Schönes Lebensbild
„...Besonders erfreut schien dieser über jenen hellen und im Vergleich zum Körper der Mutter, dem er gerade zuvor entrissen worden war, kalten Ort nicht zu sein. Und so startete er, wie es sich für einen ...
„...Besonders erfreut schien dieser über jenen hellen und im Vergleich zum Körper der Mutter, dem er gerade zuvor entrissen worden war, kalten Ort nicht zu sein. Und so startete er, wie es sich für einen Wiener gehört, mit einem grundgrantigen ersten Protestschrei in sein Leben...“
Die Rede ist von Eduard Tauber, dessen Geburt im obigen Zitat geschildert wird. Während ich als Leser die Geburt von der ersten Wehe bis zum ersten Schrei verfolgen darf, wird parallel dazu die große Politik geschildert. Eduards Geburtstag fällt mit den Sturm auf den Wiener Justizpalast zusammen. Bei diesem Ereignis steht Alois Mitterhuber an der Seite. Beider Lebensweg sollte sich später kreuzen.
Der Autor hat auf eine sehr eigene Art das Leben des Eduard Tauber lebendig werden lassen. Die Geschichte lässt sich flott lesen und hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Das liegt an den ungewöhnlichen Schriftstil. Er lässt sich schlecht in Worte fassen. Locker und leicht trifft es nicht ganz. Es schwingt eine gewisse Kindlichkeit und Naivität mit. Das ist auf keinem Fall abwertend gemeint. Es gibt der Geschichte ein ganz eigenes Flair.
Eduard unterscheidet eines vom normalen Wiener. Er ist zu freundlich, wie es sein Opa ausdrückt.
Der Junge erlebt eine schöne Kindheit. Vom Vater wird er mit zum Fußballspielen genommen. Dessen Vereinskameraden treffen sich ab und an in Omas Schrebergarten.
Bei einem wichtigen Spiel trifft Eduard auf den Rängen Alois. Der findet Gefallen an dem aufgeweckten Jungen und ermöglicht ihn einen Zoobesuch in Wien. Es sollte nicht der letzte bleiben. Doch am Horizont ziehen dunkle Wolken auf. Die Oma erkennt das und formuliert:
„...Die Freundschaften waren eng und man hat sich an dem Wenigen gefreut, dass man gehabt hat, und das geteilt. Das hat die Mutter immer gesagt und die Oma hat dann in einem bedeutungsschwangeren Ton ergänzt: „Wer weiß, wie lange das noch so sein wird.“...“
Für Eduard geht auch im Krieg das Leben fast normal weiter. Er lernt einen Beruf und bleibt so erst einmal vom Kriegsdienst verschont. Dann aber verliert er seinen besten Freund.
„...Er hatte das Leben gesehen, das Leben, wie es auch sein kann, wenn es grantig ist. Und da er in Wien war, war das Leben natürlich hin und wieder grantig, so wie es die Wiener auch sind...“
Auch in der Nachkriegszeit macht er aus den Verhältnissen das Beste. Als Fußballspieler findet er beruflich Erfüllung. Dabei behält er einen Blick für die Nöte in seiner Umgebung.
„...Die Oma hat immer zum Eduard gesagt, dass Geben seliger ist als Nehmen. Und in diesem Moment spürte er genau, was die Oma damit gemeint hat...“
Besonders gefallen hat mir der feine Humor, der Wiener Eigenarten gekonnt auf die Schippe nimmt und anhand von Eduards Leben zeigt, dass es auch anders geht. Es ist ein Leben mit Höhen und Tiefen und doch ist in jedem Moment spürbar, dass der Protagonist ein zufriedener Mensch ist, der sich bemüht, den geraden Weg zu gehen.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.