Eine Lübecker Familie, protestantisch, konservativ, kaisertreu: die Lindhorsts. 1890 kommt Marthe in dem weitläufigen Patrizierhaus in der Königstraße zur Welt. Um sie eine Schar älterer Brüder, deren Freiheiten nicht ihre sein werden. Und doch ist es ein Leben mit glänzenden Aussichten. Bis ein Bestsellerroman, verfasst vom Sohn eines verstorbenen Bekannten, den respektablen Lindhorsts klarmacht, dass sie für ihr Umfeld auch nach zwei Generationen noch immer «die Jüdischen» sind.
Unsereins
ist der Roman einer Stadt und ihrer Gesellschaft, ihrer Bürger und Lohndiener, der Handwerker und, vor allem, ihrer Frauen. Ob Dienstmädchen, Hausfrau, Weißnäherin oder Schriftstellerin, ob manisch-depressiv wie Marthes Mutter, durchlässig wie Marthe selbst, die mit eigenen und fremden Erwartungen ringt. Inger-Maria Mahlke erzählt von Identität und Zugehörigkeit, von Geschlecht und Klasse, von Macht- und Liebesverhältnissen – von allem, was nicht nur den vormals «kleinsten Staat des deutschen Reichs» formte und zusammenhielt.
Der neue Roman der Buchpreisträgerin: eine epische Familiengeschichte voll von Respekt, Humor und tiefer Einsicht.
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Inger- Maria Mahlke ist mir bereits durch ihren Roman Archipel bekannt, doch der Stil dieses Buches ist ganz anders, geradlinig und hat mich dennoch gefesselt.
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Interessanter Einblick
Inger- Maria Mahlke ist mir bereits durch ihren Roman Archipel bekannt, doch der Stil dieses Buches ist ganz anders, geradlinig und hat mich dennoch gefesselt.
Wir befinden uns in Lübeck in der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts und lässt die Zeit am Beispiel der Familie Lindhorst aufleben. Parallelen zu Thomas Mann und seinem bekannten Werk "Die Buddenbrooks" sind sicher bewusst gewählt.
Friedrich Lindhorst ist Anwalt und hat mit seiner Frau Marie insgesamt 8 Kinder, sie leben gut situiert, dennoch nicht so gut wie manch andere Berufszweige in dieser Zeit. Die Familie ist jüdisch, was aber in meinen Augen für den Roman wenig Bedeutung hat.
Als Leser bekommt man einen hervorragenden Blick auf diese Zeit, auch andere Personen, Familien aus anderen Schichten werden miteinbezogen in den weiteren Verlauf der Handlung, so dass nicht nur ein isolierter, sondern ein umfassender Eindruck entsteht.
Ein Buch, dass mir viel von den Werten und Einstellungen der damaligen Zeit vermittelt hat, und mir nebenbei ein hervorragendes Bild von Lübeck präsentiert hat.
Ich habe den Roman sehr gerne gelesen, auch die Gemeinsamkeiten mit Thomas Mann haben dazubeigetragen!
Eine epische Familiengeschichte ist der Roman „Unsereins“ von Inger-Maria Mahlke eigentlich eher nicht, auch wenn der Familie Lindhorst in ihm mehr Platz eingeräumt wird als anderen Figuren. Neben dem ...
Eine epische Familiengeschichte ist der Roman „Unsereins“ von Inger-Maria Mahlke eigentlich eher nicht, auch wenn der Familie Lindhorst in ihm mehr Platz eingeräumt wird als anderen Figuren. Neben dem Blick auf die Mitschüler und andere höher gestellte Familien des „kleinsten Staates des Deutschen Reiches“ fällt dieser eben auch auf das alternde Hausmädchen Ida, das nicht „im Dienst“ sterben, sondern noch etwas anderer im Leben erreichen möchte, den Ratsdiener Isenhagen und seine Liebe zu Matthilde Helms, die wiederrum mit dem schwulen Lohndiener Charlie eine Scheinehe führt, damit seine Neigungen nicht auffallen. Aber auch die Familien der Senatoren haben so mit ihren Problemen und Sorgenkindern zu kämpfen: die Schillings suchen nach gesellschaftlicher Anerkennung, da macht es eine unverheiratete Tochter aus erster geschiedener (!) Ehe nicht einfacher, zumal wenn sie auch noch Spukgeschichten schreibt, in denen der Nachbar mit seinem Hund die Hauptrolle spielt, und die nach einer Erbschaft ein unabhängiges Leben in der „Kurblase“ leben kann.
