Cover-Bild Kleine Paläste
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22,00
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  • Verlag: Arche Literatur Verlag AG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 20.08.2021
  • ISBN: 9783716028049
Andreas Moster

Kleine Paläste

Mehr als dreißig Jahre haben Hanno Holtz und Susanne Dreyer sich nicht gesehen, obwohl sie direkt nebeneinander aufgewachsen sind. Nun ist Hanno in die Kleinstadt seiner Kindheit zurückgekehrt und kümmert sich nach dem Tod seiner Mutter um den Vater. Unsicher streift er durch die kleine Welt, aus der er als Jugendlicher vor Jahrzehnten ausgebrochen ist. Susanne sieht ihm dabei zu. Sie hat ihr Elternhaus und besonders den Platz am Fenster im Obergeschoss mit Blick auf das Haus der Familie Holtz nie verlassen. Als sie sich entschließt, Hanno ihre Hilfe anzubieten, wird die Ruhe des Ortes gestört. Denn plötzlich treffen alte Erinnerungen aufeinander, in deren verschleiertem Zentrum eine Geburtstagsfeier im Sommer 1986 steht. Niemand ist davon unversehrt geblieben und niemand kann den Blick abwenden, als nach fast dreißig Jahren nun Licht durch die Risse der kleinen Paläste dringt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.02.2022

Trautes Heim, Glück allein. Nicht.

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Hannos Mutter Sylvia ist verstorben, ermordet vom Hund. Das teilt sie mir sofort zu Beginn des Buches mit und auch, dass es nicht der erste Mordversuch des Hundes war, aber der erfolgreichste. Weil nun ...

Hannos Mutter Sylvia ist verstorben, ermordet vom Hund. Das teilt sie mir sofort zu Beginn des Buches mit und auch, dass es nicht der erste Mordversuch des Hundes war, aber der erfolgreichste. Weil nun ist sie ja tot. Da Carl, Hannos Vater, dadurch alleine ist, kehrt Hanno nach Hause zurück, fast dreißig Jahre war er weg. Aus Gründen. Susanne, die Nachbarstochter wiederum, die war nie weg. Die wohnt nach dem Tod ihrer Eltern immer noch nebenan und beobachtet. Als Hanno Hilfe bei der Pflege von Carl braucht, der dement und auf den Rollstuhl angewiesen ist, ist Susanne zur Stelle. Auch sie hat ihre Gründe, die sie seit Jahrzehnten verschweigt.

Schon der erste Satz ist grandios und zeigt die Richtung an, in die sich die Geschichte entwickelt. Sylvia ist zwar tot, aber ihre Gedanken und Gefühle bekomme ich als Leser mit. Die Story springt zwischen Sylvia, Hanno und Susanne hin und her, dazu noch zwischen den Jahren. Was damals im Jahre 1986 geschah, bleibt lange unklar. Was in 2018 passiert, das bekomme ich hautnah mit. Die Sprünge halten eine gewisse Spannung aufrecht und über allem schwebt eine unterschwellige Gefahr, die ich nicht näher benennen kann. Ich spüre, dass etwas Gewaltiges der Grund dafür ist, dass die Beteiligten zerrissen, zerstört, ja fast schon dysfunktional durch ihr Leben stolpern. Als ich den Grund dann irgendwann erfahre, bin ich entsetzt, aber endlich macht vieles einen Sinn. Die gutbürgerliche Fassade hat lange gehalten. Bis sie es nicht mehr tut.

Ein literarischer Genuss, der von mir verdiente fünf Sterne bekommt. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 05.11.2021

In meinem Leben, wie es hätte sein sollen

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„Susanne sah ihn nicht mehr an, sprach kein Wort mehr mit ihm. Die halbe Stunde blieb ihm ein Rätsel. Ein ganzer Mensch schien darin verschwunden zu sein, eine Zeitspalte, in die Susanne durch seine Schuld ...

