Was für eine tolle Geschichte!
Die schwarze Frau von Simone St.James - Was für ein cooles Buch!
Ich hätte nicht gedacht, dass mir dieses Buch doch so gut gefallen würde. Angefixt durch den Klappentext hatte ich eine interessante Geschichte ...
Die schwarze Frau von Simone St.James - Was für ein cooles Buch!
Ich hätte nicht gedacht, dass mir dieses Buch doch so gut gefallen würde. Angefixt durch den Klappentext hatte ich eine interessante Geschichte erwartet und letztlich einen tollen Krimi mit Mysterieanteilen und historischen Fakten bekommen.
Doch fangen wir von vorne an. Gleich zu Beginn des Buches erfahren wir bereits im Prolog eine unheimliche Geschichte, die sich 1950 in Vermont, U.S.A. zugetragen hat. Ein 15jähriges Mädchen steigt spätabends aus einem Bus aus und will nach einem Besuch von ihren Großeltern zurück in das Mädchen-Internat Idlewild Hall. Sie fühlt sich auf dem Weg zum Internat beobachtet und aus Angst vor einer nun erkennbaren dunklen Frauengestalt will sie eine Abkürzung durch den Wald nehmen, doch sie kommt in dem Internat nie an....
Zeitsprung 2014: Die Journalistin Fiona, mit beiden Beinen im Leben stehend, befreundet mit einem Polizeibeamten, hat vor 20 Jahren ihre ältere Schwester verloren. Sie wurde tot auf dem Gelände von Idlewild Hall aufgefunden und der damalige Freund sitzt seitdem verurteilt im Gefängnis. Fiona hat diesen schmerzlichen Verlust nie verarbeiten können und sucht immer wieder Idlewild Hall auf, die nunmehr jedoch nur noch eine Ruine ist. Als sie erfährt, dass Renovierungsarbeiten geplant sind, beginnt sie mit Nachforschungen. Bei Arbeiten auf dem Gelände wird die Leiche eines jungen Mädchens gefunden. Handelt es sich dabei um das verschwundene Mädchen von 1950?
Die Autorin Simone St.James, die zuvor 20 Jahre in der Filmbranche gearbeitet hat, hat hier ihre erste Geistergeschichte geschrieben.
Auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen, 1950, und 2014, werden verschiedene Erzählstränge, langsam und stetig, aber zielgerichtet und fesselnd zusammengeführt.
Idlewild Hall ist ein Mädcheninternat, das es heute wohl nicht mehr geben dürfte. Auf sehr eindrucksvolle und nachdenkliche Art zeigt St. James das Leben von vier Mädchen, Katie, Roberta, Cecilia und Sonia, die nicht nur ein Zimmer im Internat teilen, sondern auch ihr Leben und ihre Schicksale. Durch gemeinsame Erlebnisse schweißen sie sich zusammen und gehen durch dick und dünn. Es ist eine düstere und traurige und beängstigende Zeit, in der die vier Mädchen leben. Sie landen in dem Internat, da sie nicht so sind wie andere Mädchen, nicht so sind, wie die Gesellschaft es von ihnen erwartet. Jede von ihnen ist aus einem anderen Grund im Internat. In vielen einzelnen Kapiteln, die sich immer mit einem Mädchen befassen, wird sehr eindrucksvoll die Lebensgeschichte und das Leben selbst auf Idlewild Hall dargestellt. Ich habe oft kopfschüttelnd da gesessen und mit Entsetzen gelesen, was sich dort zugetragen hat, und was dort vorherrschte, Strenge, Kälte, Emotionslosigkeit, Herzlosigkeit etc.. Traumatische Erlebnisse, die die Mädchen hatten, konnten damals nicht auch nur annähernd gelöst werden wie mit heutigen pädagogischen Mitteln. Das alles ist sehr überzeugend geschrieben.
Fiona versucht demgegenüber etwas über das Mädchen herauszufinden und entdeckt weitere Geheimnisse rund um Idlewild Hall und die Menschen, die dorrt gearbeitet und gelebt haben. Es gibt dabei einen Bezug zu einem deutschen Konzentrationslager und daher gestalten sich die Nachforschungen schleppend. Neben dieser Rechercheaufgabe ist Fiona jedoch der Meinung, dass der Mord an ihrer Schwester nie richtig aufgeklärt worden ist und auch in dieser Reichung ermittelt Fiona weiter. Dabei gerät sie jedoch in den Konflikt mit ihrem Freund, der meint, dass seinerzeit alles richtig ausermittelt worden sei. Dass der zukünftige Schwiegervater einerseits damals Polizeichef gewesen ist, hilft ihr auch nicht weiter. Das ist alles sehr spannend und fesselnd und so interessant geschrieben, dass man das Buch gar nicht aus den Händen legen mag.
St. James schreibt schnörkellos, prägnant und auf den Punkt. Die vielen kurzen Kapitel, die oft mit einem Cliffhanger enden, führen dazu, dass man das Buch in kürzester Zeit verschlungen hat.
Auf Idlewild Hall geht die schwarze Frau um, genannt schwarze Mary. Sie soll dort auf dem Gelände gestorben und sie und ihr Baby auch dort vergraben worden sein. Die Passagen, in denen sie geisterhaft auftaucht und eine Rolle spielt, sind großartig geschrieben und haben mir tatsächlich das eine oder andere Mal eine Gänsehaut verpasst. Insoweit ist der eingangs erwähnte Mysterietanteil vorhanden. Aber aufgrund des Buchtitels und dem Hinweis des Verlags, dass es eine Geistergeschichte sein soll, hatte ich mir doch etwas mehr davon versprochen. Es gibt zwar genug Szenen, jedoch treten sie im Vergleich zu den Episoden aus den 1950er Jahren und 2014 doch zu sehr in den Hintergrund. Das finde ich ein wenig schade, schmälert aber nur ein wenig den Gesamteindruck.
Insgesamt ein absolut empfehlenswertes Buch, dem ich wegen des etwas geringer als erhofften Geisteranteils vier von fünf Sterne vergebe.