Selbst Genossen können ein Zwillingsherz nicht teilen
Der Palast ein Roman von Rodica Doehnert (Lago)
Georg starrte auf die geschlossene Tür, hinter der Chris verschwunden war. Gab es das überhaupt, wonach er suchte? Gab es eine Wahrheit über dem ideologischen ...
Der Palast ein Roman von Rodica Doehnert (Lago)
Georg starrte auf die geschlossene Tür, hinter der Chris verschwunden war. Gab es das überhaupt, wonach er suchte? Gab es eine Wahrheit über dem ideologischen Müllberg, die für alle Menschen galt und mit der es zu leben lohnte? S.127
Scheinbar unüberwindbare Differenzen überschatten die Liebe eines jungen Paares. Die Erziehung, die Erwartungen und die politische Prägung kollidieren mit den Träumen und Zielen der beiden Protagonisten. Das Regime der DDR nimmt beiden die Entscheidungsfindung auf dramatische Weise ab. Im August. 1961 riegeln Sicherheitskräfte der DDR Ost-Berlin ab. Stacheldraht wird gezogen und somit der Übergang von Ost nach West versperrt. Mit dem Bau der Berliner Mauer will die Führung der DDR die Abwanderung ihre Bürger in den Westen stoppen und so den „Sozialismus retten“. Die Mauer trennt Berlin und die deutsche Bevölkerung 28 Jahre lang in Ost und West.
Das Ausmaß des Schadens kann man überhaupt nicht in Worte fassen. Diese Regierung maßt sich an, ihren Bürgern ihre Ideologien aufzuzwingen, reglementiert und bestraft nicht regierungstreue Bürger. Jeder muss mit allen erdenklichen Mitteln auf Linie gehalten werden! In diesem System stehen Kontrollen und Überwachung an oberster Stelle, gedeckelt durch die sozialistische Fürsorge des Staates.
Im Gegensatz dazu steht der westlichen Teil Deutschlands unter einer kapitalistisch-demokratischen Führung.
Die Autorin erzählt von einer ost-westdeutschen Familie anhand der Schicksale von Christine und Marlene vor dem Hintergrund der deutschen Teilung und Wiedervereinigung. Zwei Schwestern treffen sich nach 28 Jahren wieder und versuchen zusammenzufinden und mit allen erdenklichen mitteln die Geheimnisse ihrer Familie zu lüften.
In Ostberlin entfaltet sich mit der Protagonistin Christine Steffen die schillernd bunte Welt des Friedrichstadt-Palastes im krassen Gegensatz zum strukturierten Alltag. Das Vorzeigeobjekt mit seinen grandiosen Shows dient im Buch als perfektes Setting, welches Privilegierte besuchen durften.
Im westlichen Teil Deutschlands ist Marlene Wenninger fest in das alteingesessene Familienunternehmen eingebunden. Sie setzt sich mit den an sie gestellten Anforderungen und Erwartungen auseinander. Konfrontationen sind unvermeidbar, gerade als immer mehr lang verschwiegene Geheimnisse ans Licht kommen.
Wie die beiden Zwillingsschwestern zueinanderfinden, erzählt die Autorin in einem fesselnden Schreibstil. Die Darlegung der emotionalen Passagen und Dramaturgie, das Lebensgefühl sowie der Lebendigkeit der damaligen Verhältnisse sind wunderbar gelungen erzählt. Mir hat diese Lektüre intensive Lesestunden geschenkt. Nach dem Beenden des Buches, habe ich mir die Verfilmung angeschaut. Ich empfehle dies unbedingt in dieser Reihenfolge zu tun, da die Spannung des Buches durch das visuell Erlebte verloren gehen könnte. Auch weicht das Geschriebene etwas von der Verfilmung ab, was der Geschichte an sich keinen Nachteil verschafft.
Der Rom ist liebevoll gestaltet. Kurze vorangestellte Kapitel-Zusammenfassungen machen neugierig auf den folgenden Lesestoff. Der Epilog erzählt die Geschichte weiter, die es im Film nicht zu sehen gibt. Ein Glossar und ein Familienstammbaum runden das Ganze ab. Ergänzend finden sich ein Nachwort und eine Danksagung der Autorin.
Fazit: Rodica Doehnert steht für erlebbare Geschichte. Mit „Das Adlon“, „Das Sacher“ und jetzt mit „Der Palast“ hat sie wunderbare Unterhaltung erschaffen. Ich hoffe auf weitere Projekte von ihr und empfehle ihre Werke daher uneingeschränkt!