Hebamme löst Kriminalfall in der goldenen 20er Jahren
Hulda Gold ist eine engagierte Hebamme in Berlin der zwanziger Jahre. Es sind unsichere Zeiten, so kurz nach dem großen Krieg, Freud und Leid, Armut und Übermut liegen nah beieinander. Das sieht Hulda ...
Hulda Gold ist eine engagierte Hebamme in Berlin der zwanziger Jahre. Es sind unsichere Zeiten, so kurz nach dem großen Krieg, Freud und Leid, Armut und Übermut liegen nah beieinander. Das sieht Hulda jeden Tag. Für eine Frau in Huldas Alter würde es sich ziemen selbst Kinder zu bekommen anstatt sie auf die Welt zu holen. Aber sie ist rastlos, sie weiß dass sie durch die Einschränkung weil sie eine Frau ist unter ihren Möglichkeiten bleibt. So kann sie ihre Neugierde auch nicht im Zaum halten, als sie von dem vermeintlichen Freitod der „fixen Rita“ hört und beginnt Fragen zu stellen und Nachforschungen anzustellen. Dabei kommt sie nicht nur den resignierenden Kommissar North in die Quere, auch ein Unterweltboss wird auf sie aufmerksam. Das führt zu gefährlichen Geschehnissen.
Ich habe den zweiten Teil gehört bevor ich den ersten Teil gelesen habe. Somit haben mich die Beziehungen die rund um Hulda entstehen beziehungsweiße beendet werden nicht überrascht. Aber das hat der Spannung und meinem Lesevergnügen keinen Abbruch getan. Eher das Gegenteil, es war interessant zu lesen wie es dazu kam.
Zur Handlung selbst, ich fand sie genial, Anne Stern schafft es geschichtliche und politische Gegebenheiten unaufgeregt in eine spannende Geschichte über den Tod einer gescheiterten Frau, einzuweben so dass man ein Gefühl für diese Zeit bekommt ohne sich durch eine Geschichtsstunde zu quälen. Es herrscht große Armut und Unzufriedenheit, aber die Leute sehnen sich nach Freiheit und Luxus, so kommt es nicht von ungefähr dass die Polizei überfordert ist uns sich niemand groß um die Leiche einer Prostituierten im Fluss kümmert, bis auf deren Nachbarin und Hulda, die den Tod ihrer Mutter noch nicht richtig verarbeitet hat.
Hulda ist eine sympathische, starke, unabhängige Frau die sehr mit den Einschränkungen ihrer Zeit zu kämpfen hat. Aber sie hat auch Schwächen und macht Fehler, ihr destruktives Verhalten schadet ihr selbst. Auch die Nebenfiguren sind nicht nur Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse. Anne Stern stattet ihre Figuren mit tollen Charakterzügen aus, sowohl mit guten als auch mit schlechten. Das lässt sie so menschlich, so echt wirken, sie ecken an, man ärgert sich über sie und man freut sich für sie. Diese vollen Charaktere schätze ich sehr an Anne Sterns Romanen.
Das Cover ist gut gewählt, so passend für die Zeit und für die Hauptfigur Hulda. Mit der ausdrucksstarken Frau in Schwarz Weiß, dazu die Goldschrift, ein echter Hingucker.
Insgesamt ist Fräulein Gold: Schatten und Licht ein spannender, historisch interessanter, Roman mit einer starken weiblichen Hauptfigur, den ich gerne weiterempfehle.
Alles Lesen, Lille