Ich gebe zu, dass ich von dem Cover völlig hingerissen bin. Es strahlt Kälte, Geheimnisse und Unnahbarkeit aus. Als Österreicherin kenne ich mich mit der Geschichte des Brockens als Grenzbastion nicht wirklich aus. Der Berg ist mir nur aus der Literatur bekannt. Immerhin hat Johann Wolfgang von Goethe den Harz bereist und den Brocken erklommen und (seine) Hexen tanzen in der Walpurgisnacht dort.
Doch zurück zum Buch:
Die Autorin nimmt die Leser mit in eine heute unwirklich erscheinende Welt.
In der Nacht nach der als „Befreiung des Brockens“ bekannten Aktion westdeutscher Gruppierungen verschwinden neun Studenten. Einige werden wenig später grausam ermordet aufgefunden, andere erst Wochen danach.
Ein Team aus ost- und westdeutschen Ermittlern beginnt den mysteriösen Fall zu untersuchen. Die Teammitglieder beäugen einander scheel, sind sie doch mit zahlreichen Vorurteilen behaftet. Unterschiedliche Welten prallen aufeinander und doch gibt es ein gemeinsames Ziel: die Aufklärung des Verbrechens, dem neun junge Menschen zum Opfer gefallen sind.
Der Krimi ist actionreich und mir ist es mehrmals kalt über den Rücken hinunter gelaufen, wenn ich mit Tomas Düvel, dem Magdeburger Kommissar, die Leichen in Augenschein genommen habe.
Der Autorin ist es sehr gut gelungen, diese Unterschiede darzustellen. Allein die Beschreibung des Hotels „Heinrich Heine“, das nur ursprünglich nur für verdiente Parteikader zugänglich war, finde ich spannend. Die Charaktere sind sehr gut angelegt. Jeder hat so sein eigenes Schicksalspäckchen zu tragen und hat so seine Geheimnisse.
Einzig die Wahl der Vornamen der westdeutschen Ermittler Desiderius Maus und Cassandra von Lucadou finde ich ein wenig zu ungewöhnlich. Wer bitte nennt sein Kind Desiderius, noch dazu in Kombination mit dem Nachnamen Maus? Und schwul ist er auch - das ist mir persönlich ein bisschen zu dick aufgetragen. Allerdings ändert es nichts an den gelungenen Personenbeschreibungen, die die einzelnen Ermittler charakterisieren.
Der Schreibstil ist packend und mitreißend. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und habe ich in einem Zug gelesen. Eva-Maria Silber kombiniert die für die Ermittler oft frustrierende Kleinarbeit mit humorvollen Dialogen. Die Leser erfahren, wie manches in der DDR so funktioniert (oder eben nicht) hat. Die Stimmung, die anfangs von gegenseitigem Unverständnis geprägt ist, schlägt um und die Ermittler ordnen alles dem gemeinsamen Ziel, die Morde aufzuklären, unter.
Mein Verdacht, der auch nur einem Vorurteil entsprungen ist, hat sich bestätigt. Doch bis es zur Auflösung kommt, gibt es noch zahlreiche erwartete und unerwartete Wendungen.
Der fiese Cliffhanger auf der letzten Seite lässt hoffen, dass das Team aus Ost und West neuerlich in einem brisanten Fall ermitteln darf.
Fazit:
Wer gerne Krimis mir Hochspannung liest, die sich aus den beiden Deutschlands ergibt, ist hier richtig. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.