Auch die Kinder der Lindhorsts sind alles andere als gesellschaftsfähig, seien es unverwiderte Liebesgefühle, der Hang zur Spielsucht oder die „deutsche Krankheit“, die man sich in Bordellen holen kann. Hinzu kommt eine nervenkranke Mutter mit einem verschwenderischen Lebensstil und schlechter gehende Geschäfte, die, wenn schon keinen gesellschaftlichen Abstieg, so doch den Umzug in einfachere Verhältnisse bedeuten.
Nicht nur der Ort, auch viele Personen und die gesellschaftlichen Um- und Zustände lassen an Thomas Manns „Buddenbrooks“ erinnern. Der Dichter selbst taucht namentlich auf, zunächst noch als Schüler, genannt der Pfau, der allerdings nach dem Tod des Vaters recht klang- und sanglos aus der Gesellschaft verschwindet, um Jahre später mit seinem Buch, das er über die Gesellschaft seines einstigen Heimatortes geschrieben hat, dorthin zurückkehrt. Wer setzt wem hier ein Porträt? Eine Frage mit Tradition, aber letztlich ohne wirkliche Bedeutung. Der Roman ist keine Neuauflage, keine Modernisierung der Buddenbrooks.
Mit ihm gemein hat er die sehr detaillierte, liebevolle Porträtierung seiner Figuren, die sich manchmal aber auch nicht den humorvoll ironischen Seitenhieb verkneifen kann. Auch die Beschreibung von Natur und Stadtleben sind sehr anschaulich und atmosphärisch. Gerahmt – und das ist der jüngeren Zeit durchaus geschuldet – wird der Roman von der Einnahme einer Perspektive, die moderne Errungenschaften und die Erzählweise des Films voraussetzt: Wir nähern uns dem Erzählten aus der Perspektive eines Regentropfens, der auf den „kleinsten Staat des Deutschen Reiches“ fällt, und wir verlassen ihn wieder, indem wir auf die Kinder der Familie Lindhorst am Ende auf dem Dach ihres alten Familienhauses zurücklassen, aus Sicht einer darüber kreisenden Drohne. Auf jeden Fall ein interessanter erzähltechnischer Aspekt.
Einige Fragen sind für mich allerdings bei der Lektüre offengeblieben: Wohin will die Erzählung? Es gibt keinen stringenten Leitfaden, die Erzählung springt mal hier, mal dort hin, mancher Faden wird ab und an wieder aufgegriffen, mancher aber auch nicht mehr: Was wird aus dem Schüler der „Anstalt“ Georg, was aus seinem Mitschüler Otto? Was ist mit Robert, der sich aus Japan auf den Heimweg gemacht hat? Kündigt der Schlusssatz „Aber vielleicht ist dies nicht das Ende, sondern nur der Anfang.“ einen möglichen weiteren Teil an?
