Ein echter Nagelbeißer
Schon vor Jahren hat Jana den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen, denn zu viel Ungesagtes steht zwischen ihnen. Vor allen Dingen ist die Frage, ob er auch für den Tod der Mutter verantwortlich ist, immer ...
Schon vor Jahren hat Jana den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen, denn zu viel Ungesagtes steht zwischen ihnen. Vor allen Dingen ist die Frage, ob er auch für den Tod der Mutter verantwortlich ist, immer noch ungeklärt und treibt weiter einen Keil zwischen die ohnehin belastete Beziehung. Als Jana einen Anruf erhält, dass es nicht zum Besten um ihren Vater steht, reist sie an den Ort zurück, der mit schrecklichen Erinnerungen verbunden ist und sich Zuhause nennt. Und es scheint, als würde erneut der Nebel sein grausames Tuch über alle Bewohner;innen ausbreiten...
Ich bin durch den wirklich sehr gut aufgemachten Trailer auf das Buch aufmerksam geworden und danach musste ich einfach dieses Buch lesen. Roman Klementovic weiß von der ersten Seite an seine Leserschaft regelrecht mit einer kalten Hand in die Handlung hineinzuziehen und stülpt den Nebel wie eine todbringende Glocke über den Ort am Waldrand.
Die Handlung ist in zwei Erzählstränge unterteilt, die sich einmal mit dem Hier und Jetzt und dann mit dem Countdown vor dem Mord an Janas Mutter befassen. Diese sind so konzipiert, dass sie Panik in Echtzeit heraufbeschwören, für Gänsehaut auf den Armen und Kribbeln in den Fingerkuppen sorgen. Dabei sind die Bilder aus dem Messie-Haus so plakativ beschrieben, dass sich das Chaos aus meterhohen Haufen Müll, Gerümpel und sonstigem Unrat vor dem geistigen Augen auftürmt. Auch der unerträgliche beißende Gestank frisst sich in die Nasenschleimhäute und legt sich auf die Atemwege.
Jana versucht nicht nur im Chaoshaushalt ihres Vaters einen Weg zu finden, sondern sie fasst sich ein Herz und geht all den Fragen auf den Grund, die sie schon seit Jahren beschäftigen. Dabei stößt sie auf eine regelrechte Wand aus Gleichgültigkeit, Lügen und falschem Interesse und muss nach und nach aus diesem Konstrukt die Puzzleteilchen zusammensuchen, die ihr die Hinweise auf die Wahrheit geben.
Die Leser:innen befinden sich dabei immer direkt an ihrer Seite, sind hautnah mit dabei, wenn die tragische und komplexe Geschichte immer mehr an Fahrt aufnimmt und werden vom Autor vielfach in die Irre geführt. Immer wieder gibt es unvorhergesehene Twists, die die Herzfrequenz in die Höhe treiben und den Pulsschlag beschleunigen. Bis zum Schluss bleibt der Täter im Verborgenen und erst auf den letzten Seiten fällt der Vorhang auf der grausamen Bühne des Lebens und der Nebel lichtet sich.
Ich habe selten ein so rasant erzähltes und atmosphärisch dichtes Buch in den Händen gehalten - ich habe es binnen weniger Stunden regelrecht durchgesuchtet, da ich dem Reiz des Bösen einfach nicht widerstehen konnte. Es gibt schonungslose Bilder, die sich auf der Netzhaut einbrennen und noch lange nachwirken und das ganze Ausmaß der Katastrophe erst so richtig begreifbar machen.
Für mich ein absoluter Pageturner und dafür gibt es 5 Sternchen