„Susanne sah ihn nicht mehr an, sprach kein Wort mehr mit ihm. Die halbe Stunde blieb ihm ein Rätsel. Ein ganzer Mensch schien darin verschwunden zu sein, eine Zeitspalte, in die Susanne durch seine Schuld gestürzt war, durch irgendetwas, was er getan oder nicht getan hatte.“

Inhalt

Susanne Dreyer hat geduldig gewartet, bis in ihrem Nachbarhaus endlich jener Zustand eintritt, bei dem sie in Erscheinung treten kann, nachdem sie im Sommer 1986 der Familie von außen gesehen den Rücken gekehrt hat, während sie innerlich nie Abstand nehmen konnte. Jetzt ist Sylvia Holtz, ihre Nachbarin, die Frau von Carl gestorben und deren einziger Sohn Hanno kehrt zurück, um sich um den im Rollstuhl sitzenden Vater, der mittlerweile an Demenz leidet zu kümmern. Und Susanne ist da, wie all die Jahre zuvor, als ihr Leben an einem Sommerabend eine alles verändernde Wendung genommen hat, die sie bis heute dazu veranlasst, die Familie Holtz durchs Fenster heimlich zu beobachten. Aber Hanno ist einfach nur froh, dass Susanne ihm nun ihre Hilfe anbietet, nicht ahnend, dass sie eine ganz persönliche Rechnung begleichen möchte …

Meinung

Von diesem Buch bin ich tatsächlich schwer begeistert, nicht nur wegen der Story an sich, die so ganz alltäglich und nebensächlich wirkt, aber bereits auf den ersten Seiten eine immense Dichte und Intensität erreicht. Eigentlich überzeugt mich hier das Gesamtpaket, angefangen bei einem leichten, prägnanten Schreibstil, der mehr beobachtend und distanziert wirkt und dennoch jedwede Gefühlsregung vermitteln kann, über die sich langsam entfaltende Geschichte mit ihren deutlichen Prämissen und klaren Strukturen, bis hin zu einer höchst feinfühligen Persepektivenvielfalt, die selbst Stimmen aus dem Jenseits aktiviert. Äußerst selten kann mich ein Buch so dermaßen in seinen Bann ziehen, dass ich es immer weiterlesen möchte, insbesondere wenn es sich um eine Erzählung der Gegenwartsliteratur handelt, die eine so greifbare, realistische Handlung vorzuweisen hat, die rein theoretisch genau so hätte stattfinden können.

In Erinnerung bleibt nicht nur die Anfangsszene, in der ein Hund zum Mörder wird, sondern auch die schleichende Beklemmung, die sich mit jeder Seite weiter manifestiert und so genau nicht in Worte zu fassen ist. Die Thematiken des Buches sind tatsächlich sehr umfassend, fast schon willkürlich gewählt und folgen keinem bestimmten Ablauf, so dass die Spannung irgendwo zwischen den Zeilen feststeckt und man gezwungen ist, dort weiterzustochern, wo man die Leichen im Keller vermutet. Sehr hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Stimmen aus der Vergangenheit, die immer wieder kleine Episoden in ein anderes Licht tauchen und die Zusammenhänge umso deutlicher hervorheben.

Fazit

Für mich ein absolutes Jahreshighlight, dem ich begeisterte 5 Lesesterne gebe. So genau kann ich meine Faszination gar nicht beschreiben, denn allein die literarische Umsetzung und der Schreibstil sind zwar top aber durchaus nicht so ungewöhnlich.

Auch die Handlung hat keinen wahnsinnigen Reiz, verliert sie sich doch zwischen zwei Einfamilienhäusern, deren Bewohnern und einer langen, langen Zeit.

Und dennoch ist es der rote Faden, dem ich hier nur zu gern um jede Ecke gefolgt bin, mit genau der richtigen Distanz zwischen den Protagonisten und dem Leser, mit dem Zeigefinger auf der Wunde, die immer noch schmerzt, bis zum bitteren Ende. Ein Roman der bei mir sehr lange nachhallt und dem ich viele Leser wünsche, denen es nicht vordergründig um eine spektakuläre Story geht, sondern um die leisen Zwischentöne, bei denen die Melodie aus Vergangenheit, Gegenwart, Schuld und Vergebung zu einem Ohrwurm wird.