Die Geschichte ist nett zu lesen, die Figuren mehr oder minder sympathisch oder zumindest unterhaltsam, aber sind sie „unsereins“? Der Titel gibt Rätsel auf: Unsereins im Sinne der Zugehörigkeit zu einem kleinen Stadtstaat okay, aber dafür sind seine Bewohner viel zu unterschiedlich. Unsereins dann im Sinne einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht? Aber dafür sind die einzelnen Figuren viel zu individuell, kaum eine achtet darauf, sich an die Konventionen zu halten: die Damen reisen allein, betrinken sich, suchen Liebschaften, die Herren haben Liebschaften oder besuchen Bordelle oder andere sexuelle Neigungen. Auch wenn sie es nicht offen ausleben, sondern sich hinter einer bürgerlichen Fassade verbergen – wie auch Thomas Mann, so weiß doch jeder darum. Nach außen hin geht es sehr häufig um gesellschaftliche Akzeptanz, darum, dazugehören zu wollen, wofür die Figur des Charlie Helms sinnbildlich steht, ist es doch seine Aufgabe, gesellschaftliche Kontakte zu den höheren Kreisen zu vermitteln. Am ehesten ist es noch Ida, die Angst hat, gegen ein Rollenbild zu verstoßen, wenn sie sich heimlich aufmacht, um Stenografie zu lernen, um mehr aus sich zu machen. Und doch geht es zugleich auch immer darum, sich selbst zu finden und zu leben, den Neigungen nachzugeben. Meint „unsereins“ insofern auch uns alle: unsereins Menschen? Ansonsten bliebe die Lektüre eines gesellschaftliche Porträts einer Zeit um 1900 zwar nette Unterhaltung und vielleicht historisch nicht uninteressant, aber darüber hinaus auch nicht viel mehr.
Dieses Buch entführt in die Hansestadt Lübeck zu Beginn des 19 Jahrhunderts. Die kinderreiche konservative und kaisertreue Familie der Lindhorsts wohnt in einem ansehnlichen Patrizierhaus mit etlichen ...
Dieses Buch entführt in die Hansestadt Lübeck zu Beginn des 19 Jahrhunderts. Die kinderreiche konservative und kaisertreue Familie der Lindhorsts wohnt in einem ansehnlichen Patrizierhaus mit etlichen Dienstboten. Die Mutter ist manisch-depressiv und hat sich um die Familie zu kümmern während der Vater das Leben bestimmt und doch bleibt am Ende, die jüdischen Wurzeln der Familie verhindern einen großen Aufstieg in der Gesellschaft.
Der distanzierte Schreibstil gleicht eher einer Erzählung als einem lebendigen Dialog und macht die Lektüre des Buches nicht leicht. Kein Buch das nebenher zur Entspannung gelesen werden kann. Interessant fand ich die Darstellung der verschiedenen Dienstleute der Familie und Georg, als auswärtigen Schüler eines Pensionates. Durch die Schilderung erhält man einen guten Einblick in das Leben gutbürgerlicher Menschen zur damaligen Zeit.
Lübeck, 1890. Die Familie von Rechtsanwalt Lindhorst bekommt ein Nesthäkchen, Marthe. Die kinderreiche Familie will in der Gesellschaft weiter aufsteigen, doch der Vater hat den falschen Beruf für den ...
Lübeck, 1890. Die Familie von Rechtsanwalt Lindhorst bekommt ein Nesthäkchen, Marthe. Die kinderreiche Familie will in der Gesellschaft weiter aufsteigen, doch der Vater hat den falschen Beruf für den Senat, die Mutter mit ihren manisch-depressiven Phasen zu kämpfen. Marthes Kindheit und Jugend sind davon geprägt, ebenso wie von der Jahrhundertwende und der Veröffentlichung eines Romans über eine Familie, fast ganz wie die ihre.
Mahlkes Roman umspannt knapp sechzehn Jahre im kleinsten Staat des Kaiserreichs, unschwer ist für den Leser Lübeck zu erkennen. Das Stadtbild wird gut wiedergegeben, eine Karte erleichtert die Vorstellung zusätzlich. Man bekommt einen lebendigen Einblick in den Alltag der etwas besser Gestellten, aber auch der niederen Arbeiter. Natürlich fühlte ich mich beim Lesen an Manns Buddenbrooks erinnert, aber die Autorin schafft ein ganz eigenes Lesegefühl, das trotzdem seiner Zeit gerecht wird. Ich mochte den Erzählstil sehr, der Blick für die feinen Details, die Kleinigkeiten, die den Alltag ausmachen. Ebenso die Tatsache, dass eher die Frauen in den Fokus gerückt werden, auch und gerade weil sie zu dieser Zeit nicht automatisch das Sagen hatten. Besonders hat mir Ida gefallen, unverhofft zum Dienstmädchen geworden, aber mit doch ganz eigenen Zielen im Leben, die sie langsam, aber stur verfolgt.
