Ein Teil der Geschichte ist berührend, der andere unnötig
Der Roman startet mit dem Prolog sehr einfühlsam, erschreckend und emotional, weil man über einen jungen Soldaten an der Front liest. Danach startet die Geschichte einige Jahre zuvor (1937) mit der 16-jährigen ...
Der Roman startet mit dem Prolog sehr einfühlsam, erschreckend und emotional, weil man über einen jungen Soldaten an der Front liest. Danach startet die Geschichte einige Jahre zuvor (1937) mit der 16-jährigen Elise, die sich zu Hause bei ihrer depressiven Mutter erdrückt fühlt und sich so gerne verlieben möchte. Bald darauf trifft sie auf den Amerikaner William. Aus einer kurzen Begegnung wird eine anregende Brieffreundschaft über Bücher und deren Privatleben, bis sich auch William in Elise verliebt. Nach einem glücklichen Wochenende in Paris schlägt die Realität in Form des 2. Weltkriegs zu. Als William tragischerweise beim D-Day umkommt, versinkt Elise in Trauer, während Williams Freund Hank sein Versprechen einlöst und versucht, der jungen Frau zu helfen. 2009, in der Gegenwart, treffen die Leser/innen auf Lucy, die kürzlich von ihrem Freund betrogen wurde und ihren Großvater beerdigen musste. Um diesen Gefühlen zu entfliehen, reist sie in die Normandie, die Heimat ihrer Großmutter, die sie nicht mehr kennenlernen konnte.
Ziemlich unnötig für die Geschichte ist der Strang in der Gegenwart. Lucy findet wenig Handfestes über die Vergangenheit ihrer Großeltern heraus. Stattdessen drehen sich ihre Gedanken ständig um das Fremdgehen ihres Ex und ihren Zweifeln an ihrer beruflichen Zukunft. Beides Dinge, die für den Fortlauf der Geschichte überhaupt keine Rolle spielen. Durch die negativen Gedanken habe ich kaum Zugang zu ihr gefunden, während sie mir manchmal naiv und später durch den sinnlosen (auch für die Geschichte) Diebstahl unsympathisch wurde. Anfangs enthält der Gegenwarts-Strang Ausflüge zu Friedhöfen und den Stränden des D-Days, was ich sehr informativ finde. Dadurch sind die beiden Zeitstränge stark miteinander verknüpft, später jedoch zwei lose Enden eines Buches.
>>Nötig sind die wenigsten Annehmlichkeiten, aber sie machen das Leben lebenswert.<<, Hank, S. 313
Der Schreibstil der Autorin ist meist sehr flüssig zu lesen, im Mittelteil jedoch gab es zeitweise viel zu viele und lange Nebensätze, die mich etwas gestört haben. Ansonsten schreibt Marina McCarron sehr gefühlvoll und eindrücklich über ihre Charaktere, z. B. in den Briefen zwischen Elise und Willam. Meist wird aus der personellen Erzählperspektive von Elise und Lucy erzählt, ab Teil 2 setzt die Autorin eine neue Stimme ein, wodurch die Geschichte einen neuen Protagonisten erhält. Elises Trauer war sehr intensiv und bedrückend, was mich beim Lesen sehr berührt hat. Am Ende des Buches bleiben Kleinigkeiten unbeantwortet, was ich einerseits schade finde, andererseits aber auch reale Entwicklungen darstellt und anschaulich zeigt, wie lange und ausgedehnt sich Krieg und Trauer auf Personen auswirken kann.
Fazit:
„Die Zeit zwischen uns“ ist eine gefühlvolle, berührende und bedrückende Geschichte über Liebe, den 2. Weltkrieg und dessen Folgen. Das Buch hätte mir als ausschließlicher historischer Roman viel besser gefallen, weil der Gegenwarts-Strang einfach unnötig ist.