Drei Leben, durch das Schicksal vereint.
Ein Buch, das über 70 Jahre hinweg drei Leben begleitet. Drei Leben, die am Ende des Buches auf ein Leben voller Höhen und Tiefen, Schicksale und Entscheidungen zurückblicken.
In dem Roman „Das Licht ...
Ein Buch, das über 70 Jahre hinweg drei Leben begleitet. Drei Leben, die am Ende des Buches auf ein Leben voller Höhen und Tiefen, Schicksale und Entscheidungen zurückblicken.
In dem Roman „Das Licht zwischen den Schatten - eine deutsche Familiengeschichte“ von der Autorin Michaela Beck, erschienen am 25. August 2023 beim Verlag „Bastei Lübbe“, geht es um drei Menschen, die alle zum Zeitpunkt ihres Erscheinens im Buch um die 10 Jahre alt sind. Die Geschichten setzen in unterschiedlichen Zeiten ein.
Angefangen mit dem kleinen liebenswerten und höflichen Konrad, der mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder in armen Verhältnissen in Berlin aufwächst, beginnt der Roman im Jahr 1919. Aufgrund einer Verkettung von unglücklichen Umständen, tritt eines Tages das Mädchen Selma in sein Leben und Konrad weiß, dass ist das Mädchen, welches ihm für immer im Kopf bleiben wird. Die selbstbewusste junge Dame wächst zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Alma, die seit ihrer Geburt von einer intellektuellen Beeinträchtigung betroffen ist und für die Selma alles tun würde, in besseren Kreisen auf. In dem festen Glauben Alma heilen zu können, überzeugt sie Konrad davon, später einmal Medizin zu studieren und für ihre Schwester zu kämpfen. Selma wird zu Konrads Lebensinhalt und so durchzieht diese Liebe aus konträren Schichten sein ganzes Dasein.
Die zweite Person, um die dieses Buch handelt, ist die freche, sture und naive Brigitte, die mit ihrem älteren Bruder und ihren Eltern in Mecklenburg-Vorpommern lebt. Der Vater ist Pfarrer und so könnte man meinen, dass die Kinder anständig und wohlerzogen sind. Die 11-Jährige ist ein kleiner Rebell, die auch im Jahre 1950, also 5 Jahre nach Kriegsende, fest davon überzeugt ist, dass Adolf Hitler wieder Truppen zusammenstellt und Deutschland nun zum Sieg führen wird.
Durch ihr Leben ziehen sich immer wieder einschneidende Ereignisse und Entscheidungen, die sie irgendwann mit der anderen extremen Seite in Berührung bringen: Die Baader-Meinhof-Bande und die daraus resultierende RAF (Rote Armee Fraktion).
Bei dem dritten Protagonisten handelt es sich um den schüchternen und sanften André, der bei seinen Adoptiveltern in der DDR, genauer Ostberlin, aufwächst. Da sein Adoptivvater ein erfolgreicher Kunstspringer war, tritt André dessen Nachfolge an. Der Alltag wird durch die strenge Erziehung der Eltern und des disziplinierten, harten Trainings bestimmt. Doch André erinnert sich an Details aus seiner Kindheit und so ganz kann er nicht glauben, dass seine leiblichen Eltern damals durch einen Autounfall gestorben sind. Auch sein Nennonkel Fritz, der ihn über die Jahre immer wieder besucht, da er ihn damals in diese Familie untergebracht hat, rückt mit seinem Wissen über die Vergangenheit nicht raus. Angetrieben durch die große Frage, woher André kommt und ob damals wirklich alles so passiert ist, wie alle erzählen, sucht er die Antwort in den früheren Zeiten.
