Melancholisch verrückte Flucht vor dem Virus
Zu Beginn der Pandemie verlassen ein paar Studienfreunde New York und begeben sich auf Einladung von Sasha Senderovsky in dessen Bungalowsiedlung. Bei gutem Essen und anregend gehobenen Gesprächen wollen ...
Zu Beginn der Pandemie verlassen ein paar Studienfreunde New York und begeben sich auf Einladung von Sasha Senderovsky in dessen Bungalowsiedlung. Bei gutem Essen und anregend gehobenen Gesprächen wollen sie dem Virus ein Schnippchen schlagen und das Virus einfach aussitzen. Doch das ist schwieriger als gedacht, da alle Beteiligten unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen haben und somit jeweils ganz andere Päckchen mit sich rumtragen. Zudem ist die Bungalowsiedlung in vielerlei Hinsicht marode, in Senderovskys Portemonnaie herrscht Ebbe.
Vor diesem Hintergrund lernen sich die alten Kollegen neu kennen und verbringen mit tollem Wein und exzellentem Fleisch schöne Abende auf der Terrasse des Haupthauses. War das nur die Aufrechterhaltung einer Fassade? Als bald ein besonderer Gast, der Schauspieler, eintrifft, ist es mit der Harmonie vorbei.
Als Leser:in erlebt man ein Potpourri aus Neid und Missgunst, aus Sehnsucht und unerfüllten, weil unausgesprochenen Wünschen. Gleichzeitig ist Landpartie aber auch eine Geschichte um Beziehungsprobleme, abkühlende Gefühle in einer Ehe und die damit einhergehende Unsicherheit. Als Einwanderergeschichte setzt sich der Roman mit den Identitäten der multinationalen Charaktere und ihrem Standing innerhalb der amerikanischen Gesellschaft auseinander.
Generell liebe ich die mitschwingende Melancholie der russischen Literatur, die hier über den Charakter des russischstämmigen Schriftstellers Sasha Senderovsky transportiert wird. Ich mag auch die Gemächlichkeit, in der die Geschichte vorangetrieben wird. Einen Klemmer habe ich hinsichtlich der Charaktere an sich. Ich konnte ihnen nicht wirklich nahe kommen. Am entferntesten habe ich den namenlosen Schauspieler empfunden. Vielleicht entsteht die Distanz aus der mitschwingenden Überheblichkeit dem Virus und dem bisherigen Beziehungsgeflecht gegenüber. Zwischendurch wirkt das Gehabe ein bisschen wie Springbreak in Tijuana.
Über weite Strecken mochte ich den Roman trotz der charakterlichen Schwächen. Denn genau diese verdeutlichen den kritischen Blick des Autors auf die Gesellschaft. Ganz oft musste ich wegen der überspitzten Darstellung in mich hinein schmunzeln. Zum Ende hin wurden es mir allerdings zu viele Träumereien und zu sehr fantasierende Szenen, so dass ich kaum noch folgen konnte. Hier ist Gary Shteyngart für meinen Geschmack über das Ziel hinausgeschossen.