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Schein oder Sein

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Ein beschauliche Kleinstadt und zwei völlig verschiedene Familien im direkten Nachbarschaft, deren Leben durch ein Ereignis vor 30 Jahren für immer miteinander geflochten sind.

Familie Holtz mit Sohn ...

Ein beschauliche Kleinstadt und zwei völlig verschiedene Familien im direkten Nachbarschaft, deren Leben durch ein Ereignis vor 30 Jahren für immer miteinander geflochten sind.

Familie Holtz mit Sohn Hanno und Familie Dreyer mit Tochter Susanne leben zwar nebeneinander, aber für eine enge Freundschaft waren Frau Dreyers Brüste zu perfekt und Herr Holtzs Geldbörse zu dick. Trotzdem wachsen Hanno und Susanne zusammen auf, gehen gleiche Schule, streifen stundenlang durch den Wald. Bis Sommer 1986 auf einem Geburtstagsfest alles auseinanderbrach. Die Familien nehmen sich ab da an voneinander noch mehr Abstand, Hanno zieht weg, Susanne bleibt. Nach 32 Jahre später kehrt Hanno zurück. Nicht dass er seine Eltern vermisst oder jahrelang wöchentlich gewechselte Bettwäsche auf seinem Jugendbett nach ihm gerufen hat, sondern seine Mutter Sylvia plötzlich und unerwartet stirbt, wobei sein Vater seit Jahren pflegebedürftig auf dem Rollstuhl sitzt. Hanno beerdigt seine Mutter, übernimmt die Pflege von seinem Vater und Susanne, die mittlerweile Vollwaise ist, beobachtet alles erstmals distanziert aus dem Fenster. Nach paar Tagen dennoch erkennt Susanne, dass Hanno mit der Versorgung seines Vaters völlig überfordert ist und bietet ihm ihre Hilfe an. Doch die Wiederbegegnung die übriggebliebenen Familienmitgliedern reißt die alten Wunden wieder auf. Was ist damals passiert?

Mit seinen klugen, poetischen und lakonischen Sprache hat mich der Hamburger Autor in einer Kleinstadt mitgenommen, um mich schon ab ersten Seiten auf seinen Bann zuziehen. Die geheimnisvolle Handlung entwickelt einen Sog, aus dem ich mich nicht entziehen konnte! Was mir aber an der Lektüre ganz besonders gefallen hat, ist: nicht nur Mosters meisterhafter Schreibstil, sondern seine haargenauer Beobachtungsgabe und präzise Erzählkunst. Eigentlich passiert hier nicht viel. Man reist zwischen 1986 und 2018 hin und her, beobachtet die Mauern wie die erst hoch wachsen, dann Stück für Stück bröseln begannen und um Ende auseinanderzufallen. Mal erzählt Hanno von damals und heute, mal berichtet Susanne und zwischen durch geistert Hannos Mutter. Ja, sie geistert und das ist die Besonderheit von diesem Buch. Genialer Aufbau, sehr gut gelungener Perspektivenwechsel, vielschichtige Charaktere, was will man mehr.

Neid, Trauma, Schuldgefühle, Sprachlosigkeit spielt in Andreas Mosters neuer Roman zwar große Rolle, doch zwischendurch hat er mir immer wieder ein Lächeln im Gesicht gezaubert. Ohne viel Tamtam, kaum Dialoge aber mit messerscharfen Beobachtungen hat er mich fast atemlos die ganze Story folgen lassen. Großartige Schreibkunst, außergewöhnliche Erzählstimmen, grandiose Geschichte, welche ich nur weiterempfehlen kann.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

Geisterstunden in der Vorgarten-Idylle

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Die akkurat dekorierte Vase auf dem Cover platzt wie die vielen schönen Fassaden, hinter denen sich in Andreas Mosters neuem Roman „Kleine Paläste“ die Protagonisten verstecken. In penibel renovierten ...

