Meinung:
Savi steht in kurzer Zeit vielen Hürden gegenüber, die ihr jegliche Kraft und Zuversicht rauben. Sieben Monate der Gefangenschaft, der Verlust eines Lebens, dass sie nicht einmal hat kennen lernen dürfen und das Video, das ihr den Boden vollkommen zu entreißen droht. Da frage auch ich mich, wie soll ein Mensch das alles verkraften können? Überschwemmt von Trauer sucht man nach einem Weg, der einen vergessen lässt, der einem den Schmerz des Fühlens nimmt und genau diesem verlockenden Gedanken geht auch Savi nach. Zu sehen, was sie im Begriff ist zu tun, war auch für mich ein emotionaler Moment, denn in diesem ballen sich Gefühle, die man nicht zu bewältigen weiß und einen vollkommen zu zerstören drohen.
Die Männer von "The Shadows" kann ich hier nur bewundern. Auch sie haben Tag für Tag mit dem zu kämpfen, was sie erleben und dennoch scheint es, als würde sie keine Situation aus der Fassung bringen. Sie bleiben strukturiert und lassen ihre Gefühle im Einsatz außen vor, denn sie wissen, dass jede Ablenkung fatale Folgen hätte. Genau diese Gelassenheit offenbart ein kleines Detail mit großer Wirkung.
>>Es ist leicht, in die Höhle des Löwen zu gehen, wenn man nicht weiß, dass der Löwe drin ist.<<
Die Männer im Schutzhaus versuchen Savi in allen möglichen Situationen zu schützen, seien es drohende Gefahren oder auch nur psychische Belastung. Stattdessen wecken sie in ihr dadurch das Gefühl der Isolation und der Schuld. Einige Männer gehen ihr aus dem Weg, um sie das erlebte verarbeiten zu lassen und wiederum andere, um sich ihren Fragen nicht stellen zu müssen, da sie sich nicht in der Position sehen, diese zu beantworten. Mit dieser Distanz fühlt sie sich wie eine Fremde in diesem Haus, welches ihr damals Hoffnung und Zuflucht geboten hat. Ein jeder der Männer liebt und schätzt Savi auf seine Weise und dennoch fühlt sie sich verloren.
Der stark ausgeprägte Beschützerinstinkt der Männer hat einige Geheimnisse zu Folge, denen Savi nur zum Teil auf die Schliche kommt. Mit diesem Halbwissen lässt sie sich von ihrer Liebe zu Cole leiten und begeht den Fehler, den Cole und seine Männer unbedingt vermeiden wollten. Als Kopf der Einheit ist es Coles Pflicht, Risiken zu tragen und sich den schwierigsten Aufgaben anzunehmen, doch im Hinblick auf die Auswirkungen und der Tatsache, dass er mit Savi eine Partnerin an der Seite hat, die schon zu viel hat durchmachen müssen, fand ich seinen Plan nicht nur äußerst heikel, sondern ebenso fahrlässig. Nicht nur das er erneute bereit ist sein Leben zu riskieren, er setzt auch Savis Gesundheit damit aufs Spiel. Die Liebe der beiden verleitet sie zu waghalsigen Aktionen. So torpediert Savi Coles Plan und tritt eine Welle los, die ihr den letzten Glauben an ihre Familie und Freunde nimmt und sich dort wiederfindet, wo Monate zuvor, alles begonnen hat.
>>Auf!<< Seine Stimme durchbricht meinen lieblichen Traum. Meine Mutter verblasst, und das Letzte, was ich sie sagen höre, ist: >>Kämpfe, meine süße Savannah, kämpfe um dein Leben.<<
Daniel und Sue lieben und beschützen Savi, wie sie es von ihrem Vater nie erfahren hat. Sie übernehmen die elterliche Rolle, die mich in ihrem Umfang und ihrer Vorbehaltlosigkeit berührt hat und gleichzeitig einen Kontrast der Wehmut hervorruft, bei dem ich mich als Außenstehender gefragt habe, warum Savannahs Vater das wertvollste, was man auf der Welt besitzen kann, derart mit Füßen tritt? Wobei das noch eine harmlose Formulierung für sein Verhalten ist. Geld und Macht öffnen viele Türen und geben das Gefühl einer gewissen Sorglosigkeit. All diese Dinge, geben einem nicht ansatzweise das Gefühl, dass einem die Liebe und Geborgenheit von Menschen geben kann. Nicht das Gefühl der Schwerelosigkeit, wie man es nur erlebt, wenn man mit jemandem lachen kann. Wie kann man bereit sein, all das, gegen etwas derart nichtiges einzutauschen? Ich möchte nicht sagen, dass mir Savis Vater leid tut, in keinster Weise, dennoch ist es traurig zu wissen, dass ein Mensch der derartige Prioritäten setzt, niemals selbst aufrichtige Liebe und deren Kraft und Erfüllung erfahren wird.
Auf der Suche nach Nachwuchs für "The Shadows" erleben wir hier einige Abschnitte außerhalb der Gefahrenzone um Savi. Das Camp hat viele motivierte Anwärter und nur wenige kommen in die engere Auswahl. Die Anzahl der Anwärter haben sich stetig dezimiert, denn hier wird keiner mit Samthandschuhen angepackt, nette Worte während des Trainings sucht man hier vergeblich. Einerseits haben mir die Männer, die unter Coles Drill stehen wirklich leidgetan, doch hat der Kopf von "The Shadows" auch Recht, denn er muss ihre Grenzen sprengen, damit sie in einem richtigen Einsatz nicht zu einer unberechenbaren Komponente werden. Zwei stehen in der engeren Auswahl und Cole hat eindeutig einen Favoriten, dank Savis Einfluss verschließt er allerdings nicht die Augen gegenüber den anderen Teilnehmern. Während einer jede Aufgabe professionell meistert, ist es jemand anders, der seinen Fokus immer auf seinen Kameraden hat. Eine böse Überraschung lauert im Hintergrund, die bei Savi, aufgrund ihrer lebensgefährlichen Situation, in Vergessenheit gerät. Wird Cole die richtige Entscheidung treffen?
Ein Leben, aufgebaut auf Lügen, muss Savannah erst zu sich selbst finden um mit Cole einen gemeinsamen Weg einschlagen zu können. Dieser fühlt sich jedoch vollkommen vor den Kopf gestoßen und erkennt ihre Beweggründe nicht, weshalb er versucht seine Gefühle mit einem verbalen Angriff im Zaun zu halten, ohne zu ahnen, dass er damit eine ihrer größten Ängste wahr werden lässt und damit die Ketten ihres Rettungsankers kappt.
Charaktere:
Cole einmal verloren geglaubt, ist Savi nicht bereit, nochmal die Angst um ihn auszustehen. Durch Zufall von seinem Plan Wind bekommen, nutzt sie die Chance um Antworten zu bekommen. Auch mit Verstärkung an der Seite, ist sie nicht auf das gefasst, was sie erwartet. Mit einem Ass im Ärmel der gegnerischen Seite, wird sie zur perfekten Zielscheibe, die ihren Alptraum erneut zur Realität werden lässt. Werden Cole und seine Männer sie rechtzeitig finden können?
Cole hat durch Savi einen Grund zu kämpfen und ist bereit, alles dafür zu tun um sie in Sicherheit zu wissen. Gerade einer Hölle entkommen, ist er bereit sich absichtlich erneut einer Gefahr auszusetzen, doch was er dabei nicht bedacht hat ist, dass Savannah trotz ihrer Vorgeschichte und Angst, bereit ist ein Risiko einzugehen, dass ein Opfer fordert, um ihn zu schützen.
Schreibstil:
Das Gesamtpaket dieser Trilogie ist bisher ein absolutes Highlight. Die Lügen um Savi, die das gesamte Ausmaß der Geheimnisse um sie zu Tage bringen, dass familiäre Verhältnis von "The Shadows" die füreinander einstehen und bereit sind alles zu riskieren, die Spannungswellen, die nicht abebben und die Kraft der Liebe, die keine Risiken scheut um einander zu schützen, machen auch den zweiten Band zu einem Pagetuner der mich bis zu letzten Seite gepackt und mitgerissen hat.
J.L. Drake wiegt uns als Leser in Sicherheit, nur um im nächsten Moment ein neues Puzzelstück zu offenbaren, welches uns wieder einmal vor Augen führt, dass hier ein Kampf stattfindet, der bei Weitem noch nicht ausgefochten ist.
Savi ist nie wirklich zur Ruhe gekommen, denn mit Cole hat sie eine Liebe gefunden, die - in seiner Stellung - immer Risiken bereithalten wird. Hinzukommend dass der Amerikaner nicht bereit ist, sein Ziel trotz aller Umstände aufzugeben und der noch unbekannten Rollen einiger Personen, kollidieren hier zahlreiche Fronten, die ein erleichtertes Aufatmen unmöglich machen.
Viele Gefühle fließen hier auf uns ein: Die Männer von "The Shadows", die jegliche Belastung von Savi fern zu halten versuchen, da sie nach wie vor erschrocken von einem Versuch von ihr sind, den sie aus Verzweiflung gestartet hat. Dieses Verhalten führt uns einmal mehr vor Augen, wie wichtig Savannah für jeden der Männer dort geworden ist, nichts desto trotz ist es schwer zu beurteilen, ob dies der richtige Weg ist, zumal das fernhalten von Informationen Savi in eine Richtung drängt, die sie trotz des positiven Hintergedanken, in ein anderes Loch fallen lässt.
Savannah hat sich an wenige verbliebene Strohhalme geklammert, die ihr bisheriges Leben nicht als vollkommene Lüge haben erscheinen lassen, doch was, wenn auch diese wegbrechen? Nichts war so, wie es den Anschein hatte, wodurch sie das Gefühl hat, sich selbst nicht zu kennen. Gefühle und Gedanken müssen geordnet werden und das kann sie nur, wenn sie Abstand von allem und jedem gewinnt.
Sich selbst zu finden, bedeutet nicht, alles aufgeben zu müssen. Es bedeutet lediglich, dass man Zeit braucht um sich der Dinge und sich selbst bewusst zu werden.
Ein weiteres, unvergessliches Jahres-Highlight, welches mich sehnsüchtig auf den finalen Band der "Broken"-Trilogie warten lässt <3