Im Roman von Marie Leander, eine deutsche Autorin, die unter Pseudonym schreibt (leider habe ich keine Ahnung wer dahinter stecken könnte, sonst würde ich mir gleich auch ihre anderen Bücher holen), sind ...
Im Roman von Marie Leander, eine deutsche Autorin, die unter Pseudonym schreibt (leider habe ich keine Ahnung wer dahinter stecken könnte, sonst würde ich mir gleich auch ihre anderen Bücher holen), sind wir in Marseille in Südfrankreich.
Wir schreiben das Jahr 1940. Die Deutschen haben Paris eingenommen und Frankreich geteilt. Der Nord-Westen wurde besetzt, der Süden wird vom Vichy Regime verwaltet. Viele Menschen sind auf der Flucht Richtung Marseille, wo noch Schiffe nach Übersee auslaufen. Zu dieser Zeit sitzt der einheimische Maler Nicolas Guyot am Hafen und malt. Ihm fällt ein Pärchen auf, das zwischen den verzweifelten Menschen auf der Flucht, unbekümmert herum flaniert. Ihm fasziniert die bildhübsche junge Frau an der Seite eines etwas älteren Mannes. Umso überraschter ist Nicolas, als genau diese Frau am nächsten Tag plötzlich vor ihm steht und ihn bittet sie zu portraitieren. Seit dem Tod seiner Frau malt Nicolas keine Portraits mehr. Doch Juline lässt nicht locker, denn sie möchte das Bild ihrem Mann schenken. Noch ahnt Nicolas nicht, welches Geheimnis die beiden bewahren und wie schnell er Julines Charme erliegt...
Schon der Klappentext hat mein Interesse geweckt, jedoch muss ich zugeben, dass ich anfangs noch etwas skeptisch war. Hier kann alles mögliche drinnenstecken... Doch schon nach den ersten Seiten hat mich die Geschichte rund um Nicolas, Juline und ihrem Mann Georg gefangen genommen.
Marie Leander erzählt mit viel Herzblut über den nicht immer einfachen Lebensweg ihrer drei Protagonisten. Dabei spielt die Zeit des Romans eine große Rolle. Der historische Hintergrund und das Erstärken der nationalsozialsitischen Ideen im Süden Frankreichs, auch durch die eigenen Landsleute, wird unheimlich gut transportiert. Das Schicksal vieler Flüchtlinge, wie auch mutigen Fluchthelfern, ist nur eines der vielen Themen, die die Autorin hier aufbereitet, jedoch der rote Faden der Geschichte.
Aber auch das Künstlerleben und die damit verbundene Bohéme kommt nicht zu kurz und steht im krassen Gegensatz zu den Flüchtlingen. Hier spürt man allerdings schon die schleichende Einmischung der Parteimitglieder, die die Künstler in ihrer Form beschränken wollen. Die Atmosphäre der damaligen Zeit ist hervorragend eingefangen.
Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil. Sie schreibt bildhaft und voller Dynamik. Man fliegt durch die fast 600 Seiten und man fiebert mit den Protagnisten mit. Die Charaktere sind sehr facettenreich und lebendig dargestellt. Man begleitet sie durch Höhen und Tiefen, zittert mit ihnen um ihr Leben und nimmt gemeinsam große Herausforderungen an. Ich lebte mit den Figuren richtig mit und fühlte mich direkt im Geschehen.
Das Schicksal der drei Hauptprotaginisten ist bittersüß. Nicolas widmet sich seit dem Tod seiner Frau Tag und Nacht der Malerei. Sie ist sein Antrieb und sein Halt im Leben. Nicolas ist aber auch der typische Künstler, der die Nacht zum Tag macht und oftmals vergisst seine Miete pünktlich zu zahlen. Das Angebot seine Bilder bei einer Vernissage auszustellen, soll ihm helfen seiner permanenten Geldnot Herr zu werden.
Juline ist eine sehr starke Persönlichkeit. Sie weiß was sie will und steht treu zu ihrer Gesinnung. Sie setzt sich als Widerstandskämpferin ein und riskiert dabei mehr als nur ihr Leben.
Georg ist mit Juline auf Hochzeitsreise, während in Paris die Deutschen die Stadt besetzt haben. Die Beiden können nicht mehr zurück, denn Georg lebt mit Schweizer Pass unter falscher Identität.
Die Nebencharaktere sind ebenfalls sehr ausdrucksstark gezeichnet. Vorallem die Besitzerin eines Nachtlokales und gute Freundin von Nicolas ist mir dabei sehr ans Herz gewachsen. Alle Figuren besitzen eine Vielfalt an Charaktereigenschaften.
Auch die Schauplätze rund um Marseille sind wunderbar eingefangen und sehr anschaulich beschrieben.
Dazu kommt eine bittersüße Liebesgeschichte, die jedoch ohne Kitsch auskommt. Eine gelungene Mischung aus Romantik, Spannung und Historie.
Im Nachwort erzählt die Autorin noch wie sie auf die Idee kam diesen Roman zu schreiben und über den historisch belegten Journalisten Varian Fry, der in Marseille ein Rettungsnetzwerk aufbaute, mit dem er vielen Menschen die Flucht aus Europa ermöglichte.
Fazit:
Der Roman von Marie Leander bietet dem Leser eine spannende Reise voller Emotionen und führt ihn in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und der Erstärkung des Nationalsozialismusses im Süden Frankreichs. Tolle facettenreiche Figuren und ein lebendiger und bildhafter Schreibstil runden die Erzählung perfekt ab.
Dieser wunderbare Roman sollte noch viel mehr Leser und mehr Aufmerksamkeit erhalten! Ich empfehle ihn deshalb sehr gerne weiter!