Die akkurat dekorierte Vase auf dem Cover platzt wie die vielen schönen Fassaden, hinter denen sich in Andreas Mosters neuem Roman „Kleine Paläste“ die Protagonisten verstecken. In penibel renovierten Häusern, den kleinen Palästen, zeigt jeder von außen, was er hat, während sich im Inneren kleine Tragödien abspielen und die Nachbarn penibel beäugt und kritisiert werden. Susanne Dreyer hat sogar seit Jahrzehnten ihre eigene pedantische Art der Überwachung - mit dem Fernglas beobachtet und notiert sich die Frau jede Bewegung im Nachbarhaus. Ihr Objekt ist der mittlerweile senile Carl Holtz, seit einer Demenzerkrankung pflegebedürftig an den Rollstuhl gefesselt - nach dem durch einen Hund ausgelösten Unfalltod seiner Frau Sylvia (ein absolut fulminantes Einleitungskapitel schildert diese Szene) ist Hanno nach langer Abwesenheit ins Elternhaus zurückgekehrt, um sich um den Vater zu kümmern.

Susanne und Hanno waren früher in der Kindheit sehr gut befreundet, kamen sich sogar mal näher. Susannes Eltern Karin und Jürgen sind verstorben, kurzerhand beschließt Susanne die Pflege von Carl zu übernehmen. Der überforderte Hanno freut sich über die Selbstlosigkeit von Susanne, macht sich Hoffnungen, dass sie wieder zueinanderfinden und fängt an, das Haus zu renovieren. Doch Susannes mysteriöses Interesse gilt zunehmend Carl, der schon immer zu tief ins Glas geschaut hat und alle Stricke laufen subtil spannend und klug komponiert auf eine „Palast“-Einweihungsparty im Jahre 1986 ineinander, die alkoholdurchtränkt aus dem Ruder gelaufen ist. Ein traumatisches Ereignis hält beide Familien schicksalshaft aneinander fest.

Mit einer virtuos geschliffenen, poetischen und lakonischen Sprache, die in ihrer außergewöhnlichen, detailumwobenen und schwarzhumorigen beobachtenden Art tief bewegt und fasziniert, erschafft Andreas Moster eine eindringliche Nachbarschaftshölle voller zwischenmenschlicher Abgründe, die der Leser so schnell nicht vergessen wird. Abwechselnd in den Zeiten 2018 und 1986 und aus unterschiedlichen Perspektiven deckt er Schicht für Schicht die traumatischen Ereignisse auf. Mit einem erzählerisch genialen Kniff lässt Moster sogar Geister der verstorbenen Eltern auftreten und ermitteln, die selbst aus dem Jenseits die Dinge in ihren Palästen noch kontrollieren möchten. Detaillierte und sehr direkte Schilderungen von Carls Pflege treffen auf satirisch anmutende Charakterzeichnungen und gesellschaftliche Schattenseiten - doch der anfängliche schwarze Humor weicht im Laufe des Romans einer beklemmenden Tragödie, ausgelöst durch Nichteingreifen, Verdrängen und Unausgesprochenem in der eigenen Familie.

Andreas Mosters bestechende Prosa sucht in ihrer Besonderheit ihresgleichen und auch der Roman ist inhaltlich sehr eigen - aber beides unbedingt lesenswert!

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Ein Blick hinter die Fassade einer Kleinstadtidylle - außergewöhnliche Erzählart mit Sogwirkung, unterschwelliger Spannung und messerscharfer Beobachtungsgabe

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Nach dem Tod seiner Mutter Sylvia kehrt Hanno nach 28 Jahren wieder in sein Elternhaus zurück, um sich um seinen pflegebedürftigen Vater zu kümmern. Dieser ist an Alzheimer erkrankt und sitzt im Rollstuhl. ...

