Cover-Bild Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis
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15,00
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER Krüger
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Seitenzahl: 496
  • Ersterscheinung: 26.08.2020
  • ISBN: 9783810500571
Petra Grill

Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis

Roman
Im bunten Zauber des berühmtesten Volksfestes der Welt kämpfen zwei Frauen in Zeiten der Umwälzung um Aufstieg, Anerkennung und Liebe. Der große Frauenroman zum größten Fest der Welt. In diesem Jahr gehen wir mit dem großen ARD-Mehrteiler »Oktoberfest 1900« auf die Wiesn und feiern ein mitreißendes Lesefest mit diesem Roman.

München, 1900: Dass sie ein einfaches Schankmädchen war, muss Colina verheimlichen. Denn jetzt ist sie aufgestiegen zur Gouvernante der jungen, eigenwilligen Clara. Deren Vater, der Brauereimagnat Prank, strebt nach Macht und Einfluss auf dem Oktoberfest. Auch Claras Verheiratung soll dabei helfen. Aber Clara will sich seinen Befehlen nicht unterordnen. Trotz Colinas Warnung flieht sie von zu Hause. Der Skandal droht alles zu zerstören. Doch dann entwickelt Colina mitten im Glanz und Getriebe des Oktoberfestes einen gewagten Plan: für sich und Clara will sie eine neue Chance aufs Glück erkämpfen.

»Das Oktoberfest ist ein überwältigender Ort, an dem man in einen Strudel gerät, der einem den Atem nimmt.«
Martina Gedeck, Hauptdarstellerin im großen ARD-Mehrteiler »Oktoberfest 1900«

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2020

Ein spannender Blick hinter die Kulissen inkl. Macht, Intrigen und Liebe

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München 1900. Der Nürnberger Brauerei Besitzer Curt Prank kommt nach München, um das Oktoberfest zu revolutionieren. Er will eine Bierburg für 3.000 Personen errichten. Das stößt vor allem bei den ortsansässigen ...

München 1900. Der Nürnberger Brauerei Besitzer Curt Prank kommt nach München, um das Oktoberfest zu revolutionieren. Er will eine Bierburg für 3.000 Personen errichten. Das stößt vor allem bei den ortsansässigen Brauereien auf Widerstand. Ein Zugezogener, der sich auf ihrem Volksfest breit macht, dass lassen sie sich nicht bieten. Doch Prank ist nicht aufzuhalten. Dafür sind ihm alle Mittel recht. Sogar die Hand seiner Tochter Clara, weiß er geschickt zu vergeben. Clara hat jedoch ihre eigenen Vorstellungen vom Leben.
Colina Kandl ist ein Mädchen vom Lande und arbeitet als Biermadl in einem Wirtshaus. Doch sie ist clever und will mehr. Durch eine kluge Schummelei landet sie als Gouvernante bei den Pranks. Ihre Hoffnung nun ein besseres Leben gefunden zu haben, endet jäh, als herauskommt, dass Clara unter ihrer Aufsicht schwanger geworden ist. Colina bleibt nichts weiter übrig, als wieder auf dem Oktoberfest zu kellnern. Sie besitzt Mut und Verstand und lässt sich von Rückschlägen nicht unterkriegen. Während auf der Wies'n der Kampf zwischen Tradition und Fortschritt tobt, versucht Colina die Welt im Kleinen ein Stück besser zu machen, für sich, aber auch für Clara. Ob ihre Pläne tatsächlich aufgehen, muss sich erst zeigen.

