Cover-Bild Das Leben vor uns
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 359
  • Ersterscheinung: 17.08.2022
  • ISBN: 9783406791314
Kristina Gorcheva-Newberry

Das Leben vor uns

Roman
Claudia Wenner (Übersetzer)

"EIN ATEMBERAUBENDER DEBÜTROMAN." PUBLISHERS WEEKLY

Was bedeutet es, in den letzten Jahren der Sowjetunion erwachsen zu werden - in einem Staat kurz vor dem Zerfall? Dieser Roman verwebt auf beeindruckende Weise die turbulente Geschichte eines Landes mit dem Schicksal einer verlorenen Jugend und erzählt dabei von einer unerschütterlichen Freundschaft zweier Mädchen zwischen Unsicherheit und Aufbruch.
Anja und ihre beste Freundin Milka wachsen in den Achtzigerjahren am Stadtrand von Moskau auf. Während ihre Eltern gezeichnet sind von den Entbehrungen der Vergangenheit, blicken die beiden Mädchen einer Zeit der Umbrüche und Reformen entgegen. Frech und lebenshungrig versuchen sie, jeden Schnipsel westlicher Popkultur in die Finger zu kriegen. «We Are the Champions» ist für sie mehr als nur ein Lied, es ist eine Parole. Aber Anjas Jugend nimmt durch eine unerwartete Tragödie ein jähes Ende – und gleichzeitig der Staat, der ihr Zuhause bedeutet hat. Noch vor dem Fall des Eisernen Vorhangs beschließt sie, zum Studieren in die USA zu gehen und dort zu bleiben. Doch beim Versuch, sich im Sehnsuchtsland ihrer Jugend eine neue Heimat aufzubauen, merkt sie, dass sich die eigene Herkunft nicht einfach abschütteln lässt und ein Neuanfang nur möglich ist, wenn die Geister der Vergangenheit begraben sind.

  • Eine zeitlose Geschichte darüber, was politisches Erbe für den Einzelnen bedeutet
  • Sinnlich – explosiv – hoffnungsvoll
  • Für die Leser:innen von Nino Haratischwili und Katerina Poladjan

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.08.2022

Traurige russische Seelen

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„Glaubst du, Russen schleppen eine tiefgründige, schädliche Traurigkeit mit sich herum?“, fragt die Protagonistin des Romans, Anja, ihren alten Jugendfreund Lopatin am Ende des Romans „Das Leben vor uns“. ...

„Glaubst du, Russen schleppen eine tiefgründige, schädliche Traurigkeit mit sich herum?“, fragt die Protagonistin des Romans, Anja, ihren alten Jugendfreund Lopatin am Ende des Romans „Das Leben vor uns“. Es ist die Geschichte von vier Jugendlichen, die im Russland der 80er Jahre erwachsen werden. Sie hoffen einerseits auf ein anderes Leben in Freiheit mit allen Möglichkeiten, bleiben aber zugleich alle verhaftet in der Geschichte ihres Landes. Alle vier Leben nehmen unterschiedliche Verläufe, bleiben aber verbunden bis zuletzt.
Der Titel „Das Leben vor uns“ weckt Hoffnung auf ein Leben, das in vollen Zügen und mit allen Möglichkeiten gelebt werden will. Doch am Ende es zeigt sich, dass man seiner Vergangenheit und seiner Herkunft nicht entkommen kann, egal wie weit man ihr zu entfliehen sucht. Das lässt den Leser mit einer stillen Traurigkeit zurück.
Das Buch zeichnet sich auch in der Übersetzung aus mit einer wunderbaren Sprache, die sich gut lesen lässt, nie schwer oder pathetisch wird, dennoch ergreift und großartige Bilder zeichnet von der Natur und von der Stimmung im Land, die sich in der Natur und im Wetter spiegelt.
Die Figuren nehmen den Leser mit ihren Stärken und Schwächen, ihren liebenswürdigen und abstoßenden Wesenszügen ein. Es gibt keine Helden und keine Antihelden. Das bringt die Figuren dem Leser so nahe. Genauso wie ihm das Buch sehr viel mehr als nur die wechselvolle, schreckliche, grausame Geschichte Russlands von der russischen Revolution, die Blockade von Leningrad über den Kalten Krieg, Perestroika und Glasnost bis hin zu Putin, nahebringt. Er bekommt eine Ahnung von russischer Mentalität, von der Verbundenheit zu diesem rauhen Land, von dem Kampf mit der eigenen Geschichte und Gesellschaftsordnung. Es tut sich ein Zwiespalt auf von russischem Brauchtum, das Verwurzelung schafft und Heimat bietet und quasi der Natur entwachsen zu sein scheint, und dem Ringen mit den Selbstentwürfen gesellschaftlichen Zusammenlebens, die ihren Ursprung in der Idee des Kommunismus haben, in der Realität aber scheitern und die Menschen einengen, ausbeuten, quälen und sterben lassen.
Der Roman bringt dem Leser die russische Seele ein wenig näher

