„Er hatte diesen Mann unterschätzt – Eddie Flynn. Das würde ihm nicht wieder passieren.“
(Kane in Thirteen)
Worum geht’s?
Der New Yorker Strafverteidiger Eddie Flynn soll Amerikas prominentesten Mordverdächtigen vor Gericht vertreten: Robert »Bobby« Solomon – jung, attraktiv und der Liebling von ganz Hollywood. Eddies Klienten zählen normalerweise nicht zu den Reichen und Schönen. Aber wenn er von der Unschuld eines Angeklagten überzeugt ist, tut Eddie alles, um ihn freizubekommen. Und er glaubt Bobby, dass dieser nichts mit dem Mord an seiner Frau und deren Liebhaber zu tun zu hat, obwohl alle Beweise gegen ihn sprechen. Der Fall scheint aussichtslos, bis Eddie erkennt: Der wahre Killer sitzt in der Jury ...
Thirteen ist Band 4 der Eddie Flynn Reihe, in sich geschlossen und kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Das Buch ist im Hinblick auf Kane in der Erzählersicht verfasst, Eddie berichtet zudem aus der Ich-Perspektive. Das Buch ist chronologisch aufgebaut, umfasst nur einen Zeitraum von wenigen Tagen. Der Schreibstil ist gut lesbar, der Satzbau nicht sonderlich komplex, die Sprache durchschnittlich. Das Buch beinhaltet wenige grafische Darstellung von Gewalt.
Meine Meinung
Ich bin ehrlich gesagt kein großer Fan von Justizthrillern, da ich oftmals die eigentliche Ermittlungsarbeit deutlich spannender finde. Und dennoch hat es Thirteen sofort auf meine Wunschliste geschafft, da die Werbung mit „der wahre Killer sitzt in der Jury“ für mich wirklich ein Novum war. Zugleich war dieses Buch mein erstes Werk von Steve Cavanagh, der selbst lange Zeit als Anwalt tätig war. Entsprechend hoch waren die Erwartungen – und diese wurden eindeutig erfüllt.
Der Einstieg in das Buch gelang mir anfangs etwas schwer. Die Perspektivwechsel und der Wechsel in der Erzählperspektive kamen sehr schnell, man braucht ein wenig, bis man angekommen ist und verstehe, welche Rollen Kane und Eddie spielen. Da man von Anfang an schon weiß, dass später Kane in der Jury sitzen wird, ist man entsprechend gespannt, wie es dazu kommt. Normalerweise mag ich es nicht, wenn der Klappentext zu viel preisgibt, aber hier hat es nur dazu geführt, dass man umso mehr wissen wollte, wie sich alles entwickelt. Man lernt Eddie als gewieften, aber anständigen Anwalt kennen, der sehr weitsichtig agiert und offenbar auch selbst einige kriminelle Erfahrungen gesammelt hat. Da ich die Vorgängerbände nicht kenne, erfährt man hierüber nur wenig. Das hat mir gut gefallen, dass so für Leser, die die Bücher kennen, keine zu großen Wiederholungen enthalten sind, und für neue Leser nicht zu viel gespoilert wird, als dass man kein Interesse mehr hat, die anderen Bücher noch zu lesen. Die Mischung ist in dieser Hinsicht wirklich super gelungen. Es vergeht einige Zeit, bis der eigentliche Prozess losgeht – die Geschichte um Robert „Bobby“ Solomon und die angeblich brutale Tötung seiner Ehefrau und seines Bodyguards. Es wird ausführlich erklärt, wie Eddie in den Prozess gelangt, welche Rolle er spielen soll und wie er dann plötzlich im Auge des Tornados steht, der sich um den Prozess entfacht. Auf der Gegenseite steht Kane, der mordend und gefühlskalt durch die Stadt zieht, mit einer Mission im Kopf. Wie tief die Mission reicht, was Kane schon alles gemacht hat und wie viele Leichen auf sein nicht vorhandenes Gewissen gehen, erfährt man im Laufe der Geschichte ausführlich. Der Spagat zwischen einem irren Serienmörder und einem großen Justizverfahren kann hierbei zu jeder Zeit überzeugen.
Das amerikanische Rechtssystem ist einfach in so vielen Punkten anders und das merkt man hier auch wieder sehr. Die Thematik rund um die Jury, die geschickten Manipulationen von Eddie, dem Vertreter der Anklage und auch Kane, die komplexen Strukturen des Prozesses – alles wird sehr gut und sehr realistisch beschrieben. Man merkt, dass der Autor weiß, wovon er spricht und daher macht es auch Spaß, das Buch zu lesen. Eddie ermittelt mit Hilfe seiner ehemaligen Polizistin auch zum Teil selbst, was zum Glück nicht lächerlich wirkt. Die meisten Entwicklungen und auch die Twists sind greifbar, aber nicht minder überraschend. An einigen Stellen lenkt der Autor den Leser hierbei auch geschickt auf eine falsche Fährte, was zu großem Erstaunen führt, vor allem beim Finale. Die penible Vorgehensweise von Kane, so wunderbar abgeklärt und trocken, sorgt für ein spannendes Katz und Maus-Spiel. Hinzu kommen noch einige Nebenthemen, etwa Eddies Stress mit dem örtlichen Polizeirevier. Hier muss ich sagen, dass an einigen Stellen vielleicht etwas zu dick aufgetragen wurde, es bereitet der Freude an der Geschichte aber keinen Abbruch. Eddie kann als etwas abgehalfterter Anwalt mit Problemen, aber einem brillanten Kopf zu sehr überzeugen. Man fiebert bei diesem Buch wirklich mit, da man ja auch weiß, dass Bobby unschuldig ist, es aber gleichzeitig wahnsinnig interessant ist, wie die Anklage die Schuld zusammenkonstruiert. Wenn die Geschichte dann zum Finale ansetzt, laufen alle Fäden zusammen und diese sorgen wahrlich für einige Überraschungen.
Das große Finale. Mit ihm steht und fällt eigentlich jeder Thriller. Gewinnt das Gute oder das Böse? Ist die Aufklärung schlüssig, nachvollziehbar und zumindest ansatzweise realistisch? Kommen zu viele Zufälle aufeinander? Das sind für mich Kriterien für ein gutes Ende. Dass es etwas hektischer zugehen darf, ist kein Problem. Das ist nämlich bei Thirteen der Fall. Eine Enthüllung jagt die nächste. Die Erkenntnisse werden in meinen Augen auf eine solide, verständliche Weise gewonnen und die Puzzleteile passend zueinander. Die wohl größte Überraschung ist hierbei auch die Auflösung, inwieweit Kane Hilfe hatte. Etwas im Dunklen blieb zwar der Aspekt, wieso Kane das alles macht, aber das empfand ich nicht als so schlimm. Die wenige Erklärung gibt genug Raum für eigene Schreckensszenarien.
Mein Fazit
Thirteen war ein wirklich interessanter Justizthriller, der mit vielen Überraschungen, einigen falschen Spuren und einer guten Prise Humor daherkommt. Anwalt Eddie überzeugt als untypischer Held, Gegenspieler Kane verblüfft mit einer knallharten Strategie. Auch wenn man Ende noch einige kleine Fragezeichen offenstehen, geht man begeistert aus dem Buch und will eindeutig mehr von Steve Cavanagh.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]