Ich kannte Dora Heldt bisher nur aus eher leichten und lustigen Büchern und bin überrascht, dass sie hiermit auch in einem etwas anderen Genre ein für meine Begriffe sehr lesenswertes Buch geschrieben hat.
Ausgangspunkt sind vier – ursprünglich unzertrennliche – Freundinnen (Marie, Jule, Friedericke und Alexandra), die seit ihrer Kindheit quasi als Freundschaftskleeblatt viele unbeschwerte Tage am Haus am See verbrachten, welches Maries Familie gehört. Doch nun ist bereits seit zehn Jahren nach einem Streit fast jeglichen Kontakt abgebrochen – dies lässt vermuten, dass etwas sehr Schlimmes passiert sein muss.
Gelungen ist die Gliederung in die einzelnen Kapitel, die aus der jeweiligen Perspektive der vier, ihren Alltag, als auch die Verbindung zueinander und ihre Sicht der Dinge schildern.
Man sieht die Hauptfiguren förmlich vor sich, mit ihrem jeweiligen Charakter und Eigenheiten und erfährt sehr viel von den vier Frauen – auch von ihrem Lebensumfeld - und kann sie dadurch sehr gut einschätzen. Eine jede hat irgendwie ihr Päckchen zu tragen.
Es wird durch den Bruch (und das Geheimnis darum) der vier Freundinnen eine Spannung aufgebaut, welche auch über die erste CD hinaus anhält.
Marie, die sanfte und gefühlvolle, hinterlässt nach ihrem Tod den drei verbliebenen ein schweres, allerdings sehr gut durchdachtes Erbe: alle drei erben das Haus am See – daran ist jedoch die Bedingung geknüpft eine Zeit lang – wie früher – zu Pfingsten jeweils einige Tage gemeinsam (!) miteinander zu verbringen.
Diese Idee des Versöhnungsversuchs ist von Marie sehr gut gedacht, obwohl man sich durchaus vorstellen könnte, das sich einige verbiegen würden, nur um an diese Erbschaft zu kommen, die ja einiges wert ist. Doch im Lauf der Handlung bekommt man mit, dass alle drei abgeneigt bis ablehnend darin sind, Maries letzten Wunsch zu erfüllen.
Es ist sehr traurig zu hören, wie die einst so feste Freundschaft der Vier zerbrochen ist. Die Schilderung ihrer ganzen gemeinsamen Erlebnisse, so etwas kann man doch nicht einfach wegwerfen.
Immer mehr kristallisiert sich heraus, das Marie – trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Krankheit - die einzig richtig Glückliche und Lebensbejahende in diesem Quartett ist (herrlich ist ihr Begriff der „Lebensliebe“). Und nach und nach wird die Belastung der anderen immer deutlicher – die sich teils in ihrem jetzigen Leben selbst belügen. Und Ursprung allen Leids scheinen die Männer zu sein.
Über die Ursache des Bruchs und des großen Schweigens bin ich etwas enttäuscht. Da ist es wieder das allbekannte Problem und Ursache vielen Übels: man deutet in Beobachtungen oder Gesagtes Dinge hinein, die so gar nicht stimmen. Aber anstatt es zu hinterfragen, zieht man seine eigene Schlüsse und richtet sein Verhalten danach aus. Das ist sehr schade – und wahrscheinlich „von außen“ betrachtet viel einfacher zu erkennen, als bei sich selbst.
Sehr berührend wiederrum ist jedoch Maries Glauben an die Freundschaft und ihre „Regieanweisung“, alles zu ermöglichen, das die drei Zerstrittenen sich wieder annähern und überhaupt erst einmal wieder miteinander reden – was ihr letztendlich auch gelungen ist.
Dies ist ein sehr tiefsinniges Buch über Freundschaft, Vertrauen, Liebe und Zusammenhalt. Es hat mich selbst sehr oft zum Nachdenken und der Reflexion des eigenen Verhaltens angeregt – deshalb gibt es von mir dafür eine klare Leseempfehlung!