Mutig das eigene Leben gestalten
Historische Romane, vor allem, wenn sie nicht bereits nach einem Band beendet sind, zählen zu meinem bevorzugten Lesestoff. So habe ich bereits mit großem Interesse den Vorgängerband dieses Romans, "So ...
Historische Romane, vor allem, wenn sie nicht bereits nach einem Band beendet sind, zählen zu meinem bevorzugten Lesestoff. So habe ich bereits mit großem Interesse den Vorgängerband dieses Romans, "So weit die Störche ziehen", gelesen. Sind im ersten Band der s.g. Gutsherrin-Saga die Jahre 1939 bis 1945 Themenschwerpunkt, so ist der zweite Band der Nachkriegszeit bis zum Bau der Berliner Mauer gewidmet.
Dora, Hauptprotagonistin, ist mit ihrer Familie auf einem Bauernhof in der Lüneburger Heide mehr oder weniger gestrandet. Und steht inzwischen vor der entscheidenden Frage, ob und wie ihr Leben weiter verlaufen soll. Und mit dieser Frage Doras wird man bereits nach wenigen Seiten konfrontiert, da sich Dora ohne Wissen der Familienmitglieder um einen Studienplatz der Veterinärmedizin an verschiedenen Universitäten beworben und ihr tatsächlich ein Studienplatz angeboten wird. Als sie dann unerwartet durch das Rote Kreuz den letzten Aufenthaltsort ihres geliebten und schmerzlich vermissten Curt erfährt, wagt sie gemeinsam mit ihrer Pflegetochter Clara den Umzug nach Ostberlin. Dort will sie nicht nur ihr Studium aufnehmen, sondern hofft auf nähere Informationen bis hin zum Auffinden von Curt. Eine Unterkunft findet sich bei den Schwiegereltern ihres Bruders, doch dass es sich bei dem Schwiegervater um einen hohen Parteifunktionär.
Und auch in diesem Band hat mich die Autorin mit ihrer einnehmenden Schreibweise sofort wieder eintauchen lassen in die Vergangenheit. Dieses mal intensiv in die ostdeutsche Vergangenheit, indem sie auf eine sehr geschickte Weise die Entstehungsgeschichte der DDR mit bzw. an Hand von Dora zum Leben erweckte. Und gerade die Kombination mit einem Parteifunktionär im direkten und täglichen Alltag verleiht dem Roman eine ganz besondere Intensität und lassen hautnah spüren und miterleben, wie sich die Menschen in Ost und West gefühlt haben, wie und was sie gedacht haben und welche Konsequenzen in Erwägung gezogen wurden. Jetzt lässt dich viele rückblickend sehen, doch mit Hilfe dieses Romans lebt man förmlich in dieser schicksals- und entscheidungserheblichen Zeit. Berührend, aufrüttelnd, verstörend, fragend aber auch dankbar für die spätere Entwicklung Deutschlands.