Deutschland im April 1945: Das „Tausendjährige Reich“ liegt nach nur 12 Jahren der Diktatur in Trümmern. Inmitten dieses Schutthaufens treffen zwei völlig unterschiedliche Menschen in Köln aufeinander: der grobschlächtige ehemalige Polizei-Wachtmeister Hadrigan „Hardy“ Schmittgen und die junge Luisa Porovnik, die, dem Elend und der Gewalt in Berlin zu entkommen, nach Köln zu ihren Verwandten geflüchtet ist. Onkel und Tante sind ermordet worden und Hardy hütet deren Wohnung und vor allem die Schnapsvorräte.
Ihre triste Situation ändert sich schlagartig, als die beiden dem Verbindungsoffizier des britischen Militärgouverneurs, Reginald Taylor, das Leben retten. Taylor nimmt das ungleiche Duo in seine Dienste, um einige heikle Aktionen, zu organisieren. So erhalten Hardy und Luisa den Auftrag, den von den Nazis „vor den fremdem Mächten in Sicherheit gebrachten“ „Dreikönigsschrein“ wiederzubeschaffen. Dieser Schrein soll für die Menschen in Köln ein Zeichen des Wiederaufbaus bzw. „des guten Willens“ der westlichen Besatzer sein.
Das Wagnis gelingt und die beiden erhalten Vergünstigungen sowie eine Menge Geld, weitere Coups eingeschlossen. Doch nichts ist, wie es scheint. Das Duo verstrickt sich immer weiter in die Rangeleien um die Vorherrschaft im Nachkriegsdeutschland. So werden sie während der russischen Blockade (Juni 1948- Mai 1949) nach Berlin geschickt, um brisantes Material zu besorgen.
Als Hardy und vor allem Luisa entdecken, dass man ein falsches Spiel mit ihnen treibt, geraten sie in akute Lebensgefahr.
Meine Meinung:
Wie wir es von Sebastian Thiel gewöhnt sind, entführt er uns mit seinem eindringlichen Schreibstil in die Welt des Nachkriegsdeutschlands. Geschickt verknüpft er Fiktion mit historischen Ereignissen und Personen, die penibel recherchiert sind. So spielt der ehemalige Oberbürgermeister und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer eine Rolle im Hintergrund.
Sehr eindrucksvoll sind die Lebensumstände der Menschen im Chaos nach 1945 beschrieben. Der bildhafte Schreibstil lässt einen den Gestank der Leichen unter den Trümmern und den Staub der Ruinen in die Nase wehen. Viele Bewohner machen die Alliierten für ihr Elend verantwortlich und nicht den Schreihals, dem sie 12 Jahre jubelnd gefolgt sind. Da hinterlässt die Szene, in denen die Amerikaner den Deutschen die Leichenberge aus den Konzentrationslagern zeigen, ein ordentliches Schauergefühl. Viele können diese Massenmorde nicht glauben.
Gut ist dem Autor auch gelungen, die Parallelwelten dieser Zeit einzufangen: da die Hungernden dort die Schmuggler und Schieber, die sich am Elend (wieder einmal) bereichern. Auch die oft zwielichtige Rolle der Alliierten kommt zur Sprache. Besonders als bekannt wird, dass die Teilung Deutschlands eine ausgemachte Sache ist. Nebenbei finden die Geheimdienste von Ost und West eine Spielwiese vor. Nicht immer ist klar, wer für welches Land arbeitet. Die Wölfe im Schafspelz sind überdurchschnittlich vortreten.
Die beiden Charakter Hardy Schmittgen und Luisa Porovnik könnten unterschiedlicher nicht sein. Obwohl es manchmal opportun erscheint, dass Hardy die „Beschützerrolle“ übernimmt, ändert sich das im Laufe der Handlung. Während Hardy
Schmittgen eher mit den Fäusten kämpft, setzt Luisa ihr Köpfchen oder subtilere Methoden ein. Luisa, die mit 14 Jahren ihre Eltern verloren und sich alleine die 600km von Berlin nach Köln durchgekämpft hat, ist der intelligentere Teil des Duos. Sie riecht den Braten früher, doch Hardy hört nicht immer auf sie. Sehr spannend und subtil ist ein feines Knistern zwischen den beiden zu spüren. Doch ob Hardy, der im Bombenhagel seine Ehefrau und seiner Tochter (die jetzt gleich alt wie Luisa wäre) verloren hat, diesem zarten Gefühl nachgibt, bleibt der Fantasie der Leser überlassen. Manchmal erinnert er sich, dass Luisa seine Tochter sein könnte. Luisas Bemerkungen deuten an, dass sie in Hardy nicht nur einen Ersatzvater sieht.
Stellenweise gleicht der Krimi dem Tanz auf dem Vulkan. Mehrmals steht Deutschlands weiteres Schicksal an der Kippe.
Fazit:
Ein sehr realistischer Bild der Nachkriegszeit und dem Tanz auf dem Vulkan, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.