Schon allein Familie Lindhorst zählt stolze zehn Mitglieder, auch sonst geizt Mahlke nicht mit Figuren; nicht immer gelingt der Überblick, Personenregister hin oder her. Eine gewisse Distanz blieb zu allen Figuren, trotzdem gefiel mir dieser Einblick in ganz unterschiedliche Lebenssituationen.
Fazit: Unsereins ist ein wirklich gelungener Roman, der zwar eine gewisse Aufmerksamkeit fordert, dafür aber auch belohnt.
Der kleinste Staat im deutschen Kaiserreich. Und einige Personen, denen in dieser Stadt Lübeck gefolgt wird. Vom Pennäler bis zum Dienstmädchen...
Anfänglich hat es mich Überwindung gekostet, ich schlief ...
Der kleinste Staat im deutschen Kaiserreich. Und einige Personen, denen in dieser Stadt Lübeck gefolgt wird. Vom Pennäler bis zum Dienstmädchen...
Anfänglich hat es mich Überwindung gekostet, ich schlief regelmäßig nach ein paar Seiten ein (denn wo liest man so ein oppulentes Werk? Genau, abends im Bett kurz vor dem Einschlafen…). Dann nach einiger Zeit hatte ich mich eingelesen, aber immer noch nur ein paar wenige Seiten… Es ist in der Tat oppulent das Werk. Viele Menschen, viele Situationen, Tagesnachrichten, Zeitgeschichte, 19. Jahrhundert Sex (Männer mit Männer, Männer mit Jungfrauen…). Bei manchen Redewendungen laut auflachend, bei manchen Worterfindungen tief sinnierend… Aber die Buddenbrooks liest man ja auch nicht an einem Tag. Die Mann Familie kommt drin vor. Schwule Männer, Verhaftungen, Scheinehen, Scheidungen, Tod, Verarmung der Frauen…Schwangerschaften, sitzengelassene junge Frauen, in Tod getriebene Dienstmädchen...
Das gab es schon zu allen Zeiten. Schön, dass es erwähnt wird. Keine heile Zeiten!
Zum Glück wird am Anfang eine Legende der mitwirkenden Personen vorgestellt. Im Verlauf des Romans blätterte ich immer wieder zurück, um mich zu orientieren wer was ist und zu welcher Familie gehörte… Es lässt sich schnell mal den Faden verlieren. Denn es gibt Mitspielende im Roman, die nicht leicht verständlich sind und auch nicht besonders sympathisch. Der Isenhagen, ein einfacher und witzloser Charakter, ein Staatsdiener. Charlie, der Lohndiener. Ida, das Hausmädchen, ausgebeutet und drangsaliert. Die „Gnädige“ (ein bipolarer Charakter), äußerst anstrengend und doch geliebt von ihren vielen Kindern. Georg, der ständig gemobbt wird.
Geduldig las ich das Buch immer wieder, aber kein Kopfkino lief ab. Es ist sicherlich eine interessante Lektüre, Zeitspiegel des kleinsten Staates im deutschen Kaiserreich. Aber es hat mich auch abgestossen und ich bin froh, dass diese schrecklichen Zeiten vorbei sind... Da ich vor kurzem nach langer Zeit wieder einmal in Lübeck war, hab mich mit dem Städtchen vertraut gemacht und konnte daher einige Ecken im Buch wiedererkennen.
1890, eine gut gestellte Familie und der kleinste Staat im Deutschen Reich, mir bisher unbekannt.
Die Schreibe ist nicht uninteressant (um mit einer literarischen Floskel zu beschreiben). Allerdings würde ich sie nicht täglich lesen wollen. Manche vulgären Begriffe gehören wohl heutzutage dazu (Arschbombe, Scheiße, ficken...)
Das Umschlagsbild erinnert an ein kleines Familienmusuem wo ich vor kurzem war, auch mit so einer Kommode und Familienbilder darüber.