Religiöse Lebenswelt im 10. Jahrhundert
Wie es Titel und Kladdentext bereits aussagen geht es um die Darstellung des Lebens der Heiligen Wiborada.
Zum Leben der Heiligen selbst gibt es zwei historische Quellen, beide jedoch erst nach deren ...
Wie es Titel und Kladdentext bereits aussagen geht es um die Darstellung des Lebens der Heiligen Wiborada.
Zum Leben der Heiligen selbst gibt es zwei historische Quellen, beide jedoch erst nach deren Tod verfasst. Für das 10. Jahrhundert ist das nicht ungewöhnlich – und so hatte die Autorin genügend Raum, um durch Recherchen rund um die Lebenswelt Wiboradas einen in sich sehr stimmigen Roman zu erschaffen.
Sehr gelungen fand ich den Kreis, den die Autorin erschuf, indem sie mit einem Ungarneinfall in der Kindheit die Lebensgeschichte der Heiligen beginnt und schlussendlich auch beendet. Das finde ich sehr gelungen.
Doch gleich nach dem traumatischen Kindheitserlebnis Wiboradas begann das Buch für meinen Geschmack zu schwächeln. Denn bis zum Antritt der Pilgerreise nach Rom schildert die Autorin sehr stark die religiöse Seite und Verklärtheit Wiboradas. Dabei lässt die Autorin Wiborada sehr, sehr viele Psalmen rezitieren, die sie Original in Latein und anschließend dann übersetzt wiedergibt. An und für sich finde ich das nicht schlecht, es war mir nur einfach viel zu viel und zu wenig Handlung neben der religiösen Verklärung.
Doch mit der Reise nach Rom bis zum Ende des Buches hin relativiert sich dann alles. Die Autorin lässt viel mehr Einblick in die Lebenswelt des 10. Jahrhunderts einfließen. Die Schwierigkeiten, die die Kirche in dieser Zeit hatte, ihr schwindender Einfluss, das Wiedererstarken alter Gebräuche im Alltag der einfachen Bevölkerung. Besonders schön fand ich dann auch die Darstellung Wiboradas als eine Frau, die das starke Bedürfnis hatte ihre eigene Religiosität zu leben, ohne dabei den Bezug zu der sie umgebenden Wirklichkeit zu verlieren.
Den Schreibstil der Autorin finde ich sehr gut. Es gelingt ihr mittels Sprache sehr intensive Charaktere zu generieren, die auch noch nach dem Lesen einen starken Nachklang bei mir hinterlassen haben.