Colina Kandl, auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann in München gestrandet, arbeitet als Biermadl im Wirtshaus Lochner. Bei der Arbeit muss sich einiges gefallen lassen, denn als Kellnerin bekommt sie keinen festen Lohn, sondern ist auf das Trinkgeld angewiesen. Wenn sie sich etwas dazuverdienen möchte, steht ihr im Hinterhof der Schuppen für ein Schäferstündchen mit einem Gast zur Verfügung. Für Colina ist das keine dauerhafte Option. Clever wie sie ist, schummelt sie sich als Gouvernante in den Haushalt des gerade aus Nürnberg zugezogenen Brauereibesitzers Curt Prank. Sie soll der eigenwilligen, 19 jährigen Tochter Clara als Anstandsdame zur Seite stehen. Was allerdings gründlich schief geht, denn Clara wird schwanger.

Curt Prank will das Oktoberfest revolutionieren. Dafür benötigt er fünf Schanklizenzen, für die er im wahrsten Sinne des Wortes bereit ist über Leichen zu gehen. Besessen vom Bau seiner Bierburg räumt er alles und jeden aus dem Weg. Er will sogar seine Tochter gewinnbringend verheiraten. Clara hingegen hat sich in Roman Hoflinger verliebt, den Sohn eines Münchner Traditionsbrauers. Als der alte Hoflinger unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt, beschuldigt seine Witwe, Maria Hoflinger, Curt Prank als Mörder ihres Mannes. Auch wenn die Kriminalpolizei ihm nichts nachweisen kann, bleibt der Verdacht im Raum. Clara und Roman werden dadurch in eine Art Romeo und Julia Beziehung gedrängt. Beide sind starke Persönlichkeiten, die für ihre zukünftiges Glück kämpfen.

Colina hingegen ist wieder dort, wo sie angefangen hat. Auf der Wies'n in der Bierbude. Diesmal hat sie jedoch einen besseren Stand, weil der Wirt ein großes Werbeplakat mit ihrem Konterfei angefertigt hat, um gegen Pranks Bierburg zu bestehen. Leider lockt ihr Werbeplakat nicht nur Gäste, sondern auch ihren Mann an. Der bringt auch noch den gemeinsamen Sohn mit, den Colina der Obhut von guten Freunden überlassen hatte, um ihn vor dem gewaltbereiten Vater zu schützen. Colina muss ein für allemal einen Ausweg aus dieser Ehe finden, bevor ihr Mann ihr oder dem Jungen etwas antut.

Als Bindeglied aller Figuren agieren zwei Kriminalbeamte, die mit Abstand das Treiben rund um das Oktoberfest beobachten und ihre eigenen Ansichten zum Geschehen haben. Oftmals greifen sie rechtzeitig ein, dennoch können sie nicht jedes Unglück verhindern. Der Kampf der Münchner Traditionsbrauereien gegen den Fortschritt, die Intrigen und Seilschaften führen zu tragischen Ereignissen. Am Ende des Oktoberfestes sind die Weichen der Zukunft zwar neu gestellt, allerdings war der Preis dafür hoch.

Der Roman Oktoberfest 1900 basiert auf dem gleichnamigen ARD Mehrteiler (Ausstrahlung am 15.09.2020 oder in der Mediathek). Es ist eine Zeitenwende, die auch vor einem traditionellem Volksfest nicht Halt macht. Im Prinzip stehen sich zwei Familien als Sinnbild für Fortschritt und Tradition gegenüber. Am Ende zerstört Hass und Machtwillen nicht nur alte Strukturen, sondern kostet auch Menschenleben. Es ist kein seichter Roman, sondern einer, der es in sich hat. Vor allem lebt die Erzählung von den außergewöhnlichen, facettenreichen Figuren. Jeder Charakter erzählt seine eigene, vielschichtige Geschichte. Es gibt keine einfache Aufteilung in Gut und Böse. Jede Figur besitzt helle und dunkle Seiten. Bei welchen überwiegt die eine, bei welchen die andere Seite.

