Cover-Bild Zerrüttung
Band 9 der Reihe "Inspector Nechyba"
(2)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
15,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Gmeiner-Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Ersterscheinung: 07.06.2023
  • ISBN: 9783839277768
Gerhard Loibelsberger

Zerrüttung

Ein Roman aus Wien im Jahr 1933
Joseph Maria Nechyba genießt seinen wohlverdienten Ruhestand. Was den pensionierten Ministerialrat und vormaligen Oberinspector des k. k. Polizeiagenteninstituts aber zunehmend beunruhigt, ist die politische Entwicklung: Österreich wird unter Kanzler Dollfuß aufgrund des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes aus dem Jahr 1917 autoritär regiert. In Deutschland ist Hitler Reichskanzler. Der nationalsozialistische Terror setzt mit aller Macht ein und schwappt immer heftiger nach Österreich über. Hass, Intoleranz, Verleumdung und Unversöhnlichkeit sorgen für ein Klima der Zerrüttung.

Weitere Formate

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.07.2023

1933 Österreichs Weg in die Dunkelheit

0

Obwohl Oberinspector Nechyba in diesem Roman eine wichtige Rolle spielt, ist es kein Krimi. Dennoch halten mich die realen Ereignisse in Atem. Nechyba ist der aufmerksame Zeitungsleser und Beobachter der ...

Obwohl Oberinspector Nechyba in diesem Roman eine wichtige Rolle spielt, ist es kein Krimi. Dennoch halten mich die realen Ereignisse in Atem. Nechyba ist der aufmerksame Zeitungsleser und Beobachter der Veränderungen in seinem privaten Umfeld. Und ich als Leser erlebe den rasanten Umbau Österreichs in eine Kopie Nazideutschland durch ihn hautnah mit.

Zudem schildert der Autor das Schicksal einzelner Personen aus Nechybas Bekanntenkreis exemplarisch und füllt die politischen Tatsachen und sozialen Verhältnisse mit Leben. Besonders berührt haben mich der kleine Erich und der Oberkellner aus dem Cafe Jellinek. Erich ist der kleine Sohn des Hausmeisters, der unter den unvorhersehbaren Wutausbrüchen des Vaters leidet. Der Oberkellner Nowak hat mit der Jüdin Dorli seinen sicheren Hafen gefunden und sieht nun seine Liebe bedroht.

Was den Roman für mich besonders lesenswert macht, sind die authentischen wiedergegebenen Zeitungsartikel. Nechyba ist ein begeisterter Zeitungsleser und so über die aktuellen Entwicklungen gut informiert und somit auch ich. Erschreckend fand ich, dass man durch diese Berichte wissen konnte, was Faschismus bedeutet : Bücherverbrennungen, Zensur, Versammlungsverbote, politische Attentate, Todesstrafe .

Gebrochen und desillusioniert durch die politischen Entwicklungen stirbt Nechyba im Sommer 34. Gut, dass er die weiteren Entwicklungen nicht mehr erleben musste.

Für mich ist der Roman ein bewegendes und lebendiges Zeitdokument. Niemand soll sagen, er habe nichts gewusst.

Lesezeichen setzen Inhalt melden

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.07.2023

Wien erwacht im Faschismus

0

Die Jahre 1933 und 1934 sind schicksalsgebend für Europa und die Welt. Ganz besonders auch für Österreich. Mit der Ausschaltung des Parlaments ist der Weg des Austrofaschismus undabkehrbar. Und auch das ...

Die Jahre 1933 und 1934 sind schicksalsgebend für Europa und die Welt. Ganz besonders auch für Österreich. Mit der Ausschaltung des Parlaments ist der Weg des Austrofaschismus undabkehrbar. Und auch das Erstarken der Nationalsozialisten dringt immer mehr in den Alltag der österreichischen Durchschnittsbürger ein. Kurzum: Demokratie ist nicht mehr das Mittel der Wahl. Und so brechen für Joseph Nechyba, Ministerialrat und Oberinspektor in Ruhestand, schwere Zeiten an, denn er ist ein Mensch, der noch an Freiheit, Gleichheit und Demokratie glaubt.

Auch wenn es sich bei Nechyba um den Protagonisten der historischen Kriminalromanreihe des Autors handelt, fungiert dieser Roman als eigenständiges Werk, ohne Krimi und ohne großartiger Verbindung zu den anderen Büchern des Autors. Denn anhand von Nechyba und Engelbert Novak, dem Ober in Nechybas Stammkaffeehaus wird der Leserschaft eindrücklich vermittelt, mit welchen politischen Umbrüchen sich man im Wien dieser Schicksalsjahre auseinandersetzen musste. Die Protagonisten gondeln durch ihren Alltag, gehen Arbeiten oder genießen ihre Pensionierung und stöbern dabei sehr viel in Zeitungen. Denn Zeitungen sind ausschlaggebend für dieses Buch. Denn wir lesen, was Nechyba und Co. lesen. Die Zeitungsausschnitte sind im Fließtext abgedruckt, sodass man gleichzeitig mit den Protagonisten die Informationen daraus bezieht, und dann brühwarm deren Reaktion und Gedanken mitverfolgen kann. Im Anhang finden sich dann auch noch die genauen Quellen zum Nachlesen und Vertiefen des eigenen Interesses. Diese Zeitdeckung, die vom Autor dabei geschaffen wird, empfinde ich als tolle und spannende Art, sich mit der österreichischen Geschichte, dem Austrofaschismus und den damaligen politischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Als Österreicher bin ich zwar so einigermaßen über die Hintergründe zum Ende der Demokratie im Bilde, dennoch war es ein besonderes Erlebnis, auf diese Art das eigene Wissen zu rekapitulieren und zu erweitern.

Ein Punkt, der mich an der Geschichte dann doch genervt hat, ist, dass das Buch abseits von den Beschreibungen von Politik und Gesellschaft recht wenig inhaltliche Substanz hat. Gerade zur Mitte des Buches hanteln wir uns nur von einem Zeitungsausschnitt zum nächsten, vom Café zu Nechyba nachhause und wieder zurück Meiner Meinung nach wird hier Potential verschenkt, denn man hätte die Geschichte um einen Handlungsstrang erweitern können. Zum Beispiel, dass sich der eine oder andere Protagonist, oder das Figurenset als ganzes mehr und mehr in politischen Auseinandersetzungen in verbaler oder physischer Form wiederfindet, die Umsetzungen der beschriebenen Maßnahmen der Dollfußregierung am eigenen Leib erfährt, und so auch die beklemmende Atmosphäre steigert.

Dennoch weißt das Buch, gerade dadurch, dass man erfahren möchte, welchen politischen Blödsinn der klerikale Faschismus als nächstes treibt, ein sehr hohes Tempo auf. Ein klarer Pluspunkt ist auf jeden Fall auch, dass die Sprache durchsetzt ist von Begriffen des Wiener Dialektes, ohne dass dabei dieser Überhand nimmt und das Lesetempo für sprachfremde Personen drosselt. Diese Begriffe sind dann auch sogleich mittels Fußnote erklärt und finden sich in einem Glossar am Ende des Buches wieder. Ein wunderbar authentisches Gefühl in Wien zu sein entsteht, das mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch über zwei wichtige Jahre der österreichischen Geschichte, experimentierfreudig und gelungen, das Spaß gemacht hat und lehrreich ist, auch wenn es insgesamt mehr Substanz verdient hätte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere