Als der junge U-Boot-Kommandant Wolf Littke in britische Kriegsgefangenschaft gerät, hat er die Wahl zwischen seiner Exekution und einem Himmelfahrtskommando zur Ermordung Hitlers. In der Hoffnung, den Krieg so zu beenden, springt er zusammen mit drei anderen Geheimagenten, einem Juden, einem Weißrussen und einem Polen, mit dem Fallschirm über Ostpreußen ab, um den Führer in seinem Hauptquartier Wolfsschanze in die Luft zu sprengen. Doch Wolf hat, wie auch die anderen drei, auch ganz eigene Motive: Er will in Königsberg seine Geliebte finden und mit ihr fliehen.
Soweit der Inhalt.
Meine Meinung:
Jürgen Ehlers ist ein fesselnder historischer Roman rund um die Bemühungen verschiedenster Gruppen, durch ein Attentat auf Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg endlich zu beenden. Die Alliierten sind am 6. Juni 1944 in der Normandie gelandet und kämpfen sich vorwärts. Doch die Nazi-Diktatur wirft alle verfügbaren Kräfte nach vorne, obwohl den meisten Militärs bereits bewusst ist, dass der Krieg verloren ist. Nur Hitler glaubt noch an einen gloriosen Endsieg. Einer von denen, die wissen, wie die Lage tatsächlich aussieht, ist Walter Schellenberg, nach der Verhaftung seines Vorgesetzten, Admiral Wilhelm Canaris, Chef der Abwehr und SS-General. Und er nützt seine Informationen für seine eigenen Interessen:
Wie die Figuren auf (s)einem Schachbrett benutzt Schellenberg die Menschen. Unter anderem auch Bernd Nitz, einen ehemaligen Schulkollegen von Wolf Littke, der ein perfides doppeltes Spiel spielt. Der schwarze König trägt eine Brille und sieht Heinrich Himmler ziemlich ähnlich, während der dicke weiße König wohl Winston Churchill darstellen soll (S.127).
Doch Schellenberg und Nitz sind nicht die einzigen, die durch undurchsichtige Machenschaften auffallen. Wird der britische SOE Wolf und seine Gruppe, wenn sie überleben, tatsächlich aus Deutschland herausholen? Oder wird man die Versprechen vergessen und die vier Männer (so wie einige andere) als Kollateralschaden abschreiben?
Noch bevor Littke zu seinem Himmelfahrtskommando aufbricht, führt er ein vielsagendes Gespräch mit einem britischen Offizier. Wolf will wissen, warum die Alliierten Hitler nicht direkt töten. Der Mann redet sich auf die mangelnde Reichweite der Flugzeuge aus. Man komme nicht bis zur Wolfschanze. Dass er, Wolf, hier eine Lüge aufgesessen ist, erfährt er bei der Bombardierung von Königsberg, als er entdeckt, dass britische Bomber über das neutrale Schweden anfliegen.
Die Charaktere sind wieder sehr gut herausgearbeitet. Manchmal hätte ich Wolf wegen seiner Naivität schütteln mögen. Allerdings ist das meinem Wissen von heute geschuldet. Wenn man mitten drinnen steckt, stellt sich die Sachlage vielleicht anders dar. Als Offizier hat er natürlichen einen hohen Anspruch an sich selbst und andere. Es kommt ihm nicht in den Sinn, dass er von Nitz verraten werden könnte. Rahel, die er aus dem KZ befreit hat, hat da schon anderes erlebt und kann nicht mehr an das Gute im Menschen glauben.
„Ich habe immer so gespielt, wie es für mich am nützlichsten war. Ich habe die Häuser und das Gold der Juden an mich gebracht und meine Geschäfte damit gemacht. Ich habe für die Nazis gespielt, weil es am meisten eingebracht hat. Wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten, hätte ich auf jeden Fall gewonnen. Aber ich habe mich abgesichert. Wenn der Umsturz gelungen wäre, hätte ich auf der Seite der Attentäter gestanden.“ (S. 380)
Wie wir es von Autor Jürgen Ehlers gewöhnt sind, ist dieser historische Roman penibel recherchiert. Gekonnt werden Fakten und Fiktion miteinander verwoben.
Es wird uns vor Augen geführt, dass die Gruppe um Wolf Littke ziemlich lange auf die richtige Gelegenheit, den Sprengstoff zu platzieren warten muss. Und dann ist noch die Unwägbarkeit des Adolf Hitler, der sprunghaft mehrmals seine Meinung ändert. Doch Geduld scheint nicht die große Stärke der vier höchst unterschiedlichen Männer zu sein. Deshalb gehen sie zwischendurch ihren eigenen Plänen nach. Letzten Endes ist dann die Widerstandsgruppe rund um Stauffenberg mit dem bekannten unglücklichen Ausgang schneller.
Der Schreibstil ist wie immer fesselnd. Ein umfangreiches Nachwort sowie ein Personen- und Ortsverzeichnis ergänzen das Buch.
Fazit:
Ein gelungener historischer Roman, der bis zur letzten Seite fesselt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.