Ich bin geradezu eingetaucht in das München der Jahrhundertwende. Der sittsamen Doppelmoral der gutsituierten Gesellschaft steht die Schwabinger Bohème gegenüber. Der flüssige Schreibstil zieht den Leser in den Bann der Geschichte. Besonders gut hat mir die Wiedergabe der Münchner Mundart gefallen, was die Figuren noch authentischer und lebensechter macht. Es ist keine leichte Kost, denn es gibt einige brutale Szenen. Zimperlich sind die Protagonisten im Roman nicht. Das Leben ist ein Kampf und jeder Charakter kämpft seinen eigenen Kampf.

Herausheben möchte ich noch, dass im Roman einiges nur angedeutet, aber nicht konkretisiert wird. Es bleibt daher für die Fantasie des Leser genug Raum, um sich zu entfalten. Das habe ich als ganz wunderbar empfunden, denn so hatte ich die Möglichkeit meine Gedanken schweifen zu lassen. Alles in allem behandelt der Roman eine Zeit, über die bisher wenig geschrieben wurde. Sicher findet gerade beim Oktoberfest zu der Zeit ein Wandel statt - vom Volksfest zu der Geldmaschine, die es bis heute ist. In der Geschichte wird viel zerstört und gleichzeitig auch Gutes erreicht. Vielleicht muss manchmal etwas zerstört werden, um Neues darauf zu errichten. Es ist ein interessanter Einblick hinter die Kulissen. Roman und Mehrteiler ergänzen sich, erzählen aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Roman hat mich begeistert, gefesselt und ich werde die Geschichte sicher noch einige Tage mit mir herum tragen. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 09.09.2020

Spannend, turbulent und sehr authentisch!

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Colina ist ein armes Biermadl, das sich tapfer durchschlägt, um für ihren kleinen Sohn zu sorgen. An Mut fehlt es ihr nicht und so erkämpft sie sich eine Anstellung in dem feinen Haushalt des fränkischen ...

Colina ist ein armes Biermadl, das sich tapfer durchschlägt, um für ihren kleinen Sohn zu sorgen. An Mut fehlt es ihr nicht und so erkämpft sie sich eine Anstellung in dem feinen Haushalt des fränkischen Brauereibesitzers Prank als Anstandsdame für dessen Tochter Clara. Aber Clara, auf der Suche nach Liebe und Lebensfreude, macht ihr das Leben nicht leicht. Und als Colina sich einmal überreden lässt, hat das Abenteuer für beide schwere Folgen…
Petra Grill schreibt so fließend und lebendig, dass man am liebsten mit eintauchen möchte in das historische München. Warmherzig schildert sie die Geschehnisse, verbreitet Münchner Flair und besticht mit farbenfrohem Lokalkolorit! Ihre Protagonisten sind vielschichtig: man fiebert mit Colina mit, staunt über die reichen Brauereimagnaten und deren Machenschaften, und begleitet die Polizisten auf ihren Streifzügen durch Schwabing.
Dabei entwickelt sich eine ebenso spannende wie berührende Geschichte, die den Leser gefangen nimmt und in eine andere Welt entführt – auf’s Oktoberfest 1900. Und so ganz nebenbei erfährt man auch noch Wissenswertes über München sowie Zeitgeschichtliches.
Ein wunderbares Buch, eine bunte, turbulente Story, authentisch, fesselnd und in jeder Hinsicht sehr beeindruckend!

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Veröffentlicht am 08.09.2020

Intrigen und Machtkämpfe um das Oktoberfest

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Meine Meinung

Intrigen und Machtkämpfe um das Oktoberfest

Die Geschichte rund um das Oktoberfest 1900 konnte mich von Anfang an mitnehmen. Das Schankmädchen Colinaist eine mutige Frau, die mich auch ...


