richard de Clare ...
Im Mittelpunkt des vierten (und vermutlich letzten) Teils der Geraldines-Reihe steht Basilia de Clare, die sich am liebsten Lia nennt.
Sie wächst als Tochter des normannischen Ritters Richard de Clare und der walisischen Magd Elen im von den Normannen besetzten Striguil in Wales auf. Während ihrer Kindheit fühlt sie sich keinem der beiden Völker wirklich zugehörig und hat mit der Ablehnung durch die Dorfbewohner zu kämpfen. Einzig in Raymond le Gros, einem Mitglied der berühmten Familie der Geraldines, findet sie einen Verbündeten.
Ihr Leben nimmt eine bedeutende Wendung, als ihr Vater sie nach Irland holt, wo er seine Macht festigen und ausbauen will. Dazu dient auch seine Ehe mit der irischen Prinzessin Aoife, welche allen politischen Hintergedanken zum Trotz sehr glücklich verläuft. Auch Basilia freundet sich bald mit ihrer nur wenig älteren Stiefmutter an.
Endlich scheint sie an einem Ort angekommen zu sein, wo sie glücklich sein kann. Doch dann verheiratet ihr Vater sie mit einem Mann, den sie verabscheut, obwohl er weiß, dass ihr Herz für Raymond schlägt.
Wie schon in den Vorgängern, handelt es sich auch diesmal bei den meisten Protagonisten um reale historische Persönlichkeiten. Da die sie betreffenden überlieferten Fakten häufig eher spärlich sind, hatte die Autorin aber viel Spielraum für ihre eigenen Interpretationen.
Die Geschichte wird aus Lias Perspektive erzählt. Ich konnte mich dabei gut in sie hineinversetzen und mit ihr mitfühlen und häufig mitleiden. Es ist schön zu beobachten, wie sich ihre Persönlichkeit verändert, sie immer mehr Selbstbewusstsein gewinnt und ihr Schicksal aktiv bestimmen will, und mitzuverfolgen, wie sich ihre Beziehungen zu Raymond und auch anderen Personen in ihrem Umfeld entwickeln.
Sämtliche Protagonisten sind lebendig und nachvollziehbar gezeichnet, mit positiven wie negativen Eigenschaften ausgestattet, ohne allzu viel Schwarz-Weiß-Malerei.
Doch nicht nur Lias Werdegang sorgt für einige Spannung, die Handlung ist auch vor einem sehr interessanten Hintergrund angesiedelt. Das Bestreben der Engländer, sich in Irland zu etablieren, wird von einigen Problemen und immer wieder gewaltsamen Auseinandersetzungen begleitet. Etwas gefehlt hat mir hierbei jedoch die Darstellung der irischen Seite. Die Iren sowie auch die dort siedelnden Ostmänner kommen nur als Feinde oder – oftmals unzuverlässige – Verbündete der Normannen vor. Ihre eigenen Standpunkte bzw Rechte werden kaum thematisiert. Aber natürlich kann man von einem Roman keine Objektivität erwarten.
Die Lektüre gestaltete sich jedenfalls unterhaltsam und fesselnd, und ich bin schon gespannt, wohin Sabrina Qunaj uns als nächstes entführen wird.