Der neue historische Roman von Thomas Ziebula mit dem Titel „Die rote Löwin“ spielt im 13. Jahrhundert und ist bisher ein alleinstehendes Werk.
Inhaltsangabe (Quelle: Klappentext):
Im Jahre 1205:Runja und ihr Bruder Waldemar sind nach dem Tod ihrer Eltern gezwungen nach Magdeburg zu gehen. Dort geraten sie sehr schnell in die Fängen des machthungrigen Domdekans Laurenz. Er sieht in ihr die perfekte Besetzung für einen Mordanschlag an seinen Rivalen Pirmin. Doch Runja verliebt sich ihn den jungen smarten Herrn und ahnt noch nicht, dass dies schwerwiegende Folgen nach sich ziehen wird. Denn schon bald soll sie sich zwischen dem Leben ihres Bruders oder dem ihres Geliebten entscheiden.
Ich kannte bereits ein paar Bücher aus der Feder von Thomas Ziebula bzw. seinem Pseudonym Tom Jacuba. Hierbei hatten mich besonders seine fantastischen Werke aus der Kalypto- Reihe begeistern können. Daher war ich sehr auf sein neues historisches Werk gespannt. Der Klappentext hat sich schon ganz anders lesen lassen als beim Buch „Der Gaukler“, welches ich bereits gelesen hatte. Umso gespannter war ich auf dieses Werk und ich wurde nicht enttäuscht.
Wie ich es bereits gewohnt war, war der Einstieg in das Buch ziemlich rasant. Als Leser wird man mitten in das Geschehen hereingeworfen. Ich finde, dass Ziebula dies wirklich gut beherrscht. Man wird zwar in die Geschichte hereingeworfen und muss sich erst mal zurechtfinden, dennoch fällt es einen leicht, einen groben Überblick zu gewinnen. Man lernt die ersten Charaktere kennen und auch die Situation ist sofort spannend. Der Schreibstil von Thomas Ziebula ist angenehm, sodass sich „Die rote Löwin“ zügig lesen lässt. Die Seiten fliegen nur so dahin und ich war sofort gefesselt. Ziebula schafft es, mit seiner Sprache Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen – ich konnte mir sowohl die Umgebung als auch die Charaktere gut vorstellen. Dennoch ist dieses Werk nichts für schwache Nerven. Der Autor meint selber, dass dies ein Experiment war und es lässt sich wohl am ehesten in das Genre des historischen Thrillers einordnen. Es ist schonungslos, stellenweise recht brutal und blutig und hat eine recht düstere Atmosphäre. Diese Zeit wird von seiner Schattenseite gezeigt und auch nicht beschönigt. Diverse brutale Szenen werden recht bildhaft beschrieben, sodass man sie sich gut vorstellen kann und es ist wirklich nichts für Leser, bei denen bei solchen Szenen die Vorstellungskraft zu stark ausgeprägt ist und nicht gerne auch mal härtere Lektüre liest. Ziebula schafft es, dass „Die rote Löwin“ permanent spannend geschrieben ist. Einige unerwartete Szenen werden mit eingebaut, besonders am Ende des Buches konnten mich einige Passagen überraschen, die ich so nicht erwartet hätte. Auch ist dieses Werk ziemlich temporeich. Sowohl die Protagonisten als auch der Leser kommt selten mal zum Luft holen. Die Ruhephasen sind knapp gesät. Dennoch wirkte es auch mich realistisch und nicht zu überladen. Hier hat der Autor es gekonnt geschafft, eine Gradwanderung zwischen diesen beiden Bereichen zu vollziehen.
Das Buch wird aus der Sicht vom Domdekan Laurenz und dem Mädchen Rubina, welche eigentlich nur Runja genannt wird, erzählt. Dadurch bekommt man einen umfangreichen Einblick in das Geschehen. Auch sind die beiden die wesentlichen Protagonisten, welche gleichzeitig nicht wirklich Verbündete sind. Der Domdekan Laurenz ist ein wirklich toller Gegenpart, einer der Antipathien auslöst und der zwar ein bisschen überspitzt dargestellt wird, aber das Wesen der Kirche gut repräsentiert. Er möchte mehr Macht, mehr Einfluss und eine höhere Stellung haben. Um dies zu erreichen, geht er über Leichen. Auch ist er pädophil veranlagt, sodass mir bei ihm immer ein kleiner Schauer über den Rücken gelaufen ist. Er ist ein wirklich gut gestalteter Bösewicht. Runja ist ebenfalls ein starker Charakter. Bereits bei der Einführung ist sie kein verängstigtes Mädchen, welches das Abenteuer scheut. Stattdessen kann sie gut mit der Armbrust umgehen und passt schon früh auf ihren Bruder auf. Ihr Wandel hat mich einerseits fasziniert und andererseits auch schockiert. Sie gerät in einen Strudel aus Gefahr und Intrigen. In diesem muss sie sich behaupten und um das Überleben kämpfen. Dabei muss sie einige Hürden meistern und gerät in viele gefährliche Situationen. Aus der Not heraus wird sie gewaltbereiter und lernt zu kämpfen und auch, wie man sich verteidigt. Insgesamt wirkten die Charaktere schon recht realistisch auf mich. Dennoch hätte ich mir manchmal etwas mehr Tiefe gewünscht. Dass manchmal mehr auf die charakterliche Entwicklung eingegangen wird. Aber dies hätte wohl auch einfach den Umfang des Buches gesprengt.
Positiv möchte ich auch noch die Gestaltung hervorheben. In dem Buch sind ein Glossar, ein Personenregister, eine hilfreiche Karte und eine interessante Zeittafel beigefügt wurden. Dieses zusätzliche Material empfand ich als sehr hilfreich und gerne habe ich diese nochmal als Stütze genutzt. Auch das Nachwort des Autors fand ich sehr lehrreich. Ich empfand es als sehr lesenswert. Ziebula geht in diesem nochmal darauf ein, was seiner Schöpfung entspringt und wo er sich an historische Quellen gehalten hat.
Ein kleiner Kritikpunkt meinerseits: das Ende. Hier hätte ich mir irgendwie ein anderes gewünscht – eins, was nicht ganz so sehr nach Happy End geschrien hätte und mehr zum Buch gepasst hätte. Mir hätte das Ende irgendwie besser gefallen, wenn die letzten paar Seiten anders gewesen wären. Hier möchte ich jedoch nicht allzu sehr auf den Inhalt eingehen, da dies einfach ein zu großer Spoiler wäre. Aber ich glaube, jeder, der das Buch gelesen hat, weiß was ich meine. Aber ich kann auch mit diesem Ende leben. Noch ein kleiner Kritikpunkt: Ich hätte mir gewünscht, dass ein bisschen mehr auf den historischen Rahmen eingegangen wird. Dies hätte aber nicht zum temporeichen Thriller-Element gepasst und so ist es einfach nur Geschmackssache.
Für mich ist dieses neue Experiment von dem Autor Thomas Ziebula aufgegangen. „Die rote Löwin“ konnte mich überzeugen und hat mich gut unterhalten. Auf Grund kleiner Kritikpunkte möchte ich hier 4,5 Sterne vergeben. Auch möchte ich nochmal hervorheben, dass dieser historische Thriller nichts für schwache Nerven ist.