Meine Meinung

Intrigen und Machtkämpfe um das Oktoberfest

Die Geschichte rund um das Oktoberfest 1900 konnte mich von Anfang an mitnehmen. Das Schankmädchen Colinaist eine mutige Frau, die mich auch zum Lachen brachte. Vom Wirtshaus Lochner in ein feines Haus als Anstandsdame, ist kein leichter, (vor allem kein gewöhnlicher) Weg. Colinas Einfallsreichtum hat jedoch die Konkurrenz beim Bewerbungsgespräch ausgeschaltet. Der Brauereimagnat Prank ist von Colinas Hartnäckigkeit beeindruckt und vertraut ihr seine Tochter Clara an. Clara bemerkt sehr schnell, dass Colina keine Erfahrung als Gouvernante besitzt. Gibt sich ihr gegenüber erst mal schnippisch und arrogant. Colina sieht zum ersten mal, dass das Leben nicht nur aus Bierkrügen und besoffenen Gästen besteht, denen man auch Gefälligkeiten im Schuppen zukommen lassen muss. Sie vermisst ihren kleinen Sohn, den sie bei Freunden untergebracht hat. Sie ist vor ihrem Mann geflüchtet, der dem Alkohol stark zuspricht. Möchte genügend Geld verdienen, um ihren Sohn ein gutes Leben zu ermöglichen. Curt Prank möchte seine Tochter mit dem Aktionär Stifter verheiraten, der für seine Geschäfte auf dem Oktoberfest förderlich ist. Er betreibt ein Riesenzelt auf dem Fest. Jedoch werden die Pläne des fränkischen Brauereimagnaten vereitelt, nachdem Colina mit Clara zum Kocherlball im englischen Garten geht. Ab da nimmt die Geschichte eine deutliche Wende.

Intrigen und Machtkämpfe, um die Lizenzen der Brauereien beim Oktoberfest, lassen einem das Wiesnfest mit anderen Augen sehen. Mord und Todschlag hauchen der Geschichte eine kriminalistische Note ein. Die kleinen Brauereien haben zu kämpfen. Wollen in Bayern keinen fränkisches Bier akzeptieren. Wie gut, dass es da zwei so patente Polizisten gibt. Der Eder und der Aulehner haben das Herz am rechten Fleck. Besonders der ältere Eder bringt dem Aulehner bei, dass in der Ruhe die Kraft liegt. Der Aulehner begegnet der Colina schon beim Kocherlball. Dort muss er für Ordnung sorgen. Colina sucht verzweifelt Clara, die sie ihm Trubel verloren hat. Er erkennt, dass das Schankmädchen eine ehrliche und fleißige Frau ist. Na und fesch ist sie obendrein noch.

Colina ist wirklich eine tolle Frau. Nachdem sie als Gouvernante gefeuert wird, geht sie wieder zum Lochner zurück. Ein Österreicher erstellt ein Plakat von ihr, das beim Oktoberfest dem Lochner seine Bude ziert. Von nun an ist sie die Lochner-Lina. Bekommt ein Festgehalt von 2 Mark am Tag. Alle anderen Schankmädchen müssen sich weiterhin mit dem Trinkgeld begnügen. Die blutjunge Clara konnte mich sehr überraschen.

Fazit

Ich liebe die Isar. Auf dem Oktoberfest war ich bisher erst zweimal. Von Landshut nach München ist es nicht weit. Dennoch brauche ich diese große Menschenansammlung nicht. Trotzdem habe ich die Geschichte um das Oktoberfest mit Spannung verfolgt. Die Kämpfe der Frauen um ein Festgehalt und der Erhaltung ihrer Würde. Der Kampf der Brauereien um die Lizenzen auf dem Oktoberfest ist sehr spannend. Das Setting reflektiert die bayrische Hauptstadt München. Die Protagonisten kommen authentisch rüber. Der stellenweise bayrische Dialekt komplimentiert das Bavaria-Feeling. Die Story beruht zum großen Teil auf wahren Begebenheiten. Das Ganze liest sich wie Butter. Ich empfehle Euch „Das Oktoberfest 1900!“ Aus der der Sicht von Colina und Clara werdet Ihr in eine Welt voller Intrigen und Machtkämpfe entführt. Solchen Frauen verdanken wir unsere Rechte! Erwähnenswert ist auch Fanny Gräfin zu Reventlow. Wenn auch auch als Schlamperl verschrien, die selten ihre Miete bezahlt hat, so hat die Schriftstellerin dennoch etwas zu den Frauenrechten beigetragen. Ihr unkonventioneller Lebensstil war zu dieser Zeit nicht üblich. Die Liebe kommt auch nicht zu kurz. Wenn auch erst einmal sämtliche Steine aus dem Weg geräumt werden müssen ….

