Cover-Bild Besichtigung eines Unglücks
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24,00
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  • Verlag: Schöffling
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 336
  • Ersterscheinung: 20.07.2021
  • ISBN: 9783895611575
Gert Loschütz

Besichtigung eines Unglücks

Roman
Im Dezember 1939 kommt es vor dem Bahnhof von Genthin zum schwersten Zugunglück, das sich jemals auf deutschem Boden ereignet hat. Zwei Züge prallen aufeinander, zahlreiche Menschen sterben. In einem davon sitzt Carla, die schwer verletzt überlebt. Verlobt ist sie mit Richard, einem Juden aus Neuss, aber nicht er ist ihr Begleiter, sondern der Italiener Giuseppe Buonomo, der durch den Aufprall ums Leben kommt. Das Ladenmädchen Lisa vom Kaufhaus Magnus erhält den Auftrag, der Verletzten, die bei dem Unglück alles verloren hat, Kleidung zu bringen. Aber da gibt Carla sich bereits als Frau Buonomo aus. Was versucht sie zu verbergen?
Von diesem mysteriösen Vorfall erfährt viele Jahre später Lisas Sohn Thomas Vandersee, dem die Mutter zugleich ihre eigene Liebes- und Unglücksgeschichte erzählt. Kann er Carlas Geheimnis ergründen? Hängt es womöglich mit seiner eigenen Familie zusammen?
Vor dem Hintergrund einer historischen Katastrophe erzählt der Romancier Gert Loschütz eine große, unter die Haut gehende Geschichte von Liebe und Verrat.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.08.2021

Beschreibung eines Lebens

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Gert Loschütz, der Autor dieses Romans, hat es sich nicht einfach gemacht und einen an Spannung und Wendungen nach allen Seiten kaum zu überbietenden Roman vorgelegt.

Es gibt einen Erzähler, Thomas, der ...

Gert Loschütz, der Autor dieses Romans, hat es sich nicht einfach gemacht und einen an Spannung und Wendungen nach allen Seiten kaum zu überbietenden Roman vorgelegt.

Es gibt einen Erzähler, Thomas, der sich durch Berge von alten Akten, Briefen und Berichten arbeitet, um ein grauenhaftes Zugunglück zu rekonstruieren.

Bei seinen Recherchen trifft er auf persönliche Schicksale der Verunglückten und verknüpft sie gleichzeitig mit Privatem.

Besonders berührend stellt sich das Schicksal der in einem der Züge verunglückten Carla Fink dar, die sich nach dem Unglück einen anderen Namen gegeben hatte. Es verwundert allerdings nicht, denn Carla war Halbjüdin und mit einem Volljuden, Richard Kuiper verlobt, den sie anscheinend schützen wollte.

Der Erzähler, Thomas, hat herausgefunden, daß es eine Verbindung zwischen Carla und Thomas´ Mutter gegeben haben könnte, denn diese war zum Zeitpunkt des Unglücks in einem Geschäft tätig, das Carla persönliche Dinge ins Krankenhaus geliefert hat, die Botin war offensichtlich Lisa, Thomas´ Mutter.

Alles in allem ein sehr herausfordernder Roman, den man nicht einfach so nebenbei lesen sollte, denn da gibt es viele tiefgreifende Dinge, die einem sonst entgehen könnten.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

Die Durchbrechung der Ordnung

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Kurz vor Weihnachten und nach Beginn des Zweiten Weltkrieges hat sich in der Kleinstadt Genthin das schwerste deutsche Zugunglück ereignet, bei dem nach offiziellen Angaben rund 190 Menschen starben: Zwei ...

Kurz vor Weihnachten und nach Beginn des Zweiten Weltkrieges hat sich in der Kleinstadt Genthin das schwerste deutsche Zugunglück ereignet, bei dem nach offiziellen Angaben rund 190 Menschen starben: Zwei Züge prallen aufeinander, schieben sich ineinander und zahlreiche Menschen werden aus dem Leben gerissen oder überleben schwerverletzt. Es gibt mehrere Theorien zum Ablauf und fehlerhaften menschlichen Verhalten, das zu diesem Unglück geführt hat.

„Nicht deine Zeit“ sagt die Geliebte Yps zum Ich-Erzähler Thomas Vandersee, der in Sachen Genthiner Zugunglück anhand von Archiv-Dokumenten, Akten, Gerichts- und Zeugenaussagen akribisch recherchiert. So lässt der Autor Gert Loschütz im ersten Abschnitt des Romans „Besichtigung eines Unglücks“ das Zugunglück en Detail Revue passieren – fast protokollarisch und dennoch stets spannend wie eine True-Crime-Episode wird die Abfolge des Unglücks beschrieben. Ist zu anfangs noch unklar, warum Vandersee so besessen recherchiert, setzt sich Stück für Stück ein Bild des persönlichen Anlasses, der bis in die Gegenwart reicht, zusammen.

