Fesselnder, wendungsreicher Fall mit interessanter Figurenkonstellation und sehr offenem Ende
„Aber in diesem Fall habe ich ja nur den fremden Blick, ich kann mir kein mir kein eigenes Bild von Lilli machen, muss sie durch die Augen der anderen sehen.“
Als die gehörlose Lilli Sternberg in Sellnitz, ...
„Aber in diesem Fall habe ich ja nur den fremden Blick, ich kann mir kein mir kein eigenes Bild von Lilli machen, muss sie durch die Augen der anderen sehen.“
Als die gehörlose Lilli Sternberg in Sellnitz, einem Ort an der Mecklenburger Küste mitten am Tag verschwindet, ist es an Kriminalkommissar Tom Engelhardt und seinem Team, nach der jungen Frau zu suchen. Nachdem von Lillis Handy eine Nachricht mit einem geheimnisvollen, auf Sand gemalten Code abgeschickt wurde, wird Kryptologin Mascha Krieger vom LKA zum Fall hinzugezogen. Viele Personen in Lillis Umfeld scheinen Geheimnisse zu hüten, die Sache wird zunehmend komplexer und die Uhr tickt unaufhaltsam. Je mehr Zeit vergeht, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass Lilli lebend gefunden wird….
Karin Sander formuliert flüssig und klar verständlich aus verschiedenen Sichtweisen, schafft eine spezielle Atmosphäre, die für mich als Leserin sofort spürbar wurde. Die einzelnen Kapitel beschreiben verschiedene Perspektiven auf den Fall, nicht nur Toms und Maschas, auch die anderer Betroffener. Durch die vielen kurzen Erzählabschnitte wird die Spannung durchgehend hochgehalten. Immer wieder enden die Kapitel offen, was die Leserinnen und Leser garantiert neugierig macht und sie durchgehend bei der Stange hält.
Das Cover - ein heller weißer Sandstrand vor dunklen, fast schwarzen, bedrohlich wirkenden Wolken- gibt die Stimmung des Buches passend wieder.
Autorin Karin Sander hat viele interessante Figuren geschaffen. Alle scheinen etwas zu verbergen. Der alleinerziehende Kommissar Tom Engelhardt kämpft mit dem Tod seiner Frau und den Geistern der Vergangenheit, seine Tochter Romy leidet ebenfalls stark unter dem Verlust ihrer Mutter. Mascha Krieger muss die Leichen im Keller ihrer Familie verarbeiten. Und fast jeder in Lillis Umfeld gibt sich der Polizei gegenüber nicht ganz ehrlich: Lillis Großvater, ihre Freundin, ihr bester Freund oder Sören, mit dem sie in einer Beziehung war. Eine sehr reizvolle Konstellation mit zahlreichen Geheimnissen.
Karen Sander beschreibt in der „Der Strand - Vermisst“ überaus packend, was sich nach Lillis Verschwinden ereignet und wie sich die Aufklärung des Falls entwickelt. Dass die Ermittler Figuren mit Ecken und Kanten sind, auch ihr Privatleben Teil der Handlung ist, gefällt mir sehr. Der Roman hat mich sofort gefesselt. Er war von Anfang an als Auftakt einer Trilogie angelegt. Wer Antworten auf all die ungeklärten Rätsel und Fragen erwartet, wird daher zwangsläufig enttäuscht werden. Am Ende steht man fast unwissender da als zu Beginn. Der offene Ausgang der Geschichte war für mich persönlich recht unbefriedigend. Viele neue Erkenntnisse führen hier zu noch mehr Ungereimtheiten.
Dennoch hat mich die wendungsreiche Geschichte so gefangen, dass ich unbedingt wissen muss, wer letztendlich für Lillis Verschwinden verantwortlich ist, was die anderen Figuren noch verbergen und wie es für Tom und Mascha privat weitergeht. Ich werde daher nach dem gelungenen Auftakt unbedingt auch die Fortsetzung lesen. Wer geduldig mit offenen Enden umgehen kann und gut gemachte Thriller mag, dem sei das Buch dringend ans Herz gelegt.