Ich bedanke mich bei der Autorin Petra Grill, für die tolle Begleitung bei der Leserunde auf LovelyBooks. Nun freue ich mich auf die Fernsehserie.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

"Zu Münchens schönsten Paradiesen zählt ohne Zweifel seine Wiesn." (Eugen Roth)

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Das 31-jährige Schankmädchen Colina hat vor ihrem gewalttätigen Ehemann Reißaus genommen und ihren Sohn Max bei Freunden untergebracht. Mit List und Tücke ergattert sie eine Anstellung beim fränkischen ...

Das 31-jährige Schankmädchen Colina hat vor ihrem gewalttätigen Ehemann Reißaus genommen und ihren Sohn Max bei Freunden untergebracht. Mit List und Tücke ergattert sie eine Anstellung beim fränkischen Bierbrauer Curt Prank als Gouvernante für dessen 19-jährige Tochter Clara. Prank möchte unbedingt auf dem Münchner Oktoberfest an Einfluss gewinnen und ein kürzlich erlassenes Gesetz umgehen, Clara soll seine Eintrittskarte sein und eine arrangierte Heirat eingehen. Aber Clara denkt gar nicht daran, sich verschachern zu lassen. Deshalb flieht sie aus dem elterlichen Haus, was einem Skandal gleichkommt, während Colina aufgrund der Vernachlässigung ihrer Pflichten ihre Anstellung verliert und sich erneut als Schankmädchen auf dem Oktoberfest verdingen muss…
Petra Grill hat mit „Oktoberfest 1900-Träume und Wagnis“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der für die gleichnamige ARD-Serie als Vorlage dient, die noch in diesem Jahr ausgestrahlt werden soll. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil lässt den Leser 120 Jahre zurück in die Vergangenheit reisen, um im damaligen München auf Colina zu treffen, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt. Die Autorin stellt ihre Ortskunde mit einigem Lokalkolorit sowie guter historischer Hintergrundrecherche unter Beweis, beides verleiht der Geschichte eine gewisse Authentizität. So gibt Grill einen guten Einblick in die damalige Münchner Gesellschaftsschichten und deren Arbeits- und Lebensbedingungen sowie über die politische Lage. Colina muss sich als Schankmädchen so einiges gefallen lassen, sexuelle Belästigung gab es auch damals schon, wurde allerdings damals nicht thematisiert. Frauen waren Freiwild, entweder als Kellnerin, die sich während ihrer Arbeit begrapschen lassen musste, aber auch als junge Frau, die sich den Plänen des Familienoberhauptes zu fügen hatte. Zudem bestand der Lohn der Schankmädchen nur aus dem erworbenen Trinkgeld, der Wirt zahlte ihnen nichts, was viele zu verzweifelten Taten trieb. Ebenso interessant ist die Tatsache, dass auf dem Oktoberfest früher Wirtsleute mit Schanklizenz ihr Geschäft betrieben, die großen Brauereien allerdings nicht vertreten waren. Diese kauften nach und nach die Wirte auf, um deren Schanklizenzen für sich selbst zu nutzen und so das Oktoberfest nachhaltig zu verändern. Aus der damals gemütlichen Wiesn ist ein heute ein kommerzieller Riesenrummel geworden. Spannung erzeugt die Autorin nicht nur mit ihren lebhaften Protagonisten, sondern auch mit Todesfällen, die zu einiger Unruhe auf den Festwiesen führen. Mit wechselnden Perspektiven zwischen Colina und dem Polizisten Lorenz Aulehner wird nicht nur der Spannungsbogen immer weiter angehoben, sondern liefert dem Leser auch einen guten Einblick in die jeweilige Lebens- und Arbeitswelt.
Die Charaktere sind lebhaft und glaubwürdig zugeschnitten, ihnen wurde regelrecht Leben eingehaucht. Mit ihren menschlichen Zügen können sie den Leser schnell überzeugen, der sich ihnen gern anschließt. Colina hat das Herz am rechten Fleck, ist etwas ausgebufft, mutig und lässt sich so schnell nichts vormachen. Lorenz Aulehner ist ein ehrlicher, aufrichtiger Mann, der privat selbst seine Päckchen zu tragen hat. Clara ist eine verwöhnte junge Frau, die erst etwas naiv und weltfremd wirkt, um den Leser dann mit Stärke und Selbstbewusstsein zu überraschen. Aber auch Eder und Prank sowie einige andere tragen zum Unterhaltungswert der Handlung bei.
„Oktoberfest 1900-Träume und Wagnis“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman angefüllt mit intriganten Machenschaften, Familiengeheimissen, Mord und viel Lokalkolorit, so dass der Leser sich auf einen interessanten Wiesnbesuch freuen kann. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.09.2020

