Das verschwundene Dorf
Anna-Maria Caspari hat einem verschwundenen Dorf ein Denkmal gesetzt, ein Roman, der mich tief bewegt hat und bei dem ich auch die eine oder andere Träne vergossen habe.
Bin ich doch am Rande der Nordeifel ...
Anna-Maria Caspari hat einem verschwundenen Dorf ein Denkmal gesetzt, ein Roman, der mich tief bewegt hat und bei dem ich auch die eine oder andere Träne vergossen habe.
Bin ich doch am Rande der Nordeifel aufgewachsen, sind mir so viele Namen und Geschichten der Region bekannt, doch dieser Roman hat noch einmal eine neue Intensivität, die mich sehr berührt hat. Das Schicksal eines ganzen Dorfes bekommt anhand von wenigen Figuren ein Gesicht und beschert einem sowohl Glücksgefühle als auch Gänsehaut.
Im Mittelpunkt der Erzählung steht Albert Lintermann, er ist aus dem Krieg nach Haus zurückgekehrt, wir schreiben das Jahr 1919. Er ist schwer verwundet worden, er selbst bezeichnet sein Gesicht als Fratze, welches man nicht ansehen mag. Aber er hat noch zwei Arme und Beine und so arbeitet er wieder auf dem Bauernhof, welchen er nach dem Tod seines Vaters übernimmt. Seine Frau Bertha kann mit der Verwundung ihres Mannes nicht umgehen und verabscheut ihn. Sei Sohn Karl hingegen begegnet ihm mit unendlicher Liebe und schafft es dem Vater Glücksmomente zu bescheren. Die Inflation wird immer schlimmer und auch in der Eifel merken sie die Geldentwertung, doch sie investieren in den Bau der Staumauer oder der Stromversorgung. Mein Lieblingscharakter war Silvio der Italiener, der die Gaststube betreibt, er ist Albert ein wichtiger und loyaler Freud wie Ratgeber. Als Antifigur lässt Anna-Maria Caspari Johann Mellder auftreten, welcher bei mir zum Ende hin immer mehr Abscheu hervorgerufen hat.
Das Leben in dem kleinen Ort Wollseifen wird sehr bildlich und authentisch geschildert, bei der Kirmes wird der Hahnenkönig gekürt, auf dem Hof ist Festtag also Schlachttag, die Heuernte muss eingefahren werden. Aber auch der aufkommende Antisemitismus und Nationalsozialismus sind Thema, ebenso der Tode eines Kindes oder die Angriffe im zweiten Weltkrieg.
Der Roman wird in drei Teilen erzählt und umfasst die Jahre von 1919 bis 1949. Als Leser dürfen wir die verschiedenen Blickwinkel der Protagonisten einnehmen und ihnen so sehr nahekommen. Die chronologische Erzählung wird nur durch die Tagebucheinträge bzw. Aufzeichnungen des Lehrers Martin Faßbender unterbrochen, sie strukturieren den Roman und geben auch die Zeitsprünge an.
Ein Roman, der mich sehr berührt hat und den ich sehr gerne gelesen habe. Authentisch und mitreißend, mit vielen wunderbaren Figuren. Eine klare Leseempfehlung an alle, die zeitgeschichtliche Romane mögen.