Oder: Die Geister, die ich rief, ich werd sie nicht mehr los.
Wie sagte Kanzlerin Merkel, als sie erfuhr, dass die USA ihr Handy abhören konnten? Unter Freunden späht man sich nicht aus?
So neu ist dieses Thema nicht. Jedenfalls war es auch 1965 schon ein Thema, was denn Geheimdienste wie das FBI so tun. Dabei stand nicht nur das Was zur Disposition, sondern auch das Wie. Welche Mittel sind zugunsten welcher Ergebnisse gerechtfertigt. Das klingt nach einer sehr modernen Frage.
Als Rachel Bruner jedoch in das Büro von Nero Wolfe spaziert, um ihn zu beauftragen, dafür zu sorgen, dass sie und ihre Familie nicht mehr vom FBI überwacht werden, sieht er keine Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen und lehnt den Auftrag rundheraus ab. Doch die Frau legt ihm einen Scheck über 100 000 Dollar auf den Tisch und verspricht einen weiteren, wenn er den Auftrag erfolgreich abwickelt. Das lockt ihn schon. Könnte er sich doch dann mehr der Orchideenzucht und dem guten Essen widmen, ohne viel arbeiten zu müssen.
Ein wenig kommt ihm der Zufall zu Hilfe. Denn der Polizist Cramer lässt Neros Mitarbeiter Archie Informationen zukommen, die Wolfe in einen Hebel verwandeln kann, die ihm einen Ansatzpunkt bieten.
Ich will hier aus Spoilergründen nicht wiedergeben, welche Tricks sie anwenden müssen, um ihrem Ziel nahe zu kommen, doch so viel sei gesagt: es ist aufwändig und überraschend – auch, weil das Team mehr als einen Fall löst.
Die beiden Charaktere von Wolfe und Goodwin, sowie Fritz sind zu diesem Zeitpunkt, als Stout dieses Buch geschrieben hat, bereits weit entwickelt und werden kaum beschrieben. Da das Buch ausschließlich aus Archies Perspektive geschrieben ist, erfahren wir trotzdem so einiges über die Angewohnheiten der beiden und ihre gemeinsame Geschichte. Archie wirkt sehr sympathisch und tut so, als würde er sein Verhalten ernsthaft reflektieren. Das sorgt für durchaus komische Momente.
Die neue Übersetzung von Conny Lösch kann ich nicht richtig würdigen, da ich die vorhergehende nicht so präsent habe. Ich kann mich allerdings erinnern, dass der Stil etwas altmodisch war. Heute liest sich das Buch beinahe wie ein Neues – es fehlen allerdings alle unsere fantastischen elektronischen Spielereien, keine Handys, keine Computer, aber immerhin schon ein paar Wanzen. Die Sprache klingt, und es macht Freude, Archies Gedanken zu folgen. Archie ist gebildet, und das merkt man sowohl seiner Sprechweise als auch der Art an, wie er handelt.
Die Aufmachung – jeansblaues Titelbild mit Wolfe und Goodwin als gezeichneten Figuren in Schwarz-Weiß darauf, dominiert von der Schrift – gefällt mir ausgezeichnet. Auch, dass das Buch einen Leinenumschlag hat, obwohl es sich um ein Taschenbuch handelt, sorgt dafür, dass ich es gern in die Hand nehme und sicherlich meinen Freunden und Bekannten zum Lesen empfehlen werde.
Im Nachwort geht Jürgen Kaube auf die Zeit ein, in der das Buch entstanden ist (MacCarthy), und es folgt ein kurzer Auszug aus den Notizen des Autors, die (damals) eigentlich nicht zur Veröffentlichung gedacht waren.
Sollte Klett-Cotta weitere Bände in gleicher Ausstattung neu herausgeben, würde ich sie lesen wollen.