Cover-Bild Identitti
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 432
  • Ersterscheinung: 15.02.2021
  • ISBN: 9783446269217
Mithu Sanyal

Identitti

Roman
„Was für eine gnadenlos witzige Identitätssuche, die nichts und niemanden schont. Man ist nach der Lektüre nicht bloß schlauer – sondern auch garantiert besser gelaunt.“ (Alina Bronsky) - Auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2021

Was für ein Skandal: Prof. Dr. Saraswati ist WEISS! Schlimmer geht es nicht. Denn die Professorin für Postcolonial Studies in Düsseldorf war eben noch die Übergöttin aller Debatten über Identität – und beschrieb sich als Person of Colour. Als würden Sally Rooney, Beyoncé und Frantz Fanon zusammen Sex Education gucken, beginnt damit eine Jagd nach „echter“ Zugehörigkeit. Während das Netz Saraswati hetzt und Demos ihre Entlassung fordern, stellt ihre Studentin Nivedita ihr intimste Fragen. Mithu Sanyal schreibt mit beglückender Selbstironie und befreiendem Wissen. Den Schleudergang dieses Romans verlässt niemand, wie er*sie ihn betrat.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2021

Eine Frage der Identität?

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Schon immer weiß Nivedita nicht so richtig, wo sie hingehört. Als Tochter einer Polin und eines Inders lebt sie in Düsseldorf und studiert Postcolonial Studies bei der berühmten (und berüchtigten) Professorin ...

Schon immer weiß Nivedita nicht so richtig, wo sie hingehört. Als Tochter einer Polin und eines Inders lebt sie in Düsseldorf und studiert Postcolonial Studies bei der berühmten (und berüchtigten) Professorin Saraswati. In ihr hat Nivedita ein Vorbild gefunden, an dem sie sich orientieren kann und das ihr eine Identität gibt. Doch dann der Skandal: Saraswati hat mit Indien gar nichts zu tun. Sie ist auch keine PoC (=Person of Colour), sondern weiß. Nivedita ist am Boden zerstört. Warum hat Saraswati sie angelogen? Und was bedeutet das nun für Saraswatis Lehren und Niveditas eigene Identität? Wütend macht sie sich zu Saraswatis Wohnung auf, um sie zur Rede zu stellen.

„Identitti“ ist ein außergewöhnliches Buch – das zeigt eigentlich schon ein Blick auf das Cover. Das stellt übrigens die Göttin Kali dar und schlägt damit einen Bogen zum Inhalt. Immer, wenn Nivedita nicht weiter weiß, begibt sie sich in einen Dialog mit ihr. Auch auf ihrem Blog, den sie als „Identitti“ betreibt, finden diese Gespräche ihren Platz. Der Sprachstil des Romans ist dabei durchaus anspruchsvoll; die Autorin geizt nicht mit Fremdwörtern und Fachbegriffen aus dem Bereich der Rassimus- und Identitätsforschung. Trotz allem kommt dabei aber auch der Humor nicht zu kurz.

Zentrales Thema des Buches ist sicherlich die Frage nach der eigenen Identität. Die Person, die diese Diskussion auslöst, ist dabei nicht einfach zu greifen. Saraswati ist selbstgefällig und arrogant, unerträglich klug und wortgewandt. In ihren Wortgefechten mit Nivedita fragt man sich unweigerlich: „Aber hat sie nicht vielleicht recht?“ Es werden die unterschiedlichsten Fragen aufgeworfen, so zum Beispiel, wann man sich eigentlich einer gewissen Identität zugehörig fühlen darf. Nur als Geburtsrecht? Ändert die Staatsangehörigkeit etwas? Und wieso ist es in Ordnung, sich einen anderen biologischen Geschlecht zugehörig zu fühlen, nicht aber einer anderen Kultur?

Auf all diese Fragen gibt der Roman keine Antworten, sondern lässt durch seine Charaktere und eine fiktive Diskussion in den (sozialen) Medien ein Nebeneinander von Meinungen entstehen. Dabei arbeitete die Autorin übrigens mit realen InfluencerInnen und JournalistInnen zusammen und bat sie, zu diesem fiktiven Diskurs einen Tweet oder Artikel zu verfassen, was der Handlung noch einmal Nachdruck verleiht. Die Antworten auf all die Fragen muss man als LeserIn schließlich selbst finden oder vielleicht gibt es hier auch gar kein „richtig“ oder „falsch“? Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Identitäten, ZUschreibungen und ein Skandal

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Ironische Distanz ist in der seit einiger Zeit laufenden Debatte um Identitätspolitik eher selten, eine gewisse Verbissenheit und Selbstgerechtigkeit dagegen leider ziemlich häufig. Das macht die Lektüre ...

