„...Wundere ich mich, warum wir sitzen chier erst jetzt. Einmal im Monat, mindestens, kommt Milan nach Chause und chat Verletzungen, weil Adrian ihn chat geschlagen. Wieso wurde nicht angerufen frieher, ...
„...Wundere ich mich, warum wir sitzen chier erst jetzt. Einmal im Monat, mindestens, kommt Milan nach Chause und chat Verletzungen, weil Adrian ihn chat geschlagen. Wieso wurde nicht angerufen frieher, und wenn es immer gab Tadel für solche Gewalt, warum hat Adrian erst zwei Tadel bis jetzt?...“
Wanka ist im Zeugenschutzprogramm gelandet. Sie muss ihren Namen ändern und Russland verlassen. Ihre neue Heimat ist Deutschland. Und dann wird sie auch noch verpflichtet zu heiraten. Vladimir ist eigentlich Pole. Er hat zwei Kinder, den 12jährigen Milan und die 14jährige Kaja.
Die Autorin hat einen humorvollen Gegenwartsroman geschrieben. Das heißt, humorvoll ist er für mich als Leser, für die Protagonistin eher weniger. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Wanka muss alles zurücklassen, was ihr lieb und teuer war. Das Leben in Deutschland bedeutet für sie einen absoluten Neuanfang. Sie kann zwar etwas Deutsch, aber das Alltagsleben ist ihr seltsam fremd. Das geht schon bei der Vorstellung los. Warum nennt ihr niemand den Vatersnamen? Und die erste Autofahrt als Beifahrerin beschreibt sie so:
„...Von Russlands Magistralen bin ich ja einiges gewohnt, aber nicht in diesem Tempo. Da gibt es zwar Regeln, an die sich keiner hält, aber hier geht alles so schnell, dass man die Verkehrsschilder gar nicht erkennen dürfte...“
Verantwortlich für ihr Wohlergehen ist Herr Lehmann. Der Mann ist eine völlige Fehlbesetzung. Er glaubt, Wanka als Bittstellerin behandeln zu können. Dabei erwischt er sie allerdings auf dem falschen Fuß.
Ihr erster Job führt sie in eine Sauna. Darauf wurde sie in Russland vorbereitet. Allerdings hat ihr keiner gesagt, dass in Deutschland Männlein und Weiblein zusammen saunieren. Auch die Atmosphäre ist für sie ungewohnt:
„...In Russland geht man in die Sauna, um Freunde zu treffen und zu plaudern, um Neuigkeiten auszutauschen und Geschäftliches zu besprechen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum die alle hier sitzen. Bloß der Hitze wegen?...“
Die kulturelle Unterschiede führen zu manch amüsanten Episoden. Wie das Eingangszitat zeigt, nimmt Wanka kein Blatt vor dem Mund. Übrigens hat ihr Besuch in der Schule das Problem gelöst, während Vladimirs Besuche nur kurzfristige Wirkung zeigten.
Ohne ihr Verschulden muss sie immer wieder die Arbeitsstelle wechseln. Klaglos nimmt sie den neuen Job an, auch wenn er schlechtere Bedingungen bedeutet. Dabei erweist sie sich ab und an als kluge Psychologin, was aber nicht anerkannt oder gar nicht gewollt ist. Dafür loten einige Herren gern die Grenzen aus, bis zu denen sie gehen können. Wanka fasst das so zusammen:
„...Mit meinem sechsten Job steht es vier zu zwei für die Unsympathischen. […] Zurückschauend kann ich sagen, dass die beliebten Chefs mit ihren Angestellten arbeiten, statt sie herumzuscheuchen, anzuschreien, vor anderen bloßzustellen oder ihnen zu drohen...“
Gut gegenübergestellt werden die Fest- und Feiertage beider Kulturen.
Ganz behutsam wird aus dem Nebeneinander von Wanka und Vladimir ein Miteinander. Die Kinder gewöhnen sich an ihren unkonventionellen Erziehungsmethoden.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mich nicht nur gut unterhalten, sondern einiges an Wissen über russische Traditionen aufgefrischt. Natürlich wird auch manch Klischee bedient, aber das hält sich in Grenzen. Wanka ist eine sympathische Protagonistin, die sich dem Leben stellt, sich jedoch nicht verbiegen lässt. So sind ihre Gespräche mit der streitsüchtigen Nachbarin eine der Höhepunkte des Buches.