Vandersees Mutter Lisa, mit der er als Kind per Zug in den Westen flüchtete, hatte womöglich Verbindung zu einer Zugpassagierin, die überlebt hat: Clara Buonomo, Geborene Finck. Szenisch, atmosphärisch und literarisch auf hohem Niveau taucht Loschütz nun in verschiedene historische Zeitebenen und lässt verschiedene menschliche Biografien zum Leben erwecken – verwoben aus unverlässlicher Erinnerung, sicheren Dokumenten und Fakten und gespickt mit eigenen Rückschlüssen. Halbjüdin Clara war im Jahre 1939, als die Nationalsozialisten zunehmend die jüdische Bevölkerung erniedrigte und verfolgte, mit dem Juden Richard verlobt. Es gab Streit, beide Leben waren in Gefahr, es mussten Papiere zur Ausreise beschaffen werden. Clara geht eine Verbindung mit dem Italiener Buonomo ein, zusammen saßen sie im Unglückszug – Clara überlebt, der Mann nicht, aber seinen Nachnamen behält sie. Richard wird wenige Jahre später deportiert.

Vandersee taucht wie besessen von Clara immer tiefer in seine Nachforschungen ein, findet heraus, dass die junge Frau nach dem Unglück Kleider ins Krankenhaus überbracht bekommen hat: Seine Mutter war in diesem Modehaus beschäftigt – hatten die Zwei eine Verbindung? Beide Frauen eint eine Liebe, die sich nicht erfüllen kann, und der Wunsch nach einem besseren Land für die Zukunft. Und beide hatten eine Liebe zur Musik. All die kleinen Details, die sich rund um ein historisches Unglück und die menschlichen Schicksale dahinter drehen, dringen bis in die Gegenwart zum Ich-Erzähler Thomas, der mit Bindungsängsten zu kämpfen hat. Vandersee besichtigt alle Orte des Unglücks und auch die von Clara und seiner Mutter, philosophiert über Zufall, Schicksal, das Leben und Katastrophen.

„Die Akten, die Briefe – ein ganz enges Korsett, in das ich mich hineinbegeben habe. Kaum Erfindungen möglich; nur Vermutungen, Rückschlüsse: Wenn das so ist, folgt daraus...“

Gert Loschütz ist ein versierter Erzähler, der selbst in Genthin geboren ist. Wie er deutsche Zeitgeschichte mit der Innenschau fiktiver menschlicher Schicksale verknüpft und die jeweilige Zeit aufleben lässt, ist feinste semifiktionale Erzählkunst, die mit der Wahrhaftigkeit von Erinnerungen und Indizien spielt. Obwohl nicht viel passiert, zieht der investigative Erzählsog tief hinein in die feingliedrigen Details und Polizeiakten, in denen Lokführer, Heizer und andere Beteiligte aussagen oder in die Liebesbriefe zwischen Carla und Richard. Und von den Details geht es weiter zu den Menschen und ihren Umständen und Handlungen sowie die schwierigen Zeiten wie Zweiter Weltkrieg, Nationalsozialismus und Ost-/West-Teilung dahinter. Kriegstraumata, verletzte Körper und Menschen sowie Lieben, die schicksalshaft unerfüllt bleiben und Leben, die eine neue Richtung nehmen.

Auch wenn am Ende und nach dem bewegenden zusammenführenden Abschnitt „Aus den Notizheften“, das in der Gegenwart des Erzählers spielt, einiges in den rekonstruierten Geschichten offenbleibt, ist Gert Loschütz eine feinfühlige und präzise Komposition aus verschiedenen Atmosphären gelungen, die in ihrer zusammenhängenden Gesamtschau einen eindringlichen Blick auf deutsche Geschichte werfen, die bis ins Heute wirkt. Meisterhaft sowie spannend erzählt, packend und lange nachhallend.

„Die Durchbrechung der Ordnung, die es einen Moment lang erlaubt, die Dinge in ihrem Rohzustand zu betrachten, so, wie sie waren, bevor sie lernten, sich an die Gesetze und Fahrpläne zu halten? Beruht die Faszination, die sie ausüben, auf unserer Sehnsucht nach dem Chaos, der Ursuppe, aus der wir hervorgegangen sind?“ S. 97

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Veröffentlicht am 10.10.2021

Hochinteressant

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Das Zugunglück war mir nicht bekannt und ich fand die Beschreibungen der damaligen Abläufe im Zugverkehr hochinteressant. Man kann sich heute kam vorstellen, wie „hemdsärmlig“ vor weniger als 100 Jahren ...

