Cover-Bild Zitronen
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Familienleben
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 186
  • Ersterscheinung: 12.02.2024
  • ISBN: 9783518431726
Valerie Fritsch

Zitronen

Roman | Ein sprachgewaltiges Buch über das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom
August Drach wächst in einem Haus am Dorfrand auf, das Hölle und Paradies zugleich ist. Der Vater, von sich und dem Leben enttäuscht, misshandelt seinen Sohn, Zärtlichkeit hat er nur für die Hunde übrig. Trost findet August bei seiner Mutter, die ihn liebevoll umsorgt. Doch als der Vater die Familie verlässt, verwandelt sich die Zuwendung der Mutter: Sie mischt August heimlich Medikamente ins Essen, schwächt das Kind, macht es krank; von seiner Pflege verspricht sie sich Aufmerksamkeit und Bewunderung. Erst Jahre später gelingt es August, sich aus den Fängen der Mutter zu befreien, ein unabhängiges Leben zu führen, erste Liebe zu erfahren. Doch wie lernt ein erwachsener Mensch, das Rätsel einer Kindheit zu lösen, in der Grausamkeit und Liebe untrennbar zusammengehören? Wie durchbricht er den Kreislauf von Lügen und Betrügen? Und was passiert, wenn sich dieser Mensch, Jahre später, an den Ursprung des Schmerzes zurückwagt?
Sprachgewaltig, in packenden Bildern und Episoden erzählt Valerie Fritsch in ihrem neuen Roman von der Ungeheuerlichkeit einer Liebe, die hilflos und schwach macht, die den anderen in mentaler und körperlicher Abhängigkeit hält. Ein Entkommen ist nicht vorgesehen, es sei denn um den Preis, selbst schuldig zu werden.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2024

Intensiv, packend, eindringlich

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In verschiedenen Episoden erzählt Valerie Fritsch eindringlich von versehrten Menschen, die verschiedene Formen der Gewalt erleben und ausüben und zeichnet mit ihren glaubhaften Charakteren ein leuchtendes ...

In verschiedenen Episoden erzählt Valerie Fritsch eindringlich von versehrten Menschen, die verschiedene Formen der Gewalt erleben und ausüben und zeichnet mit ihren glaubhaften Charakteren ein leuchtendes Porträt ihrer Psychen.

August Drach wächst in einem kleinen Dorf auf. Sein Vater ist gewalttätig, nur die Hunde, die liebt er. Eines Tages verschwindet er. Augusts Mutter beginnt daraufhin, ihrem eigentlich gesunden, nichtsahnenden Sohn allerlei Pillen und Stoffe in den Tee zu mischen, um ihn anschließend wieder voller Liebe und Inbrunst gesund zu pflegen.

Später zieht August in die Stadt, versucht ein normales Leben zu leben. Auf der Suche nach sich selbst verliebt er sich in Ava, deren Beziehung in der Gegenwart durch die undurchdringliche Vergangenheit eingeholt wird.

Mit einem sprachlichen Feuerwerk zeichnet die Autorin wahrliche Szenen auf das innere Auge, jeder Satz sitzt, die Beschreibungen poetisch anmutend. Ein paar Highlights findet ihr in den Slides.

Mit nur 186 Seiten ein ganz großer und intensiver Roman, den ich unbedingt empfehlen möchte!

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Hohes sprachliches Niveau!

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Die Drachs leben am Rande eines winzig kleinen Dorfes, in dem jeder jeden kennt und gleichzeitig keiner den anderen. August wächst hier umgeben von duftenden Apfelbäumen in scheinbarer Idylle auf, unter ...

