Die andere Hälfte der Augusta Hope von Joanna Glenn
Joanna Glenns Debüt-Roman war ein Volltreffer, wobei ich gestehen muss das ich anfangs große Probleme hatte der Geschichte zu folgen. Ich bin jedoch froh das ich weiter gelesen habe, denn nach etwa 50 Seiten konnte ich eintauchen und erkennen um was für ein Kleinod es sich bei dem Buch handelt.
In der Geschichte geht es um die Zwillinge Julia und Augusta. Ihren Namen verdanken sie dem Umstand das sie nicht am gleichen Tag das Licht der Welt erblickten. Sieht man die beiden zusammen, so denkt man nicht das sie Zwillinge sind, auch von ihrem Wesen her sind sie total verschieden, aber die Verbundenheit die es bei Zwillingen gibt ist auch bei ihnen vorhanden. Julia ist die ruhigere der beiden und wünscht sich nichts sehnlicher wie ein Haus und eine eigene Familie. Augusta hingegen hat eine große Portion Selbstvertrauen mitbekommen, liebt Wörter und möchte die große weite Welt kennenlernen. Doch alle Träume und Wünsche können sich nicht erfüllen wenn das Schicksal die Fäden in der Hand hält.
Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. In dem einen geht es um Augusta und ihre Familie, im anderen, überraschenderweise, um Parfait. Anfangs hat mich das etwas verwirrt und konnte nicht verstehen wie Parfait in die Geschichte passt, warum er auf einmal auftaucht, aber je weiter ich gelesen habe umso klarerer wurde alles.
Die beiden Protagonisten erzählen ihre Geschichte, einzig von Julia liest man recht wenig – sie spielt zwar eine große Rolle, aber man spürt recht schnell das es eigentlich um Augusta und Parfait geht. Während des Lesens wird mir recht schnell klar das Augusta und Parfait mehr gemeinsam haben wie die Zwillingsschwestern, es gibt viele Verbindungen und Parallelen und ich vermutete das dies kein Zufall war sondern das es noch eine große Rolle spielen würde.
Augusta erzählt von ihrem Leben, von der Familie, dem Ort in dem sie lebt, den Nachbarn und ihren Wünschen und Träumen für die Zukunft. Sie liebt Wörter, Wortspiele, Sprachen, Geschichten,Gedichte und seit sie sieben Jahre alt ist liebt sie das Land Burundi. Nach außen hin wirkt sie wie ein Wirbelwind, die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus und sie sagt was sie denkt. Aber sie besitzt auch ein großes Herz und in diesem hat ihre Schwester einen festen Platz eingenommen. Das Zwillingsband verbindet sie und Julia ist der wichtigste Mensch in ihrem Leben. Ihre Eltern können sie nicht verstehen, nicht nachvollziehen was in ihr vorgeht und man spürt immer wieder wie weh es ihr tut das die Eltern ihren gehorsamen und fügsamen Zwilling bevorzugen. Ihre Eltern sind sehr speziell, nach aussen hin muss alles passen damit sie ja nicht in Veruf kommen und ihre Ansichten sind manchmal wirklich extrem, ebenso ihr Verhalten.
Auf der anderen Seite lernen wir Parfait kennen. Er lebt mit seiner Familie in Burundi in Afrika. Er hat fast die gleichen Interessen wie Augusta und die beiden verbindet das auch er Zwillingsgeschwister hat. Die Unruhen in seinem Land machen ihm schwer zu schaffen und als wieder ein Mitglied seiner Familie stirbt beschließt er, mit seinem kleinen Bruder, nach Spanien zu flüchten und sich dort ein neues Leben aufzubauen. Ein harter und weiter Weg, der auch mit Opfern verbunden ist.
Augusta und Parfait kennen sich nicht und trotzdem spürt man von Anfang an das die beiden etwas verbindet. Während des Lesens hatte ich viele Fragezeichen im Kopf, ich spinnte die Fäden wie wohl alles zusammen passen könnte und mir war recht schnell klar, das die beiden eines Tages aufeinandertreffen werden. Beide Handlungssträngen konnten mich letztendlich in den Bann ziehen. So viele schöne und traurige Momente erlebt man mit Augusta, sehr bewegend wie sie von ihrer Kindheit erzählt und die Unterschiedlichkeit der Zwillinge klar hervorhebt. Es gibt Wendungen und Überraschungen mit denen man im Vorfeld nicht unbedingt gerechnet hätte und man ist immerzu gespannt wann die beiden Handlungsstränge in einen überlaufen werden. Besonders gelungen fand ich das man in die Geschichte die brisanten Themen Flüchtlingskrise und Brexit eingebunden hat,das ich mir vieles auch bildlich vorstellen konnte, aber auch die Hoffnung die in dieser Geschichte immer mitschwingt. Die Hoffnung auf die Erfüllung der größten Träume und Wünsche, die Hoffnung das alles besser wird und es eine glückliche Zukunft geben wird. Ein weiter und langer Weg den unsere Protagonisten gehen müssen, ein Weg der sie oftmals verzweifeln lässt, aber auch einer der ihnen Mut und Kraft gibt.
Diese Geschichte hat letztendlich meine Erwartungen übertroffen. Es ist schwer zu beschreiben was mir beim Lesen durch den Kopf gegangen ist, dieses Buch hat einfach das gewisse Etwas. Es ist ein Buch das einem auch in Nachhinein beschäftigt und eine Geschichte die tiefgründig ist, aber nicht erdrückt. Eine Geschichte die deine Gefühle Achterbahn fahren lässt, aber auch eines das einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die Charaktere sind sympathisch und man kann sich gut in sie rein versetzen und man fühlt mit ihnen mit.
"Die andere Hälfte der Augusta Hope" war so ganz anders wie ich es mir vorgestellt habe, aber genau das hat die Geschichte letztenlich ausgemacht. Ich kann das Buch alllen nur wärmstens ans Herz legen und vergebe, trotz anfänglicher Probleme, fünf Sterne.
Für mich war es eines der besten Bücher die ich in diesem Jahr gelesen habe.