Auf zur Wiesn nach München

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Colina arbeitet als einfaches Schankmädchen in Lochners Bierstube. Als Kellnerin kann man sich nur mit Trinkgeldern und den Gelüsten der Gäste den Lebensunterhalt verdienen. Feste Löhne werden nicht gezahlt. ...

Colina arbeitet als einfaches Schankmädchen in Lochners Bierstube. Als Kellnerin kann man sich nur mit Trinkgeldern und den Gelüsten der Gäste den Lebensunterhalt verdienen. Feste Löhne werden nicht gezahlt. Doch Colina will mehr, denn sie hat festgestellt, dass die feine Gesellschaft von München auch nur mit Wasser kocht und bewirbt sich als Anstandsdame für die junge Clara. Durch einen Trick bekommt sie die Stelle bei dem Brauereibesitzer Curt Prank. Dieser versucht Macht und Einfluss zu erlangen, in dem er seine Tochter Clara mit Anatol Stifter, den Vorstandsvorsitzenden der größter Münchner Brauerei, zu verheiraten. Doch die eigenwillige Clara hat andere Vorstellungen und verschwindet spurlos. Danach zerschlagen sich die Träume von Colina als Anstandsdame und sie findet sich als Schankmädchen auf dem Oktoberfest wieder, wo die Bierbrauer ihre geschäftlichen sowie privaten Konflikte austragen.

Als Nordlicht war ich bisher noch nie in München auf dem Oktoberfest, so dass mich der historische Roman von der ersten Seite in seinen Bann gezogen hat. Petra Grill hat mich auf eine spannende Zeitreise mitgenommen, so dass ich an dem Oktoberfest 1900 teilnehmen konnte. Mich hat fasziniert mit welchen detaillierten Beschreibungen die Autorin die damalige Zeit sehr authentisch aufleben lässt. Neben den bildhaften Schreibstil werden viele interessante historische Fakten mit der Geschichte verwoben. Bekannte Persönlichkeiten wie König Otto von Bayern und Franziska zu Reventlow treten auf und auch die Völkerschauen, die es damals in Deutschland und auf dem Oktoberfest gab, finden Erwähnung. Aber auch die wirtschaftliche sowie politische Situation fließen neben dem Frauenrecht und den Arbeitsbedingungen mit ein. Gleichzeitig spielt die neue Technologie, der Kinematograph, eine wichtige Rolle.

Für mich war der Ausflug zur Wiesn nach München allerbeste Unterhaltung.

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