Die Drachs leben am Rande eines winzig kleinen Dorfes, in dem jeder jeden kennt und gleichzeitig keiner den anderen. August wächst hier umgeben von duftenden Apfelbäumen in scheinbarer Idylle auf, unter der harten Hand des Vaters heran, die öfter ausrutscht als ermuntert, und mit einer vom Leben um die verdiente Aufmerksamkeit betrogenen Mutter, die lieber tröstet als beschützt. Liebe und Zuneigung sind hier untrennbar miteinander verbunden, das eine gibt es nicht ohne das andere, ja, beides bedingt sich sogar, und so drehen die drei sich in ihrem grausamen Mobile der Gewalt bis der Vater eines Tages einfach beschließt auszubrechen und verschwindet. Mutter und Sohn, ihres perfiden Puppenspielers beraubt, doch unfähig den ihnen zugeteilten Rollen zu entkommen, taumeln umeinander und steuern unaufhaltsam einer so ungeheuerlichen wie zwangsläufigen Tat entgegen.

Valerie Fritschs „Zitronen“ ist ein Buch, das ich Wort für Wort zitieren möchte und das ist paradoxerweise sowohl die Stärke des Textes, als auch seine Schwäche. Schmal ist der Roman und dabei extrem gehaltvoll, jedes Wort sitzt und jeder Satz lässt ein fertiges Bild in meinem Kopf entstehen. Das ist ohne Frage eine literarische Leistung, aber auch anstrengend. Ich mag es, mich in eine Geschichte hineinfallen zu lassen, ohne mich dabei konzentrieren zu müssen; die Sätze langsam in sich selbst, ihre Bedeutung hineinwachsen zu sehen. Die blumig-poetische Sprache scheint den bedrohlichen Inhalt hier fast zu erdrücken, sich über diesen zu erheben, statt ihn zu (unter)stützen. So blieben die Figuren für mich durchweg auf Distanz, nicht ganz greifbar. Nichtsdestotrotz eine große Empfehlung für alle, die sich auf das Thema „Münchhausen by proxy“ einlassen mögen und Lust auf gute Literatur hohen sprachlichen Niveaus haben!

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Veröffentlicht am 03.06.2024

Obwohl gut erzählt habe ich mich außenvorgelassen gefühlt

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Lilly Drach hatte zu dem vollgestellten Haus, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte, keine besondere Beziehung. Am ehesten lag ihr noch der Garten aber nicht ein ums andere Jahr. Mal gelang ihr die Apfelernte ...

Lilly Drach hatte zu dem vollgestellten Haus, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte, keine besondere Beziehung. Am ehesten lag ihr noch der Garten aber nicht ein ums andere Jahr. Mal gelang ihr die Apfelernte und sie kochte den ganzen Sommer Kompott, das August und sie tagelang aßen. Im nächsten Jahr ließ sie alles wie es war und krümmte keinen Finger.

August war ein ruhiger Junge, das verdankte er seinem Vater.

Mit zehn kannte August die Macht der Kränkung. Er wusste, dass er gerade stehen sollte, keinen Lärm machen, sein Zimmer aufräumen, dass aus ihm nie etwas werden würde, dass er dumm war, dass er nicht so blöd schauen sollte, dass es besser gewesen wäre, man hätte ihn abgetrieben, dass er sich nicht so anstellen dürfe, dass jetzt alles wieder gut war. S. 27

Nachdem der Vater zugeschlagen hat, tröstet die Mutter. Die Mutter interveniert, möchte von August wissen, wen er lieber mag, wen er retten würde, wenn das Haus brenne, Vater oder Mutter?

Wenn der Vater nachts nach Hause kam unterhielt er die Hunde, mit einem Tänzchen oder einer Jonglage.

Die beiden Hunde waren des Vaters bestes Publikum, hörig und unbeeindruckt gleichermaßen. S. 33

Dann war der Vater eines morgens weg und die Mutter schminkte sich wieder. Sie grämte sich, weil sie keinen Mann hatte. Von da an, kam zwischen die Mutter und den August eine eigenartige Distanz und fast sehnte sich August wieder nach seinem Vater, damit er von der Mutter getröstet werden konnte.

