Das Leben geht weiter
Louisa und Will waren für sechs Monate zusammen, ihre Geschichte hat in "Ein ganzes halbes Jahr" viele Menschen berührt. Dieses halbe Jahr hat auch die Beiden verändert, so dass Louisa erst mal aus ihrem ...
Louisa und Will waren für sechs Monate zusammen, ihre Geschichte hat in "Ein ganzes halbes Jahr" viele Menschen berührt. Dieses halbe Jahr hat auch die Beiden verändert, so dass Louisa erst mal aus ihrem Leben fliehen musste, nachdem Will tot war. Sie reiste viel, kaufte eine Wohnung in London, hatte aber immer noch einen Job, den sie nicht mochte und kaum ein Sozialleben - also bei nicht wirklich das Leben, das Will sich für sie gewünscht hätte. So kommt sie auch aus ihrer Trauer nicht heraus, bis es eines Tages an ihrer Tür klingelt und sich damit so einiges verändert.
Ich muss sagen, dass ich sehr überrascht und gleichzeitig skeptisch war, als die Fortsetzung auf den Markt kam. "Ein ganzes halbes Jahr" hat nach meinem Empfinden enorm vorgelegt was die Beschäftigung mit dem Thema "Assistierter Suizid" anging, dass ich mir kaum vorstellen konnte, wie ein Nachfolger da heranreichen sollte. Ich kann auch schlecht beurteilen, inwieweit das gelungen ist, weil "Ein ganz neues Leben" dieses Thema nicht mehr als solches anschneidet bzw. nur durch den Verweis darauf, dass Wills Vorgehen in der Presse behandelt wurde und es aus der Bevölkerung einige Reaktionen gab, die oft von wenig Verständnis zeugten.
"Ein ganz neues Leben" behandelt stattdessen das Thema "Trauer und Weiterleben", also wie vor allem Louisa mit dem Verlust umgeht. Ungefähr das erste Drittel des Buches befasst sich damit, wobei dieser Teil des Buches dadurch recht zäh wird. Louisa lebt ihr Leben, das aber in erster Linie aus Arbeit besteht, mit der sie nicht glücklich ist und ansonsten damit, dass sie in ihrer Trauer feststeckt. Sie geht zwar in eine Trauergruppe, aber so richtig helfen tut ihr das auch nicht. Erst, als ihr Leben ziemlich auf den Kopf gestellt wird, kommt die Handlung in Fahrt und damit wird auch das Buch zu dem Pageturner, wie auch "Ein ganzes halbes Jahr" es war.
Was ich sehr interessant fand, ist, dass sich das Leben aller Beteiligten nach Wills Tod geändert hat, zum Teil sehr (wie bei seinen Eltern). Auch ihre Trauer wird dargestellt, allerdings sehr kurz, was ich zum Teil schade fand. In Louisas Familie gibt es auch Veränderungen, aber ziemlich kleine. Wie zu erwarten dreht sich hier alles um Louisa, die in diesem Buch nun mal die alleinige Hauptperson ist.
Wie gesagt liest sich das Buch im ersten Drittel eher zäh. Das heißt nicht, dass man nicht mit Louisa lebt und leidet - ich zumindest konnte ihre Trauer sehr gut nachvollziehen und habe mit ihr gelitten, aber auch um sie getrauert, die sie nun ein eher ätzendes Leben ohne Will führt. Gleichzeitig gab es einige Momente, in denen ich ihr gerne in den Hintern getreten hätte. Umgekehrt hatte ich auch einige Situationen, in denen ich nur noch den Kopf schütteln konnte über ihr Verhalten. Dabei war die Handlung allerdings nie so absurd, dass ich das Buch abgebrochen hätte, zumal sie ab einem bestimmten Punkt ziemlich Fahrt aufnahm, so dass das Buch sich deutlich flüssiger las und ich einfach nur noch wissen wollte, wie es weitergeht.
Für mich hat "Ein ganz neues Leben" nie an den Tränenkanälen gerührt, stattdessen war es für mich im ganzen betrachtet ein sehr lebensbejahendes Buch. Zu Beginn denkt man das vielleicht noch nicht, aber mit den Wendungen, die kommen, zeigt es, wie viel von seinem Lebensglück man selbst in der Hand hat. Gerade das Ende fand ich ein Stück weit überraschend (auch wenn ich gehofft hatte, dass es so kommt) und einfach gelungen.
Fazit: Anders als der Vorgänger, auf auf jeden Fall lesens- und empfehlenswert!