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Veröffentlicht am 15.08.2022

Die Geschichte einer Freundschaft

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Anja, die Erzählerinder Geschichte und Milka sind beste Freundinnen seit Kindertagen. Sie leben am Rande von Moskau in den 80ziger Jahren. Gemeinsam gehen die Freundinnen durch die Pubertät - erster Kuss ...

Anja, die Erzählerinder Geschichte und Milka sind beste Freundinnen seit Kindertagen. Sie leben am Rande von Moskau in den 80ziger Jahren. Gemeinsam gehen die Freundinnen durch die Pubertät - erster Kuss - erste Zigarette- erster Sex - Alkohol und endlose Diskussionen über die Welt, Musik und besonders Literatur.

Aus dem Duo wird ein Quartett durch die beiden Jungs Lobatin und Trifonow. Man liebt sich, man streitet sich, während die Sowjetunion auf ihr Ende zustrebt. Kurz vor dem Schulabschluss kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall, der alles verändert. Anja geht nach Amerika und kehrt nach 20 Jahren zurück und muss sich mit den Ereignissen von damals auseinandersetzen.

Das Buch war von der ersten Seite an einfach nur spannend und gleichzeitig berührend.

Grundsätzlich haben sich die Jugendlichen nicht von Teenagern im Westen unterschieden. Musik hören, diskutieren und das wachsende Interesse am anderen Geschlecht eint alle. Doch wenn man genauer hinschaut, erkennt man die Unterschiede. Das Leben ist geprägt vom Mangel und beengten Wohnverhältnisse. Alkohol gehört - auch bei den Jugendlichen - im hohen Maße dazu. Ausländische Musik hören ist schwierig. Reisen außerhalb der Sowjetunion bleiben ein Traum. Das Trauma des 2. Weltkrieges ist allgegenwärtig und der Stolz, Nazideutschland besiegt zu haben, gehört zur Identität.

Anja kommt aus geordneten Verhältnissen. Milka lebt mit Mutter und Stiefvater. Sie wirkt auf mich immer etwas wütend, braucht Aufmerksamkeit und wirkt zügellos. Anja ist eindeutig die besonnenere und manchmal geradezu naive Freundin.

Die beiden Jungs könnten nicht gegensätzlicher sein. Lobatin, Milkas Freund, ist der Haudrauf, der sich nur für materielle Dinge, Alkohol und Sex zu interessieren scheint. Trifonow, Anjas Freund, ist der Gegenentwurf. Er begeistert sich für Literatur und ist politisch interessiert. Diese Gegensätze lösen eine Kette von Ereignissen aus, die zum Ende der Freundschaft führt und Anja nach Amerika gehen lässt.

Als Anja nach 20 Jahren ihre Eltern besucht, versucht Anja, die Ereignisse von damals aufzuarbeiten. Ihr Heimatland ist ein anders. Perestroika hat alles verändert. Die Läden sind voll teurer Waren. Oligarchen haben die Wirtschaft übernommen. Alte Gewissheiten und der Stolz darauf wurden zerstört. Die Opfer sind damals wie heute die normalen Bürger wie Anjas Eltern. Durch Lobatin erfährt Anja, was während ihrer Abwesenheit passiert ist und sie kann mit der Vergangenheit ihren Frieden schließen.

