Justin ist zwölf Jahre alt, als er von einem Skate-Ausflug nicht nach Hause zurückkehrt.
Justin wurde entführt.
Entdeckt von einer aufmerksamen Trödlerin taucht er nach vier Jahren wieder auf.
Justins Heimkehr erzählt die Geschichte der texanischen Familie Champbell, wie sie nach der Entführung lebt und wie sich ihr Leben erneut verändert, als Justin wieder im Kreise der Familie weilt.
Der Autor:
Bret Anthony Johnston, 1971 geboren, veröffentlichte den Erzählungsband "Corpus Christi" (2004), gab 2008 den Band "Naming the World and other Exercises for the Creative Writer" heraus und schrieb das Drehbuch zum Dokumentarfilm "Waiting for Lightning" (2012). "Justins Heimkehr" ist sein Romandebüt. Johnston unterrichtet Fiction Writing an der Harvard University.
Reflektionen
Sehr schnell beeindruckten mich der Stil und die ausdrucksstarke Sprache dieses Debüt-Romans. Der Stil ist von einem Talent geprägt, das Dinge bis in kleinste Details präsentiert, wie als wenn man einen Blick über seine Umgebung gleiten lässt und bei jedem Detail den Blick anhält, um das Gesehene in seinen Gedanken zu speichern.
Die Fähigkeit zu so einem Stil empfinde ich als beeindruckend, wenn sie nicht im Vordergrund steht, sondern maßvoll die Handlung bereichert. Das war auf den 424 Seiten leider nicht immer der Fall.
Bret Anthony Johnston erzählt die Geschichte der Familie Champbell, deren Leben sich nach der Entführung des zwölfjährigen Sohnes Justin von Grund auf verändert und wie jedes Familienmitglied mit diesem schockierenden Erlebnis umgeht. Sie kämpfen alltäglich und versuchen klarzukommen, um einen einigermaßen normalen Alltag leben zu können. Nach vier Jahren kehrt Justin heim und auch dieses doch so positive Ereignis verändert die Familie erneut.
In diesem Roman geht es hauptsächlich darum, wie jedes einzelne Familienmitglied die Zeit nach der Entführung und der Heimkehr empfindet und erlebt. Der Autor schreibt von ihrem Leid und der Trauer, von ihrer Rücksichtnahme anderen Familienmitgliedern gegenüber, wie man sich untereinander im Verhalten toleriert, sich gegenseitig in Watte packt und vor allem, wie sie denken.
Sie driften als Familie auseinander und harmonisieren wieder miteinander, aber sie kämpfen und leiden unerbittlich, jeder auf seine spezielle Weise.
Bret Anthony Johnston entwickelt die authentischen Figuren mit psychologischem Fingerspitzengefühl und bereichert sie durch eine charakterliche Tiefe, die emotional sehr berührt. Es ist erschreckend zu lesen, wie sich die Figuren unter dem Schock der Entführung verändern und nach der Heimkehr Justins noch einmal.
Bret Anthony Johnston schreibt ansehnlich und spannend und dennoch genügte mir das nicht, um einen absoluten Lesegenuss zu empfinden. Ich empfand manche Kapitel zwischendurch fast als nichtssagend und so las und blätterte ich in der Hoffnung, dass endlich mehr passierte. Doch es geschah kaum etwas außer der Figur bezogenen Aktivitäten und der Teilhabe an ihren Gedankengängen.
Mir fehlten definitiv mehr Informationen zur Entführung, zum Täter und zum Motiv. Als Leser kann man nur erahnen, was Justin grausames Erlebte. Persönlich tritt der Täter nicht einmal in Erscheinung und so las sich dieser Roman für mich eher wie ein bitteres, dramatisches Familienportrait. Die Erzählkunst des Autors ohne eine aktionreiche Kette von Ereignissen anführen zu müssen ist das Besondere an diesem Roman, nur mich persönlich konnte er dadurch nicht bis in jeden Winkel begeistern.
Fazit und Bewertung:
Ein beeindruckender Debütroman über das Davor und Danach einer Entführung. Ein dramatisches Familienporträt in eindrucksvollem Stil und in besonderer Sprache. Meine Empfehlung geht an Romanliebhaber.