Zwischen den Welten
Die Ich-Erzählerin, deren Namen nicht genannt wird, wächst im Norden Londons auf, als Tochter einer schwarzen Mutter aus Jamaika und eines weißen Vaters. Die Mutter ist sehr ehrgeizig. Sie will studieren ...
Die Ich-Erzählerin, deren Namen nicht genannt wird, wächst im Norden Londons auf, als Tochter einer schwarzen Mutter aus Jamaika und eines weißen Vaters. Die Mutter ist sehr ehrgeizig. Sie will studieren und Karriere machen, Mann und Kind sind dabei eher hinderlich. So wird die Tochter auch hauptsächlich vom Vater betreut, bekocht und erzogen.
Als kleines Mädchen lernt sie beim Ballettunterricht Tracey kennen, deren Vater schwarz und die Mutter weiß ist („richtig herum“, wie Tracey es nennt). Die beiden werden beste Freundinnen, wenngleich von Anfang an viel Konkurrenzdenken vorhanden ist. Bald stellt sich heraus, dass Tracey die begabtere Tänzerin von beiden ist, die sogar später an einer Tanzschule angenommen wird.
Die Beschreibung der Schulzeit ist ziemlich langatmig und enthält einige für meine Begriffe ziemlich abstoßende Szenen, so dass ich drauf und dran war, das Buch wegzulegen. (Stichwort „Scheidengrapschen“, meiner Meinung nach etwas unglücklich übersetzt, denn welches 9jährige Mädchen spricht denn von seiner „Scheide“?)
Mit Anfang 20 lernt die Protagonistin die Sängerin Aimée kennen, für die sie fortan für viele Jahre als persönliche Assistentin arbeitet. Ihr eigenes Leben gibt sie völlig auf, es sind nur noch Aimée und deren Bedürfnisse, die zählen. Tracey, die mittlerweile als Tänzerin in Nebenrollen auf der Bühne steht, sieht sie auch nur noch durch Zufall.
Aimée jettet durch die Welt, beginnt ein Hilfsprojekt für Mädchen in Afrika, und ihre Assistentin ist immer an ihrer Seite bzw. bereitet Aimées großen Auftritt vor. Die Ehe der Eltern ist längst geschieden, die Mutter ist politisch tätig, für persönliche Beziehungen bleibt keine Zeit.
Die Beschreibung der Verhältnisse in dem afrikanischen Dorf, in dem Aimée ihr Hilfsprojekt ansiedelt, gehört zu den Highlights des Buchs. Idealismus und Naivität treffen auf die Realität und das vollkommen andere Leben in einem armen afrikanischen Land, in dem außerdem Korruption und politische Vetternwirtschaft herrschen. Ein perfekter Nährboden für religiöse Fanatiker.
Bei ihren Aufenthalten im Dorf wohnt die Protagonistin bei der lebenslustigen Hawa, die mit Mitte 20 allerdings schon als alte Jungfer gilt, was Hawa mehr ausmacht, als zunächst ersichtlich ist.
Die Verhältnisse im Dorf werden zunehmend schwierig. Aimée hat ein Auge auf einen attraktiven jungen Mann geworfen und will ihn zu sich in die USA holen. Ihm gefällt ihre Aufmerksamkeit, doch er wünscht sich eine jüngere Frau und Kinder. Aimées Assistentin wiederum bekommt eine Liebeserklärung eines Mannes, für den sie nichts empfindet. Sie weist ihn ab, mit weitreichenden Folgen, wie sich herausstellt...
„Swing Time“ ist ein sehr vielschichtiges Buch, das hauptsächlich von starken Frauen handelt, die Männer spielen eine eher untergeordnete Rolle. Die starke Mutter, Aimée, sogar Tracey mit all ihren Problemen, sie alle prägen die Protagonistin, die am Ende des Buches vor einem Scherbenhaufen steht, jedoch endlich die Chance hat, ihr Leben nach ihren eigenen Bedürfnissen auszurichten.