Nach dem Tod seiner Mutter Sylvia kehrt Hanno nach 28 Jahren wieder in sein Elternhaus zurück, um sich um seinen pflegebedürftigen Vater zu kümmern. Dieser ist an Alzheimer erkrankt und sitzt im Rollstuhl. Hanno ist sichtlich überfordert mit der Situation, bemüht sich, aber kann nicht umhin, einen gewissen Ekel vor der körperlichen Pflege zu empfinden.
Susanne im Haus nebenan ist im gleichen Alter wie Hanno, als Kinder haben sie gemeinsam gespielt und bei einer Geburtstagsfeier von Hannos Vater sind sie sich als Teenager näher gekommen. Susanne hat ihr Elternhaus nie verlassen, selbst als beide Eltern verstorben waren. Sie hatte dagegen immer ein Auge auf das Nachbarhaus der Familie Holtz, beobachtet nun den überforderten Hanno und greift beherzt ein. Sie kümmert sich um Haushalt und Pflege von Carl, denn sie kennt die Abläufe und Gewohnheiten durch ihren Blick aus dem Fernglas. Hanno ist einerseits erleichtert, entwickelt aber zunehmend ein schlechtes Gewissen in Bezug auf Susannes bereitwilliges Engagement. Im Umgang miteinander sind die beiden zudem gehemmt und wissen nicht so recht, welche Art der Beziehung sie führen oder aufbauen.

"Kleine Paläste" ist ein Roman, der den Leser schon nach dem ersten Kapitel durch die unverblümte, direkte Sprache und präzise Beobachtungsgabe für sich einnimmt.
Der Roman wechselt zwischen der Vergangenheit im Jahr 1986 und der Gegenwart im Sommer 2018 sowie zwischen den unterschiedlichen Perspektiven von Sylvia, Hanno und Susanne. Er handelt von einer Geburtstagsfeier, die Hannos Eltern zum Anlass genommen haben, um den Umbau ihres Hauses zu präsentieren. Vor allem Sylvia wollte damit demonstrieren, endlich dazuzugehören, Teil der Kleinstadtidylle zu sein und die anderen mit ihrem Besitz noch zu übertrumpfe. Doch die Feier lief aus dem Ruder, brachte die Fassade zum Einstürzen und führte zu getrennten Wegen der unmittelbaren Nachbarn.

Die Erinnerungen an dieses Ereignis beschäftigen die Charaktere, als Hanno wieder zurückkommt. Im Gegensatz zu Susanne, die ihren Mikrokosmos nie verlasen hat und in einer zunächst nicht nachvollziehbaren Abhängigkeit zu ihren Nachbarn steht, hat Hanno ein rastloses Leben geführt und steht vor der Entscheidung, ob und unter welchen Umständen er bleiben soll.

Der Roman ist vielschichtig, erzählt von schwierigen Familienkonstellationen, von Konflikten unter den Generationen, vom Neid und Argwohn unter Nachbarn und dem Gefühl einer permanenten Konkurrenz und dem Wunsch sich gegenseitig übertrumpfen zu wollen.
Hanno und Susanne sind anders als ihre Eltern, rebellieren jeder auf seine eigene Weise, wirken aber im Alter von Mitte 40 seltsam verloren und hilflos. Trotz der Nähe, die sich schon allein durch den zeitweiligen Einzug Susannes bei Hanno als Haushälterin und Pflegerin ergibt, herrscht zwischen den beiden zwischenmenschlich Unsicherheit und Schweigen.

Der Roman kommt mit wenigen Dialogen aus, konzentriert sich vielmehr auf die Gedankenwelt der einzelnen Charaktere und ihre messerscharfen Beobachtungen. Eine unterschwellige Spannung wird vor allem dadurch entwickelt, dass man nicht abschätzen kann, was als nächstes passieren wird und worin die Geschichte ihr Ende finden wird.
Es sind vor allem die außergewöhnlichen Erzählstimmen und die fein gezeichneten, authentischen Charaktere, die das Buch zu einem fesselnden Leseerlebnis machen.
Das Streben nach Höheren ist menschlich und nachvollziehbar, sorgt jedoch unweigerlich für Neid, Enttäuschungen und Überheblichkeit. Der Autor wirft einen Blick hinter die Fassade, bringt sie zum Bröckeln und lässt dabei auch die Toten nicht zur Ruhe kommen. Sie geistern weiter in ihren Häusern, beobachten und kommentieren, was ihre Nachkommen falsch machen, ohne einschreiten zu können.

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