Bildhafter historischer Roman mit berühmten Persönlichkeiten
Charlotte, die von ihrem Vater das Handwerk des Sattlers erlernt hat, soll heiraten. Doch sie flieht vor einer Vernunftehe am Tag der Hochzeit mit ihrem Pferd Wälderwind. Dabei begibt sie sich auf abenteuerliche ...
Charlotte, die von ihrem Vater das Handwerk des Sattlers erlernt hat, soll heiraten. Doch sie flieht vor einer Vernunftehe am Tag der Hochzeit mit ihrem Pferd Wälderwind. Dabei begibt sie sich auf abenteuerliche Mission. Sie fällt einer Räuberbande in die Hände und wird mit dessen „Hilfe“ bzw. durch deren Erpressung auf dem Gestüt Marbach als Sattlerin eingeschleust, um dort die Gelegenheit der Auskundschaftung nach weiteren Geldtransporten des Herzogs Carl Eugen wahrnehmen zu müssen. Auf dem Gestüt freundet sie sich mit dem jungen Friedrich Schiller an, der dort seine Dienste als Rossarzt verrichten muss. Außerdem muss sich Charlotte bewähren und einen prächtigen Sattel für den Herzog anfertigen. Darüber hinaus kommt es zu verschiedenen Vorkommnissen mit dem Herzog und der Räuberbande, bei denen Charlotte ihre Stärke zeigen muss.
Ralf H. Dorweiler hat mit seinem Roman „Die Gabe der Sattlerin“ seinen nächsten historischen Roman veröffentlicht. Bisher kannte ich noch keinen seiner Romane, aber mit „Die Gabe der Sattlerin“ hat er mit seinem Schreibstil und bildhafter Sprache überzeugt. Zuerst hat mich aber das Cover des Buches angesprochen, auf dem eine junge Frau auf ihrem Pferd zu sehen ist und beide dabei sind weg zu reiten. Ich vermutete daher bereits, dass die Protagonistin eine sehr starke Persönlichkeit hat und wurde nicht enttäuscht. Charlotte ist eine sehr zielstrebige, ehrgeizige und eher unkonventionelle Frau, die sich in der damaligen Männerwelt durchzusetzen weiß und die etwas Neues wagt. Ihr Aufeinandertreffen mit dem jungen Friedrich Schiller bzw. auch die Beschreibung des Schillers in eigenen Kapiteln hat mir ebenfalls sehr viel Freude bereitet – man konnte ihn sich bildhaft in seiner derzeitigen Situation vorstellen und man mag kaum glauben, dass er ein berühmter Dichter geworden ist (auch wenn vieles natürlich dichterische Freiheit ist, so ist es doch sehr interessant). Ebenfalls sehr gut gefallen haben mir die zugeordneten Zitate aus Schillers Werken zu jedem einzelnen Kapitel. Auch das Aufeinandertreffen von Schiller und der Räuberbande sowie der Rückschluss auf seine Schrift „Die Räuber“ fand ich sehr gut verknüpft. Das Aufzeigen einer alten Handwerkskunst, in diesem Fall die der Sattlerei, fand ich sehr gelungen und lehrreich.
Meine Kritik: Das Buch liest sich wunderbar und die Geschichte geht schnell voran, allerdings überschlagen sich zum Ende die Ereignisse und werden meiner Meinung nach nicht gebührend behandelt und abgeschlossen, alles wirkt etwas gehetzt. Charlotte ist außerdem eine erstaunliche junge Frau, aber sie wird auch ein bisschen zu „glatt“ dargestellt, sie kommt ziemlich einfach durch ihre abenteuerliche Mission, ohne auf großartige Probleme zu stoßen. Hier hätte man noch ein bisschen mehr Spannung einbauen können. Außerdem gibt es meiner Meinung nach zwischendurch relativ viele junge Männer, denen Charlotte ins Auge gefallen ist, aber leider nimmt sie niemanden direkt aus der Geschichte. Das eigentliche Happy End ist mir (als Happy End-Liebende) damit etwas zu zaghaft.
Mein Fazit: „Die Gabe der Sattlerin“ ist ein überaus gelungener historischer Roman mit dem Einbinden von berühmten historischen Persönlichkeiten, mit einer großartigen Protagonistin und mit vielen Beschreibungen zur Sattlerei und den Umständen der damaligen Zeit. Da es für mich unterhaltend und gleichzeitig lehrreich war, gebe ich unbedingt eine Leseempfehlung für diejenigen Leser, die ebenso historische Romane lieben!