Ironische Distanz ist in der seit einiger Zeit laufenden Debatte um Identitätspolitik eher selten, eine gewisse Verbissenheit und Selbstgerechtigkeit dagegen leider ziemlich häufig. Das macht die Lektüre von Mithu Sanyals Roman "Identitti", nun auch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2021, so erfrischend anders. Denn ja, man kann mit schrägem Humor und einem gewissen Augenzwinkern über Selbst- und Fremdwahrnehmung, Identitätszuschreibung und Suche nach Wurzeln schreiben und trotzdem das Thema ernst nehmen. Sanyal, bisher Sachbuchautorin, hat das in ihrem Romandebüt klar bewiesen.

Die Frage "Woher kommst du?" nervt die aus dem Ruhrgebiet stammende und in Düsseldorf studierende Nivedita schon lange. Die Frage, wer und was sie eigentlich ist, beschäftigt die Tochter einer deutschen Mutter mit polnischen Wurzeln und eines indischen Vaters schon seit ihrer Kindheit, Wie gerne wäre sie doch ein richtiges indisches Mädchen, was irgendwie viel cooler ist als Ruhrgebietsdeutsche. Allein, bei der Verwandtschaft in Birmingham wird sie als "coconut" wahrgenommen - außen braun, innen weiß. Cousine Prita ist da viel indischer, und auch die Rassismuserfahrungen sowohl der britischen Verwandtschaft als auch der Elterngeneration sind viel drastischer gewesen, so dass sich die Millenial-Studentin der Postcolonial Studies und unter dem Namen Identitti über Rassismus, Identität und Brüste bloggende Nivedita nicht ernst genug genommen fühlt, das Gefühl hat, beim Thema Diskriminiserungserfahrung nicht wirklich mithalten zu können.

Immerhin: Sie hat Saraswati, Professorin für Postcolonial Studies und der Dreh- und Angelpunkt ihres akademischen Lebens. Die Professorin, die im ersten Semester alle Weißen aus dem Seminar geschmissen hat und nur BiPoC in ihrer Klasse duldete. Doch wo beginnt ein BiPoC, und wo endet das Weißsein? Im Fall von Saraswati, so stellt sich zu Niveditas Schrecken heraus, ist das in Personalunion der Fall. Die stets in Dupatta auftretende charismatische Professorin wurde als - weiße - Sara Vera geboren und hat sich als Saraswati komplett neu erfunden.

Der Fall erinnert an den Fall Rachel Dolezal in den USA. Die angebliche afroamerikanische Bürgerrechtsaktivistin wurde als Weiße geoutet. Wie im damaligen Fall erntet auch Saraswati in sozialen Medien und im Alltag einen Shitstorm, der für Nivedita wie der Chor einer griechischen Tragödie ist. Die wütende, verwirrte, verletzte und nach Antworten suchende Studentin nistet sich im Gästezimmer der Professorin ein, versucht die Motive zu ergründen, gerät selbst in die Kritik.

Can you say good bye to it all? In diesem Fall zum Weißsein? Saraswati kommt mit dem Begriff des "transracial". Wenn Geschlecht eine Frage nicht des Aussehens, sondern des eigenen Identitätsgefühls, wenn dieser inere Zustand auch durch eine äußere Wandlung vollzogen werden kann - kann das nicht auch für Weißsein gelten? Und sind Weiße per se dazu verdammt, rassistisch zu sein, während BiPoC die Erfahrung von Schmerz und Diskriminierung exklusiv haben? Was ist etwa mit migrantischen Weißen? Und wer hat die Deutungshoheit über den Begriff BiPoC? Es ist kein Zufall, das Sarawati auf einer Demonstration ihre einstige Starstudentin Oluchi - deutsche Mutter, nigerianischer Vater, der sich schon vor ihrer Geburt aus dem Staub gemacht hat, am meisten trifft, als sie ihr entgegenschleudert: Wenn du durch die Straßen von Lagos gingst, würdest du als weiße deutsche Touristin wahrgenommen.

Die Fragen und Thmen, mit denen sich Sanyal in Identitti beschäftigt sind real und ernst. Dass sie es schafft, einen leichten Ton zu finden und auf Pathos zu verzichten, macht das Buch nicht nur lesenswert, sondern auch unterhaltsam. Und als besonderes Highlight gibt es darin die inneren Dialoge zwischen Nivedita und der Göttin Kali, die ebenfalls ihre Kommentare abgibt.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Kluger Roman

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Nivedita, im Internet unterwegs als Identitti, Studentin, Frau, Halb-Polin/Halb-Inderin, Wahldüsseldorferin, Kaliverehrerin, usw. beschäftigt sich viel mit dem Thema Identität. Besonders seit sie bei Professorin ...