Normalerweise eskalieren meine Rezensionen sowieso schon immer mit knapp 600 Worten. Alleine bei dieser Rezension kommt die Zusammenfassung der Handlung auf fast 450 Wörter. Bei diesem Buch geht es jedoch nicht anders. „Das Licht zwischen den Schatten - eine deutsche Familiengeschichte“ ist das bisher komplexeste und sprachgewaltigste Buch, welches ich jemals gelesen habe. Zwischendurch, während des Lesens, hatte ich gar keine Worte, um diesen Schreibstil oder diese Genialität der Zusammenhänge zu beschreiben.
Erstmal möchte ich den Schreibstil der Autorin Michaela Beck loben. Diese Sätze, die so detailliert, wortgewandt und intelligent geschrieben sind, haben mich sehr beeindruckt. Gleich nach den ersten paar Seiten dachte ich: Schachtelsätze! Obwohl sie für mich nicht schwer zu verstehen sind, muss man sich beim Lesen trotzdem konzentrieren. Dieser Roman ist nichts für zwischendurch. Man kann den Stil auch meines Erachtens als nüchtern, sachlich und beschreibend bezeichnen, was hier aber so gut hineinpasst und für mich absolut positiv während des Lesens war. Mit den fast 850 Seiten ist es nicht nur ein dickeres Buch, welches Zeit braucht, sondern auch die Handlung mit den politischen, gesellschaftlichen und geschichtlichen Themen setzt ein gewisses Hintergrundwissen voraus, das ich entweder grob auf dem Schirm hatte oder zwischendurch einfach nochmal im Internet nachgeschlagen habe.
Die Handlungen und die Themen haben mich komplett angesprochen und in die Vergangenheit zurück katapultiert. Gerade die Zeit während des 2. Weltkrieges oder das Konstrukt der DDR ist eine interessante Epoche.
Die drei Protagonisten und die Menschen um sie herum sind sehr gut gewählt und so gut beschrieben, dass ich die Charaktere permanent zuordnen konnte und alle Namen sofort parat hatte. Meine klare Lieblingsfigur in dem Roman ist Konrad. Ein großartiger Mensch mit tollen Eigenschaften, von Kindesalter bis hin zum alten Mann. Der einzige, der mich nicht einmal verärgert hat. Anders dagegen ist Brigitte. Dieses Mädchen und nachher diese Frau haben mich oft zur Weißglut gebracht. So ein naives und unhöfliches Ding. Und dennoch ist ihre Wandlung und ihre Geschichte sehr interessant und spannend. Als letztes kommt André. Seine Geschichte ist auch faszinierend, da er immer auf der Suche nach seinen echten Eltern und seinem echten Leben ist, dennoch ist er mir am wenigsten im Kopf geblieben. Was nicht schlecht sein soll, sondern nur meine persönliche Skala darstellt.
Die Idee des Romans ist Weltklasse. Drei Menschenleben, die irgendwo in Deutschland aufwachsen und durch deren Leben alleine, durch Entscheidungen und das Schicksal, doch so eng miteinander zusammen hängen, dass ich am Ende des Buches am liebsten eine Mind-Map der Konstellationen erstellen wollte.
Zusammenfassend kann ich festhalten, dass mich die Autorin und dieser Roman sehr zum Nachdenken angeregt haben und ich alles großartig fand, sogar die kleinen Verwirrungen mit Fortschreitens des Lesens. Eine sehr ineinandergreifendes Geschichte halt.
Ich empfehle dieses Buch allen, die ein intelligentes und lehrreiches Buch lesen wollen, welches auch mit Fragezeichen und Spannung um die Ecke kommt. Ich vergebe 5 von 5 Sternen und mache „Das Licht zwischen den Schatten“ zu einem Jahreshighlight meiner gelesenen Bücher.
Vielen vielen Dank an die Autorin Michaela Beck (macht mich ein bisschen stolz den gleichen Vornamen zu tragen), an den Bastei-Lübbe-Verlag und die Bloggerjury für das wunderschöne Rezensionsexemplar. Das Cover passt nun auch noch zu dieser Jahreszeit.