Mich hat das Buch sehr berührt und nachdenklich gestimmt. Es hat auf sehr unterhaltsame Weise gezeigt, dass alle Menschen die gleichen Träume und Hoffnungen haben, egal in welcher Gesellschaft sie leben. Gleichzeitig verdeutlicht die Autorin, wie nachhaltig ein politisches System die Lebensverhältnisse und die Chance, Lebensträume zu verwirklichen, beeinflusst.

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Veröffentlicht am 11.08.2022

Intensiv - bedrückend - emotinal

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„Das Leben vor uns“ ist das Debüt der in Moskau aufgewachsenen Autorin Kristina Gorcheva-Newberry.

Zeitlich ist die Handlung in den 1980er Jahren angesiedelt. Anja und Milka sind beste Freundinnen und ...

„Das Leben vor uns“ ist das Debüt der in Moskau aufgewachsenen Autorin Kristina Gorcheva-Newberry.

Zeitlich ist die Handlung in den 1980er Jahren angesiedelt. Anja und Milka sind beste Freundinnen und leben in der Nähe von Moskau. Sie gehen gemeinsam zu Schule und verbringen viel Zeit miteinander. Dabei fällt auf, dass Milka sich vor allem viel bei Anja und ihrer Familie aufhält. Im Sommer ist sie wochenlang in der Datscha von Anjas Familie.

Anja erinnert sich an ihre Jugend und somit an die letzten Jahre der Sowjetunion, die sie bis dahin nie verlassen und deren Regierung sie auch keineswegs als Diktatur wahrgenommen hatte. Es sind Erlebnisse einer Jugendlichen mit Träumen, Feiern, dem Kennenlernen von Jungs und das alles in einer Mangelwirtschaft, einem Leben, das von Krieg, Revolution und der Diktatur geprägt ist.

Mit Anja und Milka hat Kristina Gorcheva-Newberry zwei sehr unterschiedliche Charaktere geschaffen. Anja, die gut behütet aufgewachsen ist und deren Eltern das System kritisch hinterfragen und Milka, deren Vater früh gestorben ist und deren Mutter sich dem Alkohol zugewandt hat. Es ist schön, dass die beiden sich gefunden haben und dass es für Milka bei Anjas Familie einen Zufluchtsort gibt. Die ersten Freunde der beiden - Lopatin und Trifonow – sind ebenso gegensätzlich wie die Mädchen selbst.

Man merkt beim Lesen, dass die Autorin weiß wovon sie schreibt. Die Charaktere sind authentisch, das Lebensgefühl, die politische und gesellschaftliche Stimmung kamen direkt bei mir an. Immer wieder wird nebenbei Kritik an der Politik und der Gesellschaft spürbar.

Der Schreibstil ist voller Bilder, enthält viele treffende Sätze, ist aber auch bedrückend und hat mich emotional an meine Grenzen gebracht.

Es ist ein sehr aufwühlender Roman, der die damalige Zeit mit ihren politischen Umbrüchen und den Folgen für die Bevölkerung gelungen darstellt und den ich sehr empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 09.08.2022

Eine Jugend auf Sand gebaut

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Anja und Milka sind zwei Teenager, die Musik und Jungs im Kopf haben. Die aber auch über Politik und Literatur diskutieren und sich auf die Zukunft freuen, auf die Zeit, wenn sie endlich erwachsen sind. ...

Anja und Milka sind zwei Teenager, die Musik und Jungs im Kopf haben. Die aber auch über Politik und Literatur diskutieren und sich auf die Zukunft freuen, auf die Zeit, wenn sie endlich erwachsen sind. Aber sie werden in der Sowjetunion der 80er Jahre erwachsen; in einem Umfeld, das noch von der Revolution, dem Krieg, der Angst vor der Tyrannei von Lenin und Stalin und der allgegenwärtigen Mangelwirtschaft geprägt ist. In all diesem Chaos des eigenen Lebens und dem Chaos um sie herum, halten Anja und Milka zusammen. Sie verbringen herrliche Sommer in der Datscha der Eltern, feiern und treffen sich mit Jungs. Aber der Zusammenbruch der Sowjetunion geht auch an den Mädchen nicht spurlos vorüber.

