Zwei außergewöhnliche Frauen, ein Schicksal – und grenzenlose Lesestunden
Wenn aus Liebe Schicksal und aus Schicksal eine Begegnung wird, die alles verändert: So verschieden Atara und Rachel auf den ersten Blick zu sein scheinen, so viel verbindet sie doch in ihrer Herkunft, ...
Wenn aus Liebe Schicksal und aus Schicksal eine Begegnung wird, die alles verändert: So verschieden Atara und Rachel auf den ersten Blick zu sein scheinen, so viel verbindet sie doch in ihrer Herkunft, ihrer Geschichte und einer gemeinsamen Vergangenheit, die ihrer beider Leben prägt und unwiderruflich ineinander verschränkt.
Atara, erfolgreiche Architektin, Mutter, Ehefrau, selbstbewusst und Rachel, die ehemalige Freiheitskämpferin, ernüchtert und enttäuscht vom Leben, einsam, bereit für den Tod. Die eine für die andere bereits seit ihrer Kindheit präsent, ein Schatten, der sich über ihre Familie gelegt hat, ein Phantom, das nicht zu fassen und dadurch erst recht bedrohlich und allgegenwärtig ist. Die andere für die eine in ihrer Existenz nicht bekannt, ein unerwarteter Einbruch in die eigene wohlgeordnete Gegenwart und zugleich ebenfalls ein Geisterwesen – aus einem vergangenen Leben, das fest verschlossen und gut verwahrt im eigenen Inneren ruht.
Anhand der Begegnung, des Lebens und Liebens der beiden Frauen nicht nur das Schicksal von Generationen sondern auch die Geschichte eines Landes und seiner Menschen zu erfahren, die uns so nahe und eins sind, ist für mich so faszinierend wie lehrreich zugleich. Die Tiefe und Stärke der Emotionen hat mich dabei berührt, zum Teil auch tief erschüttert. Ataras Trauer hatte für mich bereits etwas Körperliches, war ein gewaltiges, dunkles Tier, das zwischen den Zeilen auf mich zugesprungen ist und sich schwer auf meine Brust gelegt hat. Und dort ruhte.
So intensiv, intim, überwältigend „Schicksal“ ist, so außergewöhnlich sind auch die Lesestunden, die Zeruya Shalev uns bereitet. Getragen von einer poetischen, bildreichen Sprache Leid und Freud, Anfang und Ende, Gestern und Heute erfahren zu dürfen, ist für mich ein Erlebnis von großer Seltenheit und Kostbarkeit – das weit über die letzte Zeile hinaus in meinen Gedanken und Gefühlen verweilen wird.