Schonungslos ehrlich, authentisch, spannend.
Dieses Mal gibt es die Rezension in Interviewform:
Welche (spoilerfreie) Szene ist dir am meisten im Kopf geblieben?
Ich werde vermutlich nicht vergessen, wie Lexi in die Klinik gekommen ist. Ihre Aufnahme ...
Dieses Mal gibt es die Rezension in Interviewform:
Welche (spoilerfreie) Szene ist dir am meisten im Kopf geblieben?
Ich werde vermutlich nicht vergessen, wie Lexi in die Klinik gekommen ist. Ihre Aufnahme dort erinnerte mich an die Aufnahmen der Kids, die notfallmäßig zu uns kommen, nur dass sie (in der Regel, aber mich schockt mittlerweile nichts mehr) nicht unter Drogen stehen und einen Entzug durchmachen müssen. Viel mehr geht es bei uns darum, Eigen- oder Fremdgefährdung zu reduzieren und die Krisensituationen gemeinsam zu bewältigen. Lexi wehrte sich total gegen die Aufnahme, wollte nicht bleiben, beleidigte und bedrohte die Mitarbeiter dort. Sie zeigte sich weder einsichtig, noch kooperativ, und genau das kommt mir sehr bekannt vor. Nach einiger Zeit konnte sie sich dann doch auf die Therapie einlassen und stellte fest, dass es gar nicht so schlimm ist, wie gedacht – was mich ebenfalls an meine Arbeit erinnert.
Was waren deine ersten Gedanken, als du das Buch beendet hast?
Ich war auf jeden Fall total beeindruckt aufgrund der unerwarteten Tiefgründigkeit, des metaphorischen, schonungslosen Schreibstiles und der Authentizität, die jeder einzelne Charakter und seine Geschichte mit sich gebracht hat. Die Sprache ist auf jeden Fall sehr derb – wie die Protagonistin Lexi selber zu Beginn. Das Buch ist keinesfalls eine locker leichte Jugendliteratur, denn es behandelt schwierige Themen wie Drogenmissbrauch, Essstörungen und selbstschädigenden Verhaltensweisen.
Hattest du das Gefühl, dass die Thematik entsprechend ernstzunehmend angegangen wurde?
Auf jeden Fall! Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass die geschilderten Aspekte oder Situationen verharmlost oder zu humorvoll dargestellt wurden, ganz im Gegenteil. Durch die schonungslos ehrliche Sprache kamen die Themen wahnsinnig authentisch, ernst, eindrucksvoll, teilweise dramatisch und vor allem glaubhaft rüber. Ich konnte mich gut in die Figuren hineinversetzen, allen voran Lexi, und fühlte mit ihnen mit – ob ich wollte, oder nicht.
Stimmt die Geschichte mit deinen Erwartungen überein?
Glücklicherweise habe ich so gut wie nie Erwartungen an Filme, Bücher und Serien, somit werde ich auch nur selten davon enttäuscht. Erhofft hatte ich mir jedoch eine jugendliche, berührende Geschichte, die mich thematisch mitreißt. Und genau so war es auch. Clean konnte mich sogar positiv überraschen, da ich nicht mit einer derartigen Wortkunst gerechnet hätte, es gab so viele ausgefallene, großartige Metaphern, dass mir die Post Its beim Lesen ausgegangen sind.
Wenn du Juno Dawson als Antwort auf dieses Buch einen Brief mit 5 Sätzen schreiben könntest, wie würde er aussehen? (FAZIT)
Liebe Frau Dawson,
ich danke Ihnen vielmals für diese eindrucksvolle Geschichte, die mich begeistern konnte. Ich schätze Ihre Recherchearbeit sowie Ihren Einsatz für die LGBTQ-Community. Jetzt bin ich auf jeden Fall sehr gespannt auf Ihre anderen Werke und werde sie sicherlich bald kaufen & lesen. Ich würde mir wirklich wünschen, dass es noch viel mehr solcher Bücher gibt, die den Menschen ein Stück weit die Augen öffnen, die Auseinandersetzung fördern und ihnen derartige Themen näher bringen. Gerade die Authentizität, die Schonungslosigkeit und die bildhaften Vergleiche haben mich beeindruckt.
Danke an den Carlsen Verlag für das Rezensionsexemplar.