Dieses Buch über die weitverzweigte Familie der Windsors ist anlässlich der 200. Geburtstage von Königin Victoria (24.05.1819) und ihres Gemahls Albert von Sachsen – Coburg & Gotha (26.08.1819) herausgegeben.
Autor Mark Grinsted entführt seine Leser an Deutschlands Fürstenhöfe. Unsere Reise durch die Geschichte beginnt 1757 mit Fürstin Auguste Caroline Sophie von Sachsen – Coburg & Gotha und endet mit der Ermordung von Alexandra Romanowa, der letzten Zarin, einer Enkelin von Königin Victoria.
Dazwischen stehen jede Menge Töchter und Söhne der Coburger, die wie Import/Export-Ware an andere Königshäuser oder an das Zaren-reich regelrecht verhökert worden sind. Wie in Adelshäusern üb-lich, ist das persönliche Glück völlig nebensächlich. Hier herrscht dynastisches Denken rund um Land- und Machtgewinn vor.
Meine Meinung:
Der Hauptteil dieses knapp 700 Seiten umfassenden Buches ist Königin Victoria gewidmet. Das ist meiner Meinung nach gleichzeitig Stärke und Schwäche des Werks. Da Victoria zeit ihres langen Lebens Tagebuch geführt hat und tausende von Briefen geschrieben hat, sind die hier Grundlage. Manchmal werden diese außergewöhnlich gut recherchierten (und vom Autor selbst übersetzten) Quellen nur durch wenige, fast dürr wirkende Sätze verbunden. Der erste Teil, also vor dem Auftritt von Victoria, hat mir ein wenig besser gefallen, weil er mehr rundum Informationen beinhaltet.
Natürlich ist Victoria eine beeindruckende Persönlichkeit, dennoch habe ich mich von dieser detaillierten Fülle fast erschlagen gefühlt, zumal ich schon mehrere Bücher über jene Frau gelesen habe, die Mutter bzw. Großmutter mehrerer Königinnen und Kaiserinnen war.
Autor Mark Grinsted ist britischer und deutscher Staatsbürger und hat alle jene Quellen, die noch nicht in deutscher Sprache vorgelegen sind, selbst übersetzt. Die englischen Originaltexte sind als Fußnote nach jedem Kapitel angehängt. Zu Beginn habe ich diese noch gelesen. Das hat meinen Lesefluss dann ein wenig gestört, weshalb ich dann nur noch die deutschen Texte gelesen habe, die sehr gut übersetzt worden sind.
Drei Dinge muss ich allerdings anmerken:
Zum einen hat mich die Figur der Ärztin Charlotte Heidenreich von Siebold (1788-1859), die sowohl bei Victorias als auch bei Alberts Geburt dabei war, angetriggert. Der Autor erwähnt dies bei der Erstellung der Leserunde. Über diese Frau hätte ich gerne mehr gelesen, doch sie verschwindet im Dunkeln der Geschichte.
Das zweite ist das doch eher abrupte Ende dieses Buches mit dem Schicksal der Alexandra Romanowa. Hier hätte ich mir noch die Überleitung zu dem aktuellen Windsors gewünscht. Zumal ja Elizabeth II. nicht nur selbst aus dieser Dynastie stammt sondern ihr Gemahl, Prinz Philipp ein Battenberger (Mountbatten) ist. Aber, das ist natürlich Meckern auf hohem Niveau.
Und als drittes: Ganz klar fehlt, vor allem ob der verzwickten Familienverhältnisse sowie der zahlreichen Alberts, Victorias oder Edwards, ein Stammbaum. Selbst innerhalb der Familie(n) hat man die Personen nicht immer auseinanderhalten können und Nicknames vergeben.
Gut gelungen ist die Auswahl an Fotos von den Personen selbst oder von Gemälden, die hier abgedruckt sind. Hier kann man sich ein Bild von den beschriebenen Persönlichkeiten machen, obwohl es sich um offizielle Fo-tos/Bilder handelt, auf denen die Menschen eher steif wirken.
Fazit:
Ein sehr detailreiches, penibel recherchiertes Werk über die engen ver-wandtschaftlichen Verhältnisse zwischen England, Deutschland und Russ-land, die manche gerne vergessen (wollen). Gerne gebe ich 4 Sterne.