Lesehighlight! Für mich der bisher beste und emotionsvollste Band der Fräulein Gold Reihe!
Berlin 1925
Vor Hulda Gold liegt wieder eine neue Herausforderung, da sie zur leitenden Hebamme in der Frauenklinik Berlin-Mitte befördert wurde. Ihr großes Ziel ist es die Bedingungen für Schwangere zu ...
Berlin 1925
Vor Hulda Gold liegt wieder eine neue Herausforderung, da sie zur leitenden Hebamme in der Frauenklinik Berlin-Mitte befördert wurde. Ihr großes Ziel ist es die Bedingungen für Schwangere zu modernisieren und den Geburten einen persönlicheren Rahmen zu geben. Doch die männerdominierende Ärzteschaft macht es ihr nicht einfach und weist sie immer wieder in ihre Schranken. So resolut sie im beruflichen Bereich ist, so unentschlossener ist sie in ihrem privaten. Immer wieder kommen bei ihr die Gedanken auf, ob ihre Gefühle für Johann Wenckow stark genug sind um mit ihm ihr restliches Leben zu verbringen und ob sie den Ansprüchen seiner Eltern, die sich in gehobenen Kreisen bewegen, genügen würde. Die Oberflächlichkeit dieser Gesellschaft und die gezwungenen Etiketten reizen sie überhaupt nicht und engen sie ein. Wohl fühlt sie sich in ihrem lebendigen Viertel in Schöneberg, wo sie angesehen ist und alle ihre Freunde im nahen Umfeld hat. Doch Hulda muss die Erfahrung machen, dass unvorhersehbare Ereignisse ihr ganzes Leben wieder einmal auf den Kopf stellen und sie zum Umdenken gezwungen wird.
Voller Vorfreude habe ich dem 4. Band der Fräulein Gold Reihe entgegengefiebert und kann für mich nur sagen, dass es das bisher beste und emotionsvollste Buch von allen ist. Ich liebe Anne Sterns fesselnde, ausdrucksstarke und warmherzige Erzählweise, mit der sie mich jedes Mal zu begeistern weiß. Doch in dieser Geschichte ist es ihr gelungen, den Zwiespalt von Huldas Gefühlen und Gedanken, ihre Stärke und ihre Verletzlichkeit noch eindringlicher darzustellen. Der Roman steckt voller Tragik und auch wunderschönen Momenten, in dem Freundschaft, Zusammenhalt, Mut und Entschlossenheit großgeschrieben wird. Sehr bildlich und atmosphärisch ist es, wenn man Hulda bei ihren Streifzügen durch die verschiedenen Milieus in Berlin oder bei ihrer Arbeit begleitet. Das sie ihren Beruf liebt und darin aufgeht spürt man in jeder Szene, in der sie für ihre Patientinnen da ist. Hulda steht in diesem Roman einmal mehr auch für das Bild der Frauen, die sich zur damaligen Zeit mehr Rechte und Freiheiten auf ein selbstbestimmtes Leben wünschen und nicht nur der Willkür ihrer Ehemänner oder gesetzlichen Beschränkungen unterliegen wollen. Mit jedem weiteren Band wächst sie mir mit ihrem losen Mundwerk und ihrer aufbrausenden, temperamentvollen und impulsiven Art mehr ans Herz. Ihr Verlobter Johann weiß diese Eigenschaften sehr zu schätzen, hat es aber wirklich nicht leicht mir ihr. Er hatte mein volles Mitgefühl, wenn sie ihn ständig hinhält. Auch Huldas Freundin Jette, die immer für sie da ist und ihre neue Kollegin Erna, die so herzerfrischend mit ihrer Berliner Schnauze rüberkommt, haben zu vielen schönen Momenten in der Geschichte beigetragen.
Richtig geschockt hat mich die dramatische Entwicklung zum Ende hin, die mich auch zu Tränen gerührt hat. Es bleiben so viele offene Fragen und ich kann Huldas Zukunftssorgen voll nachvollziehen! Nach der kurzen Leseprobe fiebere ich jetzt noch mehr der Fortsetzung entgegen.
Mein Fazit:
„Hulda Gold: Die Stunden der Frauen“ war für mich ein Lesehighlight, bei dem ich wie in einem Sog durch die Seiten gesuchtet bin. Von mir bekommt dieser Roman eine unbedingte Leseempfehlung und hochverdiente 5 Sterne.