Nivedita, im Internet unterwegs als Identitti, Studentin, Frau, Halb-Polin/Halb-Inderin, Wahldüsseldorferin, Kaliverehrerin, usw. beschäftigt sich viel mit dem Thema Identität. Besonders seit sie bei Professorin Saraswati Postcolonial Studies belegt, einer charismatischen Dozentin, die wie Nivedita indische Wurzeln hat. Oder dies zumindest behauptet, denn eigentlich ist Saraswati weiß und heißt Sarah Vera. Plötzlich als weiß geoutet, entspinnt sich ein handfester Skandal, der Nivedita in tiefe Verzweiflung stürzt.
Hat man vor der Lektüre gedacht, man wäre ein aufgeschlossener, vorurteilsfreier Mensch, dem Alltagsrassismus fremd ist, so hat man nachher das Gefühl, man hätte bisher im Leben so ziemlich jedes rassistische, sexistische oder sonstwie-sche Fettnäpfchen mitgenommen, das den eigenen Weg gekreuzt hat. Die Autorin stellt die Thematik überspitzt dar, trotzdem legt sie gezielt Finger auf wunde Punkte. Manches wirkt so abstrus, dabei hat sich Sanyal den ganz realen Skandal um Rahel Dolezal als Ausgangspunkt für ihren Roman vorgenommen. Mancher Tweet, manche Aussage haben also mehr wahren Kern als man glauben mag. Trotzdem bleibt der Nachgeschmack, dass viele sich mit ihrer Meinung nur profilieren wollen oder sich aufregen, um sich mal aufgeregt zu haben. Die eingebetteten Zitate lockern die Handlung auf, manchmal fand ich sie etwas zu gehäuft, sodass der Lesefluss litt. Gleiches gilt für Anhäufungen von Fachbegriffen oder auch die ein oder andere Figur, die in einem Mischmasch von Deutsch und Englisch spricht.
Nivedita, ihre Cousine Priti und natürlich Dozentin Saraswati sind tolle Figuren. Nivedita ist manchmal ein wirklich unsicherer Mensch, auch wenn man ihr das erst einmal nicht anmerkt. Ihre inneren Monologe mit Göttin Kali sorgen oft für einen witzigen Unterton, offenbaren aber auch wie es in Nivedita wirklich aussieht. Ein wenig verloren ist sie unterwegs, Saraswati ein größerer Anker bei der verwirrenden Identitätssuche als zunächst angenommen. Die ist nun wirklich undurchschaubar; ein sehr ausdrucksstarker Mensch, der andere schnell mit seiner Klugheit begeistert und ganz neue Denkweisen eröffnet. Man kann schnell verstehen, warum sie ihre Studenten so fasziniert. Die spannende und wendungsreiche Suche nach ihrer wahren Identität unterhält auf hohem Niveau und verbindet so ernste Töne zu einem brandaktuellen Thema mit literarischem Vergnügen.

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Wichtige Themen

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Ein Skandal: die Professorin für Postcolonial Studies ist weiß. Ihre beste Studentin Nivedita kann das nicht glauben. Sie selbst sucht ihre Identität und betreibt darüber einen Blog.

Das Buch liest sich ...

Ein Skandal: die Professorin für Postcolonial Studies ist weiß. Ihre beste Studentin Nivedita kann das nicht glauben. Sie selbst sucht ihre Identität und betreibt darüber einen Blog.

Das Buch liest sich nicht schnell weg. Gerade zu Beginn des Buches musste ich immer wieder eine Pause machen. Doch irgendwann war ich fasziniert von der Geschichte. Die Göttin, die Professorin, die sich für eine Göttin hält und Nivedita, die das alles verstehen möchte. Es gibt immer weitere Entwicklungen und gleichzeitig auch Input zum Thema Identitäten.

Toll finde ich, dass echte Zitate eingebunden wurden. Das hatte ich überhaupt nicht erwartet und hat mich am Ende überrascht.

Einziger Kritikpunkt ist für mich Priti. Hauptsächlich störte mich ihre Sprache im Lesefluss. Und dann wäre einerseits mehr Potential in dem Charakter gewesen. Letztendlich verlaufen dann alle Erzählstränge von ihr im Nichts.

Das Cover passt perfekt zum Inhalt des Buches.

Ich würde das Buch aber nicht für Jedermann empfehlen, denn die Sprache ist eher literarisch oder universitär. Aber es liefert neue Impulse in einem wichtigen gesellschaftlichen Diskurs.

Veröffentlicht am 21.09.2021

Let love flow like a river

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Zuerst wollte ich den Roman nicht lesen, weil ich befürchtete, dass er sich zu plakativ an die Themen des MeToo und Persons of Color hängt.
Doch als der Roman immer mehr Aufmerksamkeit und positive Stimmen ...

Zuerst wollte ich den Roman nicht lesen, weil ich befürchtete, dass er sich zu plakativ an die Themen des MeToo und Persons of Color hängt.
Doch als der Roman immer mehr Aufmerksamkeit und positive Stimmen bekam und sogar für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde, habe ich doch zum Buch gegriffen.
Und tatsächlich ist der Roman gut geschrieben, empathisch in der Figurendarstellung und oft auch witzig.
Die Vorfälle um den Skandal um eine Professorin Saraswati und ihrer kulturellen Aneignung werden von der Studentin Nivedita beobachtet. Als Leser ist man dicht an ihr dran. Sie hat einen deutschen Vater und eine indische Mutter.
Die Sozialen Medien und was sie in Bewegung setzen können, werden in diesem Buch ziemlich genau dargestellt.
Ein rasantes Buch!