Kristina Gorcheva-Newberry hat einen fulminanten Debütroman geschrieben. Eine Geschichte vom Erwachsenwerden hinter dem eisernen Vorhang. Voller kluger Sätze, voller Widersprüche und Zerrissenheit. Es wird ein Einblick in die "russische Seele" gegeben und das in wunderbar bildhafter Sprache.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, das nicht nur eine besondere Coming-of-Age-Story enthält, sondern - aktueller denn je - auch stark die Politik des Landes thematisiert. Dies kann in einer Geschichte, die im Zeitalter von Glasnost und Perestroika spielt, auch gar nicht anders sein. Während wir im Westen voller Freude die Politik von Generalsekretär Gorbatschow begrüßt haben, sahen die Sowjetbürger zerfallen, woran sie Jahrzehnte geglaubt hatten. Ihre völlige Orientierungslosigkeit versteht die Autorin gekonnt abzubilden. Die beiden Mädchen und ihre Freunde stehen für die verlorene Jugend dieser Zeit, deren Zukunft so verheißungsvoll begann, aber offene Grenze sind nicht alles.

Der Roman hat wunderbare helle Momente, ist aber grundsätzlich von einer eher traurigen und melancholischen Stimmung geprägt. Der im Zentrum der Geschichte stehende Apfelgarten von Anjas Eltern spiegelt den gesamten Roman wider und steht zudem in enger Verbindung zu Tschechows Theaterstück "Der Kirschgarten". Leider wurde der englische Originaltitel "The Orchard" nicht wörtlich übersetzt - schade.

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Veröffentlicht am 09.08.2022

Das Drama der Jugend...

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Das düstere Cover und dass es um eine Freundschaft in einer sehr speziellen Zeit geht, hat mich neugierig werden lassen. Und was soll ich sagen? Definitiv ein Jahreshighlight für mich.

In der Geschichte ...

Das düstere Cover und dass es um eine Freundschaft in einer sehr speziellen Zeit geht, hat mich neugierig werden lassen. Und was soll ich sagen? Definitiv ein Jahreshighlight für mich.

In der Geschichte geht es um Anja und Milka, die als Teenager und beste Freundinnen so ihre ersten Erfahrungen machen mit den Jungs und wie das Leben so an sich funktioniert. Doch warum wird manch einer der Schule verwiesen? Warum soll man keine westliche Musik hören? Und warum ist gefühlt der Mond näher an ihnen dran als Paris?

Der Autorin gelingt es mit einer bildgewaltigen und enorm fesselnden Sprache den Leser in den Bann zu ziehen. Ich habe mir so viele tolle Sätze markiert, es ist einfach nur unglaublich schön und intensiv.

Das dargestellte Moskau der 80er mit allen politischen Wechseln, Einschränkungen und den kalten Wintern konnte man sich ohne große Mühe gut vorstellen.

Bei den Figuren hat jeder sein Päckchen zu tragen und jeder weiß für sich zu fesseln. Auch wenn ich die fordernde Art von Milka und Lopatins Machogehabe teils anstrengend fand, so machte es sie doch zu guten Gegenspielern von Anja und Trifonow, den ich mir viel eher als Freund gewünscht hätte als den wilden Draufgänger, eben weil er so sanft und ein Bücherwurm ist. Ich glaube gerade das hat die Freundschaft der vier und der Mädchen im Speziellen ausgemacht, dass sie so gegensätzlich sind.

Gelungen finde ich auch, dass Eltern und Großeltern zu Wort kommen und man ganz nebenbei die politischen Umwälzungen mitbekommt. Ich muss gestehen, dass ich zu dem meisten recherchieren musste, weil mir dies einfach nicht geläufig war, da ich zu der Zeit noch nicht auf der Welt war und dies in meinem Geschichtsunterricht nie erwähnt wurde. Die Kritik an der Politik und der Gesellschaft ist unterschwellig auf jeder Seite spürbar.

Fazit: Ein intensives, starkes Buch, was lange in mir nachklingen wird und mich emotional aus der Bahn geworfen hat. Ein absolutes Lesehighlight, was ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen dürft. Klare Leseempfehlung!

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