Gottesdemenz
Ich habe den Erstlingsroman der Journalistin Tamar Noorth in zwei Tagen ausgelesen und das ist durchaus ein Qualitätskriterium. Die Thematik ist sehr vielfältig. Im Vordergrund steht der Selbstfindungsprozess ...
Ich habe den Erstlingsroman der Journalistin Tamar Noorth in zwei Tagen ausgelesen und das ist durchaus ein Qualitätskriterium. Die Thematik ist sehr vielfältig. Im Vordergrund steht der Selbstfindungsprozess der Ich-Erzählerin, eine junge Frau von ca. 25 Jahren, angehende Pastorin. Aus ihr zunächst unerfindlichen Gründen kommt ihr die Fähigkeiten abhanden, irgend etwas auszusprechen, was mit Gott zusammenhängt. Sie nennt dies selbst Gottesdemenz. Dies stürzt sie eine Lebenskrise. Ihr wird klar, wie stark ihr Vorhaben, Pastorin zu werden, von dem Wunsch ihres Vaters abhängig war, sie als seine Nachfolgerin zu sehen.
Sie lebt in einer Beziehung mit einem Informatiker, der Agnostiker ist, den sie aber als sehr perfekten Menschen darstellt. Dass sie in der Beziehung nicht hundertprozentig zufrieden ist, merkt sie, als sie einen Mann kennen und lieben lernt, der ein ganz anderes Leben führt. Es kommt zur Trennung von ihrem Freund.
Der dritte zentrale Punkt ihrer Selbstfindung besteht in der Aufarbeitung des Todes ihres Bruders vor 15 Jahren..
Diese Punkte der Selbstfindung werden in dem Roman weitgehend schlüssig und nachvollziehbar dargestellt. Als Leser identifiziert man sich sehr stark mit der Ich-Erzählerin, sieht sie aber gegen Ende des Romans auch mit anderen Augen.
Als Leser hatte ich Angst, dass es zu einem platten HappyEnd kommt. Die Sorge war unbegründet, der Schluss lässt die Zukunft der Ich-Erzählerin durchaus offen.
Auch sprachlich vermag der Roman weitgehend zu überzeugen.
Uneingeschränkte Leseempfehlung.