Fazit: Die Autorin zeigt uns zerstörerischste Familienumstände in der jeder, eigene Unzulänglichkeiten zu kompensieren versucht. Der Vater lässt seinen Frust an seinem Sohn aus, die Mutter missbraucht und manipuliert den Sohn, um von ihm wahrgenommen zu werden und um sich nach den väterlichen Attacken besser zu fühlen, weil sie nichts unternommen hat. Das gesamte Klima ist rau, herzlos und Mittel zum Zweck. Die Sprachmelodie ist etwas altbacken, deshalb kann ich die Zeit nicht einschätzen, in der die Geschichte spielt. Und obwohl Valerie Fritsch einen großartigen Schreibstil hat, konnte sie mich nicht abholen. Die ganze Erzählung hat mich außen vorgelassen. Ich habe mich nicht eingeladen gefühlt, als sei es nicht für mich erzählt. Wohl habe ich den Kopf geschüttelt, an vielen Stellen, weil die Eltern ihrem Kind das ganze Leben versauen. Auch finde ich das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom arg gut gezeigt. Und doch hat das Buch mein Herz nicht erreicht.

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Veröffentlicht am 29.03.2024

Süß und sauer

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Der Roman ist keine leichte Kost. Fritsch spricht sehr viele schwierige Themen an. An manchen Stellen ist es kaum auszuhalten, was der arme Junge erlebt hat. Manche Episoden sind detailreich, die anderen ...

Der Roman ist keine leichte Kost. Fritsch spricht sehr viele schwierige Themen an. An manchen Stellen ist es kaum auszuhalten, was der arme Junge erlebt hat. Manche Episoden sind detailreich, die anderen aber lückenhaft, wie Augusts Erinnerungen. Der Schreibstil ist bildhaft, aber verwirrend. Manchmal hatte ich Schwierigkeiten, bestimmte Textstellen zu verstehen. Die Sprache an sich ist faszinierend und lobenswert, aber manchmal war es für mich zu viele Metaphern, wie am Ende des Romans zu viele kitschige Szenen. Die Thematik an sich ist nicht neu, nur anders verpackt. Zitronen, die wir bei der Erkältung verzehren, heilen uns. So wie der Titel besagt, gibt es eine Hoffnung auf Heilung für August. Das Ende ist erschütternd aber dadurch wird der Hauptfigur die Freiheit versprochen, bzw. er selber trifft die wichtigste Entscheidung in seinem Leben und befreit sich selber von den unsichtbaren Ketten, die Agusts Mutter vor Jahren angelegt hat.
Zu viel Schmerz und Schönheit der Sprache zugleich machen das Buch zu einem einzigartigen Werk, das über lange Zeit noch nachhallen wird.

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Veröffentlicht am 19.03.2024

Ein erschreckender Blick in die Abgründe menschlicher Psyche

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August durchlebt eine traurige, düstere Kindheit. Nie sicher vor den Gewaltausbrüchen seines Vaters und dessen unvorhersehbaren Gemeinheiten, bleibt ihm die Mutter, die ihn zärtlich liebt. Doch die Psyche ...

August durchlebt eine traurige, düstere Kindheit. Nie sicher vor den Gewaltausbrüchen seines Vaters und dessen unvorhersehbaren Gemeinheiten, bleibt ihm die Mutter, die ihn zärtlich liebt. Doch die Psyche der Mutter erkrankt, und August gerät in einen Strudel aus Abhängigkeiten.

Glasscherben auf dem Cover, Erinnerungen an Zitronen – der Einband ist ausgesprochen gut gewählt. Er weist auf die fragile Psyche eines Kindes hin, das von seinen eigenen Eltern gequält und letztendlich zerbrochen wird.
Valerie Fritsch’s Buch lässt sich sehr gut lesen, aber schwer ertragen. In einer wunderschönen, fast poetisch anmutenden Sprache verfasst, verbreitet es doch soviel Unglück und Qual, das man manchmal geradezu fassungslos ist. Die Geschichte von August bewegt, macht traurig und nachdenklich. Aber es gibt auch Momente der großen Hoffnung, an denen man als Leser festhält.
Mit Zitronen ist der Autorin ein Buch gelungen, das tief berührt, mit dem Schicksal hadern lässt und so real wirkt, dass man sich unweigerlich fragt, ob die Erzählung auf einer wahren Begebenheit beruht. Für mich eine erschreckende Geschichte mit Tiefgang, die lange nachhallen wird.

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