Das Zugunglück war mir nicht bekannt und ich fand die Beschreibungen der damaligen Abläufe im Zugverkehr hochinteressant. Man kann sich heute kam vorstellen, wie „hemdsärmlig“ vor weniger als 100 Jahren gearbeitet werden musste. Ich war anfangs etwas irritiert, weil ich von einem Zusammenstoß ausging, es war aber ein Auffahrunfall. Deshalb habe ich manches Detail zu Beginn nicht einordnen können. Das Buch umfasst 5 Kapitel und das 1. befasst sich mit dem Zugunglück und ist sehr gut geschrieben. Das 2. Kapitel beschreibt die Lebensumstände von Carla, die im Zug saß, verletzt überlebte und einen falschen Nachnamen angab. Über die Menschen, die durch ein solches Unglück zufällig zu einer Schicksalsgemeinschaft werden, erfährt man in der Regel nichts. Da es jeden treffen könnte, finde ich die Geschichten dahinter sehr erzählenswert und dementsprechend hat mir auch dieser Bereich gut gefallen. Kapitel 3 und 4 wirken ein bisschen verloren und hätte es für meinen Geschmack nicht gebraucht. Stattdessen lieber noch mehr Geschichten über die Menschen hinter dem Unglück, analog zu Carla. In Kapitel 5 wird dann Carlas späterer Lebensweg aufgegriffen und das war ein guter Abschluss. Insgesamt eine sehr interessante Lektüre mit einigen Längen in Kapitel 3 und 4.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Annäherung an einen Vorfall

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Gert Loschütz ist ein sorgfältiger Autor, der sich behutsam seinem Thema und  der Zeit annähert. Dadurch wird er sehr glaubwürdig. Schon das dunkle Cover deutet an, das es um Einen düsteren Vorfall in ...

Gert Loschütz ist ein sorgfältiger Autor, der sich behutsam seinem Thema und  der Zeit annähert. Dadurch wird er sehr glaubwürdig. Schon das dunkle Cover deutet an, das es um Einen düsteren Vorfall in einer schlimmen Zeit geht, ein Zugunfall mit vielen Tote und Verletzten.
Es wird der Unfallursache nachgespürt, auch, wie mit den Opfern umgegangen wurde sowie die jahrelangen Folgen.
Gert Loschütz überzeugt mit einer Romanstruktur in 5 Teilen und einem genauen Stil, der das Buch auch sprachlich auszeichnet.
Interessant auch die Rechercheleistung des heutigen Protagonisten, der zwar viel mit dem Autor gemein hat, aber nicht eins zu eins derselbe ist.

Veröffentlicht am 08.08.2021

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"Besichtigung eines Unglücks" von Gert Loschütz arbeitet thematisch das schwere Zugunglück auf, dass 1939 vor dem Bahnhof von Genthin stattgefunden hat. Hier prallen zwei Züge ineinander, ja schieben ...

"Besichtigung eines Unglücks" von Gert Loschütz arbeitet thematisch das schwere Zugunglück auf, dass 1939 vor dem Bahnhof von Genthin stattgefunden hat. Hier prallen zwei Züge ineinander, ja schieben sich übereinander und es gibt sehr viele Verletzte und Tote.
Im Buch wird in einem Abschnitt dieses Unglück untersucht, anhand von damaligen Zeugnissen, also Befragungen des Bahnpersonals, des Lokführers, Mitreisenden und anderen Zeugen. Auch die Ergebnisse der technischen Untersuchungen werden besprochen.
In diesem Teil wird alles sehr sachlich, detektivisch fast, beschrieben und man liest hier fast einen Kriminalfall.
Eine der Überlebenden ist Carla Finck, um die es denn im weiteren Verlauf des Romans geht. Sie saß mit im Zug, aber unter einem anderen Namen und es ist eine sehr spannende Geschichte, wie es dazu gekommen sein könnte. Hier wird uns eine Liebesgeschichte erzählt, zwischen Carla und Richard, der aer nicht der Mann an ihrer Seite war. Denn Richard hätte gar nicht im Zug sitzen können, als Jude in Deutschland zu dieser Zeit.
Dieses Zugunglück hatte aber noch viele andere, weitreichende Folgen auf viele Menschen und ihre Zukunft, die sich veänderte . Der Autor versteht es auf einzigartige Weise die Schicksale miteinander zu verknüpfen. Er beherrscht dabei sowohl die sachliche als auch die emotionale Ebene perfekt und findet Worte und Beschreibungen, die oft schon poetisch anmuten.
In manchen Teilen konnte ich Zusammenhänge und Schlußfolgerungen nicht nachvollziehen und deshalb blieben mir einige Fragen zuviel offen am Ende. Ein Buch, das volle Konzentration verlangt, dann aber sehr gute Unterhaltung bietet.

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